European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0030OB00204.23F.0131.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Grundbuchsrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 3.706,80 EUR (darin enthalten 617,80 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Die Streitteile sind Gesellschaften, die auf fremden Grundstücken Windkraftanlagen errichten und betreiben. Im Lastenblatt der Liegenschaft EZ * ist unter TZ 7411/2019 (C‑LNR 6) ob des Grundstücks * zu Gunsten der Klägerin die Dienstbarkeit der Herstellung, des Bestands und Betriebs einer Windkraftanlage mit allen erforderlichen Bauwerken, Leitungen, Anlagenteilen und [Benützung] des Luftraums im Umfang des Pkt 1 des Dienstbarkeitsvertrags vom 22. 5. 2019 sowie unter TZ 1519/2022 (C‑LNR 8) ob der Grundstücke * und * zu Gunsten der Beklagten die Dienstbarkeit der Errichtung und des Betriebs von Windenergieanlagen gemäß § 2 bis 4 des Servitutsvertrags vom 2. 2. 2022 eingetragen.
[2] Das Erstgericht wies die auf Unwirksamerklärung und Löschung der Dienstbarkeit der Beklagten gerichtete Klage ab.
[3] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur Frage, ob bei einander behindernden Grunddienstbarkeiten eine Löschungsklage auch dann zulässig sei, wenn der zweite Servitutsvertrag nicht angefochten werde, höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.
Rechtliche Beurteilung
[4] Die Revision ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.
[5] 1.1 Die Klägerin stützt ihre Löschungsklage auf die Behauptung, dass die nachrangige Dienstbarkeit der Beklagten in ihre eigene ausschließliche Dienstbarkeit eingreife.
[6] 1.2 Gemäß der zugrunde liegenden Grundbuchseintragung zu TZ 7411/2019 (C‑LNR 6) besteht die Dienstbarkeit der Klägerin im Umfang des Pkt 1 des Dienstbarkeitsvertrags vom 22. 5. 2019. Inhalt und Ausmaß ihrer im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeit bestimmen sich daher nach diesem Vertragspunkt (vgl § 5 GBG; RS0060233). Aus diesem ergibt sich allerdings das von der Klägerin als tragende Begründung behauptete – ausschließliche – Nutzungsrecht nicht, sodass sie schon insoweit einen Eingriff in ihre bücherliche Rechtsposition nicht plausibel darzulegen vermag.
[7] 1.3 Sollte ein von der Klägerin behauptetes ausschließliches (obligatorisches) Nutzungsrecht am Grundstück * aus anderen Bestimmungen des Dienstbarkeitsvertrags vom 22. 5. 2019 ableitbar sein, so ist dieses jedenfalls nicht Gegenstand der im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeit. Dies gilt namentlich für die von der Klägerin ins Treffen geführten, in einem anderen Vertragspunkt geregelten Freihaltepflichten der Liegenschaftseigentümerin (auch) in Bezug auf andere (benachbarte) Grundstücke.
[8] 1.4 Im Übrigen beruft sich die Klägerin auf die technische und finanzielle Unvereinbarkeit zweier Windkraftanlagen an den beiden grundbücherlich gesicherten Standorten. Eine Unvereinbarkeit aus solchen Erwägungen erweist allerdings ebenfalls keinen Eingriff in ein – bücherliches – Recht der Klägerin.
[9] 1.5 Da ohne nachgewiesenen Eingriff in ein bücherliches Recht der Klägerin eine Löschungsklage nicht in Betracht kommt (vgl RS0126087), ist die Abweisung der Löschungsklage durch die Vorinstanzen keine aufzugreifende unrichtige rechtliche Beurteilung.
[10] 2. Auch aus der Zulassungsfrage, ob die Berechtigung der Löschungsklage die Anfechtung des nachrangigen (zweiten) Servitutsvertrags erfordert, ergeben sich die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht. Mit der Löschungsklage ist nach gesicherter und auch vom Berufungsgericht herangezogener Rechtsprechung geltend zu machen, dass die bekämpfte Eintragung der materiellen Rechtslage widerspricht (vgl RS0124445). Das dazu von der Klägerin erst in der Berufung erstattete Vorbringen, der Servitutsvertrag der Beklagten verstoße gegen die guten Sitten, hat das Berufungsgericht als eine unzulässige Neuerung qualifiziert. Dabei handelt es sich um keine aufzugreifende Verkennung ihres Parteivorbringens durch das Berufungsgericht, sodass es auch insoweit an einem zureichenden Klagegrund fehlt.
[11] 3.1 Insgesamt gelingt es der Klägerin mit ihren Ausführungen somit nicht, eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Die Revision war daher zurückzuweisen.
[12] 3.2 Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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