OGH 13Os16/24p

OGH13Os16/24p24.4.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. April 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Richteramtsanwärter Mag. Flickinger in der Strafsache gegen * M* wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 19. Dezember 2023, GZ 16 Hv 125/23y‑81, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0130OS00016.24P.0424.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * M* des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 21. Juni 2017 in F* * D* eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) in Gestalt jeweils eines Bruchs des linken Ellenhakens, der rechten Elle, des Grundglieds der rechten Hand und des rechten Daumen-Sattelgelenks, absichtlich zugefügt, indem er den Genannten mehrmals mit einem Baseballschläger schlug.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) zu Recht abgewiesen (ON 80 S 12 f) wurde der in der Hauptverhandlung gestellte Antrag des Beschwerdeführers auf „Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Bereich der Unfallchirurgie“ zum Beweis dafür, dass „der Angeklagte gar nicht in der Lage war, dem Opfer die von ihm behaupteten Verletzungen zuzufügen, weil er zu diesem Zeitpunkt nicht bei Bewusstsein gewesen ist, bzw auf Grund der erlittenen Verletzungen am Schädel und der Hand gar nicht dazu in der Lage gewesen wäre, diese Verletzungen dem Opfer zuzufügen“ (ON 80 S 12).

[5] Ihm fehlte es nämlich schon deshalb an Erheblichkeit, weil dafür die Richtigkeit der vom Schöffengericht als unglaubhaft abgelehnten (US 5) Behauptung des Beschwerdeführers Voraussetzung wäre (RIS‑Justiz RS0099721 und Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 342), seinerseits (von D* durch Schläge mit einer Eisenstange) verletzt worden zu sein, bevor D* die festgestellten Verletzungen (von wem auch immer) zugefügt worden seien.

[6] Im Rechtsmittel nachgetragenes, den Antrag ergänzendes Vorbringen ist ebenso unbeachtlich (RIS‑Justiz RS0099618) wie Kritik an der Begründung des abweislichen Zwischenerkenntnisses (RIS‑Justiz RS0116749).

[7] Auf der Grundlage des Urteilssachverhalts (US 3 f) erfüllen die vom Beschwerdeführer absichtlich herbeigeführten Verletzungsfolgen sowohl die Kriterien einer an sich schweren Körperverletzung (§ 84 Abs 1 dritter Fall StGB) als auch die einer länger als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung (§ 84 Abs 1 erster Fall StGB).

[8] Da die Verwirklichung jeder dieser Tatbestandsvarianten schon für sich allein genügt hätte, um den tatbestandsmäßigen Erfolg des § 87 Abs 1 StGB zu begründen, verstößt die aggravierende Wertung ihres Zusammentreffens bei der Strafbemessung (US 9) – der Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) zuwider – nicht gegen das Doppelverwertungsverbot des § 32 Abs 2 erster Satz StGB (RIS‑Justiz RS0130193).

[9] Ebenso wenig ist – entgegen der weiteren Rüge – ein unvertretbarer Verstoß gegen Bestimmungen über die Strafbemessung (Z 11 dritter Fall) darin zu erblicken, dass das Erstgericht das Vorliegen der Voraussetzungen (teilweise) bedingter Nachsicht der verhängten Freiheitsstrafe von drei Jahren (§ 43a Abs 4 StGB) – unter anderem – angesichts des „Üben[s] von Selbstjustiz durch ein derart rabiates Vorgehen“ verneinte (US 9).

[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[11] Die Entscheidung über die Berufungen kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

[12] Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO sei hinzugefügt:

[13] Die Wertung des Umstands, dass der Angeklagte „immer noch keinerlei Einsicht zeigt“, als eine für die Ablehnung bedingter Strafnachsicht (mit-)entscheidende Tatsache (US 9) stellt einen unvertretbaren Verstoß gegen Bestimmungen über die Strafbemessung (Z 11 dritter Fall) dar (RIS-Justiz RS0090897). Diese vom Beschwerdeführer nicht geltend gemachte materielle Nichtigkeit wird das Oberlandesgericht bei der Entscheidung über die Berufung wahrzunehmen haben (RIS‑Justiz RS0122140).

[14] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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