European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0050OB00172.23I.0528.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
DerRevision wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die Entscheidung über die Verpflichtung zum Kostenersatz für das gesamte Verfahren obliegt dem Erstgericht.
Entscheidungsgründe:
[1] Die Klägerin ist eine klageberechtigte Interessenvertretung iSd § 29 KSchG. Die beklagte Unternehmerin erbringt Leistungen im Bereich der Wärme- und Kälteversorgung sowie der Heiz‑ und Kältekostenabrechnung.
[2] Die Klägerin begehrte von der Beklagten, es zu unterlassen, 21 näher bezeichnete Klauseln des mit den einzelnen Wohnungseigentümern einer Liegenschaft abgeschlossenen Einzelwärmeliefervertrags oder sinngleiche Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu verwenden oder sich auf sie zu berufen. Zudem begehrte sie, ihr die Ermächtigung zu erteilen, den klagestattgebenden Teil des Urteilsspruchs in einem bestimmt bezeichneten Medium zu veröffentlichen.
[3] Die Beklagte bestritt das Klagevorbringen und beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie begehrte zudem, ihr die Ermächtigung zur Veröffentlichung des klageabweisenden Teil des Urteilsspruchs zu erteilen.
[4] Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren und dem Veröffentlichungsbegehren zur Gänze statt.
[5] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge. Es bestätigte das Ersturteil in den Aussprüchen über die Klauseln 1 bis 15 und 17 bis 21, im Ausspruch über die Leistungsfrist und im Ausspruch über das Urteilsveröffentlichungsbegehren. In Bezug auf die Klausel 16 änderte es das angefochtene Urteil teilweise dahin ab, dass es das Klagebegehren in Bezug auf einen bestimmten Teil der Klausel abwies. In Bezug auf den anderen Teil der Klausel bestätigte das Berufungsgericht das der Klage stattgebende Ersturteil. Den Antrag der Beklagten, ihr die Ermächtigung zur Veröffentlichung des klagsabweisenden Teils des Urteilsspruchs zu erteilen, wies das Berufungsgericht ab.
[6] Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige, und ließ die ordentliche Revision zu. Die Auslegung von Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsform-blättern bestimmter Geschäftsbranchen, welche in der Regel für eine größere Anzahl von Kunden und damit Verbrauchern bestimmt und von Bedeutung seien, werfe eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf, sofern solche Klauseln – wie hier – vom Obersten Gerichtshof bisher noch nicht zu beurteilen gewesen seien.
[7] Gegen den im Ergebnis klageabweisenden Teil der Entscheidung des Berufungsgerichts (Teilabweisung in Bezug auf Klausel 16) richtet sich die – von der Beklagten beantwortete – Revision der Klägerin.
Rechtliche Beurteilung
[8] Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist auch berechtigt.
[9] 1. Die vom Berufungsgericht zum Teil als zulässig beurteilte Klausel 16 beschreibt einen der im „§ 9 (Unterbrechung der Wärmelieferung)“ des Einzelwärmeliefervertrags aufgezählten Gründe, die zur Unterbrechung der Versorgung mit Wärmeenergie für Raumheizung berechtigen sollen. Diese Regelung lautet – soweit hier wesentlich – wie folgt:
„§ 9 UNTERBRECHUNG DER WÄRMELIEFERUNG
G* bzw. i* ist berechtigt, die Versorgung mit Wärmeenergie für Raumheizung sofort einzustellen und die hierzu erforderlichen Absperrmaßnahmen –auch im Bereich der Nutzungsobjekte der Wärmeabnehmer – zu treffen, wenn der Wärmeabnehmer:
[…]
- Messeinrichtungen bzw. Vorrichtungen zur Erfassung des individuellen Verbrauchsanteiles in ihrer Funktion beeinträchtigt oder manipuliert; [Klausel 16]
[...]
Eine Unterbrechung der Versorgung aus den oben genannten Gründen entbindet den Wärmeabnehmer jedoch nicht von der Fortzahlung der Festkostenanteile für Wärmeversorgung während der Dauer der Abschaltung. Die Wärmeversorgung wird erst nach dem völligen Wegfall der Einstellungsursache und nach Erstattung aller G* bzw. i* dadurch entstandener Kosten wieder aufgenommen.“
[10] 2.1. Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte, die Verwendung der gesamten Klausel 16 (in der zu 1. dargestellten Form) zu unterlassen. Bei kundenfeindlichster Auslegung umfasse die Klausel auch eine vom Wärmeempfänger unverschuldete Beeinträchtigung. Die Klausel sei aus diesem Grund gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB. Die Klausel sei zudem intransparent, weil die Wortfolge „in ihrer Funktion beeinträchtigt“ völlig unbestimmt sei.
