European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0010OB00090.24B.0724.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.
Begründung:
[1] Zugunsten eines Grundstücks (ursprünglich) der Antragstellerin wurde gegen Zahlung einer Entschädigung rechtskräftig (1 Ob 40/23y) ein Notweg über Grundstücke der Antragsgegner sowie der Republik Österreich eingeräumt.
[2] Das Erstgericht bewilligte aufgrund dieser Entscheidung die Einverleibung der Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens auf den davon betroffenen Grundstücken sowie auf dem notleidenden Grundstück die Eintragung von Pfandrechten zugunsten der Entschädigungsforderungen der Antragsgegner und der Republik Österreich.
[3] Nach dieser Entscheidung des Erstgerichts – aber noch vor Entscheidung des Rekursgerichts – übertrug die Antragstellerin das Eigentum an ihrem (notleidenden) Grundstück an einen Dritten.
[4] Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts über die Einverleibung des Notwegs und der Pfandrechte und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR nicht übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es ging unter anderem davon aus, dass die zwischenzeitig erfolgte Übertragung des Eigentums am notleidenden Grundstück für die Verbücherung des Notwegs und der Pfandrechte für die Entschädigungsforderungen nicht zu berücksichtigen sei, weil die Einverleibung des Notwegs vom bücherlichen Rang unabhängig und dessen Einräumung für Rechtsnachfolger der im Beschluss genannten Parteien verbindlich sei. Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage eines Eigentümerwechsels während des Rekursverfahrens über die Bewilligung der Verbücherung des Notwegs sowie der Pfandrechte für die Entschädigungsforderung keine höchstgerichtliche Rechtsprechung bestehe.
Rechtliche Beurteilung
[5] Die Vorlage des Aktes an den Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den Revisionsrekurs der Antragstellerin ist verfrüht:
[6] 1. Materielle Partei im Sinn des § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG ist jede Person, deren rechtlich geschützte Stellung durch die begehrte oder vom Gericht in Aussicht genommene Entscheidung oder durch eine sonstige gerichtliche Tätigkeit unmittelbar beeinflusst würde.
[7] 2. Der nunmehrige Eigentümer des notleidenden Grundstücks ist materielle Partei des Verfahrens über die Verbücherung des Notwegs und der zugunsten der Entschädigungsforderungen bestehenden Pfandrechte, weil dadurch seine bücherliche (Eigentümer-)Stellung unmittelbar beeinflusst wird. Dies gilt – hier relevant – auch für das im notwegerechtlichen Verbücherungsverfahren geführte Rechtsmittelverfahren. Dass der grundbücherlichen Eintragung eines Notwegs und eines Pfandrechts für die vom Gericht bestimmte Entschädigung ein Wechsel im Eigentum der betroffenen Liegenschaften gemäß § 19 NWG nicht entgegensteht, ändert nichts daran, dass die Rechtsstellung des neuen Eigentümers der notleidenden Liegenschaft durch die Verbücherung des Notwegs und (vor allem) der Pfandrechte im Sinn des § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG unmittelbar beeinflusst wird.
[8] 3. Dem aktuellen Eigentümer des notleidenden Grundstücks ist daher – zur Wahrung seines rechtlichen Gehörs – der (nach seinem Eigentumserwerb ergangene) Beschluss des Rekursgerichts sowie der Revisionsrekurs der Antragstellerin zuzustellen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)