OGH 11Os1/24t

OGH11Os1/24t13.2.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Februar 2024 durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger und Mag. Fürnkranz und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und Mag. Riffel in Gegenwart der RichteramtsanwärterinMag. De Rijk als Schriftführerin in der Strafsache gegen * D* wegen Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 17. Oktober 2023, GZ 37 Hv 39/23a‑31.6, ferner über die Beschwerden des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen den zugleich gefassten Beschluss nach § 494a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0110OS00001.24T.0213.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * D* dreier Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (B), jeweils eines Vergehens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1 StGB (A) und der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (C I 1) sowie zweier Vergehen der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (C I 2 und II) schuldig erkannt.

[2] Soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung hat er danach

(B) von Ende Jänner 2023 bis Anfang April 2023 * K* in drei Angriffen mit Gewalt zur Vornahme oder Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt, indem er seinen Penis tief in ihren Mund steckte, ihren Kopf mit beiden Händen umfasste und festhielt, sodass sie trotz ihrer Gegenwehr nicht ausweichen konnte, und den Oralverkehr gegen ihren Willen weiterführte, bis sie erbrach.

Rechtliche Beurteilung

 

[3] Gegen den Schuldspruch B wendet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

 

[4] Entgegen dem Vorwurf der Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall) kommt in den Urteilsfeststellungen klar zum Ausdruck, dass die Intention des Beschwerdeführers, im Rahmen eines – jeweils einvernehmlich begonnenen (vgl RIS‑Justiz RS0095063; Philipp in WK2 StGB § 201 Rz 39) – Oralverkehrs die Duldung des weiteren („durch tiefe Penetration ihres Mundes und von ihm gewolltem Erbrechen ihrerseits gekennzeichneten“) Oralverkehrs gegen den (bekundeten) Willen des Opfers gewaltsam zu erzwingen (US 10), bei allen drei vom Schuldspruch B umfassten Taten (US 10) zum Zeitpunkt der jeweiligen Tatausführung bestand (US 10 iVm US 8).

[5] Die Feststellungen zum subjektiven Handlungselement (US 10) folgerte das Schöffengericht – ohne Verstoß gegen Gesetze der Logik oder grundlegende Erfahrungswerte – aus dem konstatierten (US 8) äußeren Tatgeschehen (US 13 und 15), das es – ebenso willkürfrei – (auch hinsichtlich der Zahl der Angriffe) aus vom Gericht als glaubhaft erachteten Angaben der Zeugin K* erschlossen hat (US 11 ff).

[6] Die darauf bezogene Beschwerdekritik (Z 5 vierter Fall) versagt daher.

[7] Für unerörtert geblieben (Z 5 [nominell verfehlt auch vierter, inhaltlich nur] zweiter Fall) hält die Rüge Bekundungen der Zeugin K*, wonach es (zusammengefasst) auch immer wieder zu einvernehmlichen sexuellen Handlungen mit dem Beschwerdeführer gekommen sei. Gerade diesen Umstand aber hat das Erstgericht – just auf der Basis der relevierten Aussagen (US 11 bis 13) – sogar ausdrücklich festgestellt (US 8). Er widerspricht (Z 5 dritter Fall) im Übrigen auch keineswegs der Feststellung, in den drei vom Schuldspruch umfassten Fällen habe sie sich – erfolglos – gegen die Weiterführung des Oralverkehrs (wie ihn der Beschwerdeführer vornahm) zur Wehr gesetzt (US 8). Die betreffende, gegen die Konstatierungen (US 8) zum Tatbestandsmerkmal fehlender Einwilligung des Opfers (vgl RIS-Justiz RS0095071) – und zur diesbezüglichen Willensausrichtung des Beschwerdeführers (US 10) – gerichtete Kritik geht schon deshalb ins Leere.

[8] Mit dem Argument, der „Umstand“, dass K* „offenbar“ zwischen ihren beiden polizeilichen Vernehmungen als Zeugin „das Gewaltschutzzentrum aufgesucht“ hat, sei „überg[angen]“ (Z 5 [nominell verfehlt auch vierter, inhaltlich nur] zweiter Fall) worden, wird (schon) kein in der Hauptverhandlung vorgekommenes (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnis releviert (siehe aber RIS‑Justiz RS0118316 [T1]).

[9] Welcher konkreten Feststellung (RIS‑Justiz RS0130729 [T1]) über welche entscheidende Tatsache (RIS‑Justiz RS0117264)

- der Umstand, dass im „Schreiben des Gewaltschutzzentrums NÖ (ON 2.2)“ „keine sexuellen Übergriffe zum Nachteil der Zeugin geschildert oder beschrieben sind“ und

- ein (vermeintlicher) Widerspruch in den Angaben der Zeugin K* darüber, wie oft (ein- oder zweimal) der Beschwerdeführer die von ihm bevorzugte Oralverkehrspraktik (nämlich, ihr seinen Penis so tief in den Mund zu stoßen, dass sie sich erbricht) vor den vom Schuldspruch umfassten Taten mit ihrer Einwilligung „probiert“ hatte (woraufhin sie ihm klar zu verstehen gegeben habe, dass ihr „das nicht gefalle und sie so etwas nicht noch einmal machen möchte“ – vgl US 8),

in welcher Hinsicht erörterungsbedürftig entgegenstehen sollten, macht die weitere Mängelrüge (Z 5 [nominell verfehlt auch vierter, inhaltlich nur] zweiter Fall) nicht deutlich.

[10] Spekulationen über Motive des (zum Schuldspruch A und C geständigen) Angeklagten, die vom angefochtenen Schuldspruch (B) umfassten Taten geleugnet zu haben, sind weder für die Schuld- noch für die Subsumtionsfrage von Bedeutung, somit – entgegen dem Vorwurf, das Urteil enthalte diesbezüglich „keine Begründung“ (Z 5 vierter Fall) – auch kein Gegenstand der Mängelrüge (RIS‑Justiz RS0099407).

[11] Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegender entscheidender Tatsachen aus den zuvor mit Mängelrüge „aufgezeigten Gründen“ behauptet, verkennt sie die Verschiedenheit der Anfechtungskalküle (siehe dazu RIS‑Justiz RS0115902 und RS0116733).

 

[12] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[13] Die Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden kommt dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).

[14] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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