[11] 2.2. Das Berufungsgericht qualifizierte die Klausel 16 insofern als teilbar, als darin zwei selbständige Alternativen für das Recht der Beklagten geregelt seien, die Versorgung mit Wärmeenergie für Raumheizung einzustellen. In Bezug auf das Einstellen der Wärmeversorgung zufolge Manipulation der Messeinrichtungen bzw Vorrichtungen zur Erfassung des individuellen Verbrauchsanteils in ihrer Funktion beurteilte es diese Klausel nicht als gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB. In Bezug auf das Absperren der Wärmezufuhr zufolge Beeinträchtigung der Messeinrichtungen bzw Vorrichtungen zur Erfassung des individuellen Verbrauchsanteils in ihrer Funktion teilte es hingegen die Auffassung des Erstgerichts, insoweit sei die Klausel also gröblich benachteiligend.
[12] „Manipulieren“ bedeute nach dem Wortsinn die bewusste Beeinflussung in eine bestimmte Richtung. Manipuliere ein Verbraucher (Wärmeabnehmer) die Erfassungsgeräte, könne die Beklagte bzw i* ihre vertragliche Leistung nicht mehr ordnungsgemäß erbringen. Die Beklagte schulde allen Wärmeabnehmern des Hauses aus den jeweiligen Einzelwärmelieferverträgen die Abrechnung der von den Wärmeabnehmern bezogenen Energie. Die Abrechnung des Verbrauchs des einzelnen Wärmeabnehmers erfolge auf der Grundlage der Erfassungsgeräte und der dort abgelesenen Verbrauchsdaten. Wäge man die Interessen der Vertragspartner gegeneinander ab, so überwiege das Interesse der Beklagten die von der Klägerin ins Treffen geführten Interessen auf Verbraucherseite oder auf Seite der Eigentümer des Gebäudes. Das Absperren der Wärmezufuhr sei daher insofern nicht gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB.
[13] Soweit sich die Klausel darauf richte, dass die Beklagte berechtigt sei, die Wärmezufuhr zu unterbrechen, wenn der Wärmeabnehmer die Messeinrichtungen bzw die Vorrichtungen zur Erfassung des individuellen Verbrauchsanteils in ihrer Funktion manipuliere, sei das Klagebegehren daher abzuweisen. Gegen die Entgeltfortzahlungsverpflichtung im Zusammenhang mit den Festkostenanteilen für die Wärmeversorgung während der Dauer der Abschaltung habe sich die Klägerin inhaltlich nicht gewandt. Auch dieses Begehren sei daher abzuweisen.
[14] Soweit die Klausel 16 die Wiederaufnahme der Wärmeversorgung von der Bezahlung aller durch die Unterbrechung der Wärmezufuhr entstandenen Kosten durch den Wärmeabnehmer abhängig mache, sei sie gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB. Sei die ordnungsgemäße Verbrauchserfassung wieder gewährleistet, bestehe kein Grund, dem Verbraucher die Wärmeversorgung nicht wieder zur Verfügung zu stellen. Hier überwiege das Interesse des Wärmeabnehmers auf Versorgung des Wohnobjekts mit Wärmeenergie jenes auf Bezahlung der der Beklagten aus diesem Umstand entstandenen Kosten. Dem Klagebegehren sei daher in diesem Umfang stattzugeben.
[15] 2.3. In ihrer Revision vertritt die Klägerin – zusammengefasst – den Standpunkt, das Argument des Berufungsgerichts, die Beklagte sei im Fall der Manipulation des Verbrauchserfassungsgeräts nicht mehr in der Lage, die von ihr geschuldete Leistung der Heizkostenabrechnung ordnungsgemäß zu erbringen, greife nicht. Die Beklagte könne den Verbrauchsanteil auch nach einem dem Stand der Technik entsprechenden Verfahren hochrechnen, wenn der Verbrauchsanteil trotz zumutbarer Bemühungen nicht erfasst werden könne (§ 11 Abs 3 HeizKG). Weiters könne die von der Beklagten vorgenommene Einstellung der Wärmeversorgung für Raumheizung den Interessen der anderen Wohnungseigentümer oder auch eines Vermieters massiv widersprechen, wonach das Gebäude insgesamt und auch seine Außenmauern von innen heraus vollständig weiter beheizt würden, um eine Gefährdung der Bausubstanz an sich hintanzuhalten. Es sei nicht sachgerecht, die Entscheidung über die Einstellung der Wärmeversorgung nicht in die Disposition der anderen Wohnungseigentümer bzw der Eigentümergemeinschaft (bzw bei Mietwohnhäusern: des Vermieters), sondern jenen der Beklagten oder einer Dritten zu stellen. Hinzu komme, dass im Vertrag kein Prozedere für die Einstellung und die Entscheidungsfindung über die Einstellung enthalten sei und die Beklagte oder die Dritte frei entscheiden könnten, ob eine Manipulation vorliege. Würde die Manipulation irrtümlich (oder sogar schuldhaft falsch angenommen) und daraufhin die Wärmeversorgung eingestellt, könnte der Wärmeabnehmer nur in einem lange dauernden Gerichtsverfahren dagegen vorgehen. Die Wärmeversorgung lasse sich aber nicht mehr nachholen.
[16] Der Verweis in Satz 2 der Klausel („aus den oben genannten Gründen“) sei ein Verweis auf eine unwirksame Klausel, sodass Satz 2 schon deshalb unwirksam sei. Das Berufungsgericht verkenne zudem, dass bei Wegfall des letzten Satzes der beanstandeten Klausel, der die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme der Wärmeversorgung vorsehe, eine Regelung fehle, dass und unter welchen Voraussetzungen die Beklagte die eingestellte Wärmeversorgung wieder aufnehmen müsse. Lasse man den letzten Satz entfallen, so dürfe die Beklagte die Wärmeversorgung im Fall der Manipulation der Erfassungsgeräte durch den Wärmeabnehmer einstellen und es treffe sie keinerlei Verpflichtung, die Wärmeversorgung (unter bestimmten Voraussetzungen) wieder aufzunehmen. Diese Konsequenz des vom Berufungsgericht als zulässig erachteten Restbestands der Klausel, wäre gröblicher benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB als die ursprüngliche Klausel. Zumindest aber bewirke der Wegfall des letzten Satzes der ursprünglichen Klausel 16 die Intransparenz der Restklausel iSd § 6 Abs 3 KSchG. Es fehle eine für den Wärmeabnehmer klare Regelung, unter welchen Voraussetzungen die Beklagte verpflichtet sei, die Wärmeversorgung wieder aufzunehmen.
[17] 2.4. In ihrer Revisionsbeantwortung vertritt die Beklagte – zusammengefasst – den Standpunkt, dass sich die Klausel, soweit es dort um die Manipulation von Messgeräten gehe, in Wortlaut, Zweck und Systematik an den gesetzlichen Regelungen des § 127 Abs 4 GWG und § 82 Abs 4 ElWOG orientiere. Diese Bestimmungen erlaubten dem Netzbetreiber die unverzügliche Abschaltung von Strom und Gas „bei missbräuchlichem Verhalten des Endverbrauchers, wie etwa Manipulation von Messeinrichtungen“. Schon deshalb verwirkliche die Klausel keine gröbliche Benachteiligung iSd § 879 Abs 3 ABGB.
[18] Abgesehen davon, dass eine Klausel den unmittelbaren Vertragspartner gröblich zu benachteiligen habe, um nach § 879 Abs 3 ABGB unzulässig zu sein, rechtfertige die behauptete Gefährdung der Substanz des Gebäudes diesen Schluss auch inhaltlich nicht. Der Endverbraucher, der vorsätzlich rechtswidrig Messeinrichtungen manipuliere, trage einzig und allein die Verantwortung für die Leistungsverweigerung durch den Wärmelieferanten und allfällige Schäden durch fehlende Beheizung. Die Miteigentümer könnten sich an diesem schadlos halten.
[19] Ein Verbraucher, der vorsätzlich Messgeräte manipuliere, sei nicht schutzbedürftig. Die Konsequenz der Absperrung der Wärmezufuhr sei daher nicht exzessiv. Der Verbraucher sei dann eben darauf angewiesen, das Nutzungsobjekt dezentral, etwa mittels durch Strom betriebener Radiatoren, zu beheizen.
[20] Die Abrechnung nach § 11 Abs 3 HeizKG sei keine gegenüber der ordentlichen Abrechnung nach Verbrauch gleichwertige Abrechnung. Diese gesetzlich normierte „Notlösung“ für den Fall der Unmöglichkeit einer Verbrauchsmessung sei mit einem nicht unerheblichen Aufwand für den Wärmeabgeber verbunden und könne Probleme bei der Abrechnung des gesamten Mehrparteienhauses zur Folge haben, weil es dabei zu Abweichungen gegenüber dem echten Verbrauch der Bewohner komme.
3. Der Senat hat dazu erwogen:
[21] 3.1. Nach dem im Revisionsverfahren strittigen Teil der Klausel 16 soll die Beklagte bzw. das von ihr beauftragte Drittunternehmen berechtigt sein, die Wärmeversorgung einzustellen, wenn der Wärmeabnehmer die Messgeräte „in ihrer Funktion manipuliert“.(Auch) die „Manipulation“bezieht sich also ausdrücklich auf die Funktion der Messeinrichtung, sodass selbst bei kundenfeindlichster Auslegung klar ist, dass nur eine solche Manipulation zur Einstellung der Wärmversorgung berechtigen soll, die die Funktionsfähigkeit des Messgeräts betrifft. Das Berufungsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass „manipulieren“ die „bewusste Beeinflussung in eine bestimmte Richtung“ bedeutet und damit im gegebenen Zusammenhang dahin auszulegen ist, dass die Person, die die Messeinrichtung manipuliert, dies mit dem Ziel tut, die Funktion der Messeinrichtung zu beeinflussen.
[22] 3.2. Die Klägerin räumt selbst ein, dass ein Wärmeabnehmer (Wohnungseigentümer, Mieter), der die Messeinrichtungen aus unlauteren Motiven und/oder zu seinem unrechtmäßigen Vorteil manipuliert, angemessenen Konsequenzen ausgesetzt bleiben soll; auf einen Wohnungsnutzer, der versuche, den ihn treffenden Anteil am Wärmeverbrauch im Gebäude rechtswidrig zu vermindern, sei also nicht überschießend Rücksicht zu nehmen. Bei (manchen der) in der Klausel angesprochenen Handlungen drohten dem Wärmeabnehmer aber ohnedies strafrechtliche Verfolgung, Schadenersatzpflichten und der Verlust des Rechts zur Nutzung seines Objekts (zufolge Kündigung des Mieters oder Ausschluss des Wohnungseigentümers). Der Beklagten als zusätzliche Reaktion auf dieses Verhalten die sofortige Einstellung der Wärmeversorgung im Rahmen eines an keine weiteren Kautelen gebundenen Selbsthilferechts zu gewähren, sei daher nicht sachgerecht und exzessiv.
[23] 3.3. Die Einstellung der Versorgung mit Wärmeenergie für Raumheizung bedeutet angesichts der existentiellen Bedeutung der Wärmeversorgung jedenfalls in der kalten Jahreszeit einen massiven Eingriff in die Interessen der Nutzungsberechtigten. Diesen offenkundigen Umstand stellt das Berufungsgericht auch gar nicht in Frage. In der Abwägung iSd § 879 Abs 3 ABGB überwiege seiner Auffassung nach allerdings das Interesse der Beklagten, ihre vertragliche Verpflichtung zur Abrechnung auf Basis des Verbrauchs des einzelnen Wärmeabnehmers ordnungsgemäß erfüllen zu können.
[24] Der erkennende Senat teilt diese Auffassung nicht. Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass der Beklagten bzw dem damit beauftragten Drittunternehmen die Erfüllung ihrer Vertragspflicht zur ordnungsgemäßen Abrechnung auch dann möglich ist, wenn ihr für ein Nutzungsobjekt die tatsächlichen Verbrauchsdaten nicht zur Verfügung stehen. Nach § 11 Abs 1 HeizKG hat der Abgeber die Verbrauchsanteile zwar grundsätzlich – auf der Grundlage des Ergebnisses der Erfassung (Messung) durch geeignete Vorrichtungen – nach einem dem Stand der Technik entsprechenden Verfahren zu ermitteln. Konnten aber trotz zumutbarer Bemühungen Verbrauchsanteile nicht erfasst werden, sind die Verbrauchsanteile gemäß § 11 Abs 3 HeizKG durch eine Hochrechnung zu ermitteln, sofern dies nach einem dem Stand der Technik entsprechenden Verfahren möglich ist. Diese Möglichkeit, den Verbrauch durch Hochrechnung zu ermitteln, kommt nach der Rechtsprechung etwa in Betracht, wenn entweder der Wärmeabnehmer die Begehung des Nutzungsobjekts nicht ermöglicht und eine Ablesung der Verbrauchsanteile aufgrund dessen nicht erfolgen kann oder aus welchem Grund auch immer das Gerät schadhaft geworden ist und daher keine Ablesewerte zur Verfügung stehen (5 Ob 6/17v).
[25] Im Übrigen bedarf es hier des Rückgriffs auf § 11 Abs 3 HeizKG insofern gar nicht, alsder Einzelwärmeliefervertrag eine Bestimmung enthält, die den selben Regelungsinhalt abbildet und diesen konkretisiert. Nach der lit c des § 7 (Abrechnung) ist die Beklagte verpflichtet, „eine entsprechende Verbrauchshochrechnung nach dem Stand der Technik durchzuführen“, wenn „für die Erstellung der Jahresabrechnung, aus welchen Gründen auch immer, für das betreffende Nutzungsobjekt (Wärmeabnehmereinheit) keine Verbrauchsablesung der Erfassungsgeräte“ vorliegt. Gleiches soll gelten, wenn „durch Funktionsstörungen einzelne Erfassungsgeräte keine plausiblen Verbrauchsergebnisse anzeigen“.
[26] Es mag sein, dass – wie die Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung behauptet – eine Hochrechnung nach § 11 Abs 3 HeizKG mit einem „nicht unerheblichen“ Aufwand für den Wärmeabgeber verbunden ist und Abweichungen gegenüber dem echten Verbrauch zu Folgeproblemen führen (vgl dazu etwa Prader/Dobler, HeizKG § 11 Rz 12). Diese Nachteile treffen zwar – anders als die mit einer Hochrechnung zufolge Manipulation des Messgeräts allenfalls verbundene ungerechtfertigte „Entreicherung“ – unmittelbar die Beklagte. Im Verhältnis zu dem Interesse des Endverbrauchers an der Aufrechterhaltung der Wärmeversorgung treten sie aber in einem Ausmaß in den Hintergrund, dass ein auffallendes Missverhältnis der wechselseitigen Interessen besteht. In einem solchen Fall ist eine Klausel gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB (vgl 5 Ob 169/22x mwN; RS0016914 [T4]; RS0045886).
[27] 3.4. An diesem Ergebnis der Abwägung iSd § 879 Abs 3 ABGB ändert auch nichts, dass § 127 Abs 4 GWG 2011 und § 82 Abs 4 ElWOG 2010 im Fall der „Manipulation von Messeinrichtungen“ das jeweils ansonsten gebotene Mahnverfahren vor der Abschaltung nicht für erforderlich erklären. Die beiden in diesem Zusammenhang wortidenten Bestimmungen normieren nicht ausdrücklich ein Recht zur sofortigen Einstellung der Versorgungsleistung, sondern reduzieren die Mahn‑ und Informationspflichten. Dass auch der Gesetzgeber der Schwere des mit der Einstellung der Energieversorung verbundenen Eingriffs in die Interessen des Endverbrauchers angemessen berücksichtigt wissen will, zeigt § 82 Abs 4a ElWOG, wonach in den Fällen des Abs 4, Netzbetreiber dazu verpflichtet sind, Endverbraucher, die in offener Kündigungsfrist noch keinen neuen Energielieferanten namhaft gemacht oder keinen neuen Energieliefervertrag abgeschlossen haben, in ganz bestimmter Form und mit bestimmten Inhalt darüber zu informieren, dass und wann die Abschaltung droht.
[28] 4. Der Revision der Klägerin ist demnach schon deshalb Folge zu geben und die Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen, weil die Klausel 16 (auch) in Bezug auf das Einstellen der Wärmeversorgung zufolge Manipulation der Messgeräte als gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB zu beurteilen ist. Eine Auseinandersetzung mit den von der Revisionswerberin aufgeworfenen Fragen der Teilbarkeit der Klausel und den Konsequenzen einer solchen Teilung bei bloß teilweiser Unwirksamkeit erübrigt sich daher.
[29] 5. Das Erstgericht hat die Kostenentscheidung vorbehalten, es hat daher nach rechtskräftiger Erledigung der Streitsache über die Verpflichtung zum Kostenersatz für das gesamte Verfahren zu entscheiden (§ 52 Abs 3 ZPO).
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