OGH 4Ob112/23h

OGH4Ob112/23h19.12.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Schwarzenbacher und MMag. Matzka sowie die Hofrätinnen Mag. Istjan, LL.M., und Mag. Waldstätten als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*, vertreten durch Dr. Sascha Salomonowitz, M.B.L.‑HSG, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. U* GmbH, *, 2. U* GmbH, *, beide vertreten durch die Stolitzka & Partner Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Unterlassung, Beseitigung, Rechnungslegung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert 125.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25. April 2023, GZ 2 R 181/22k‑43, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0040OB00112.23H.1219.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiete: Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Erstbeklagte vertreibt den 2019 entstandenden Film „Yesterday“ an österreichische Kinos, der Zweitbeklagten obliegt der Verkauf, der Verleih und die sonstige Nutzung der Rechte an diesem Film im österreichischen Videomarkt. Zu Beginn entdeckt darin die Hauptfigur, ein bislang erfolgloser Musiker, dass er als Einziger die Beatles und deren Songs kennt, gibt sie als seine eigenen aus und steuert dadurch seinem Aufstieg zum Weltstar entgegen.

[2] Der Kläger hat bereits 2011 auf der Website „Make´n Movies“ einen Text mit dem Titel „Here comes the sun“ veröffentlicht, in dem sich ein unbedeutender Musiker in einer Welt findet, in der es die Beatles nie gab. Er wird ein Star mit all ihren Songs, von denen alle glauben, dass er sie geschrieben hat. Letztlich fürchtet er, wie John Lennon ermordet zu werden.

[3] Die Vorinstanzen verneinten die Verletzung von Urheberrechten des Klägers. Sein Text enthalte nur ein Grundgerüst und damit nur eine nicht schutzfähige Idee, die kein Werk im Sinne des § 1 UrhG sei. Überdies weiche die Handlung des Films von der (aus wenigen Zeilen bestehenden) Filmidee des Klägers ab.

Rechtliche Beurteilung

[4] Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, mit dem Antrag, der Klage stattzugeben. Die Revision vermag allerdings keine erheblichen Rechtsfragen aufzuzeigen und ist daher zurückzuweisen.

[5] 1.1. Werke im Sinne von § 1 UrhG sind eigentümliche geistige Schöpfungen auf den Gebieten der Literatur, der Tonkunst, der bildenden Künste und der Filmkunst.

[6] 1.2. Gegenstand des urheberrechtlichen Schutzes ist nicht der dem Werk zugrunde liegende, noch ungeformte Gedanke (Idee) als solcher, sondern nur die eigenpersönliche körperliche Formung und Festlegung einer schöpferischen Idee (RS0076830 [T1]). Bloße Ideen einschließlich Filmideen sind nicht schützbar (4 Ob 49/20i).

[7] 1.3. Ob sich eine Schöpfung aufgrund ihrer Originalität hinreichend deutlich von ähnlichen Schöpfungen unterscheidet und daher ein urheberrechtlich geschütztes Werk ist, hängt regelmäßig von den Umständen des Einzelfalls ab und hat keine darüber hinausgehende Bedeutung (RS0122254).

[8] 2.1. Die Filmidee des Klägers besteht im Wesentlichen darin, dass ein Musiker in einer Phantasiewelt die Werke der Beatles als seine eigenen ausgibt und damit Berühmtheit erlangt. Die Beklagten haben aufgezeigt, dass ähnliche Ideen schon in früheren Werken wie „Jean-Philippe“ oder „I´m a Beatle“ Verwendung fanden. Auch wenn festgestellt wurde, dass der Kläger diese nicht kannte, so ändert dies nichts an der mangelnden Originalität seiner Filmidee, weshalb die Vorinstanzen vertretbar deren Werkeigenschaft im Sinne von § 1 UrhG verneinten.

[9] 2.2. Vertretbar haben die Vorinstanzen auch einen Bearbeitungsschutz des Klägers verneint, denn die (wenig ausgeprägte) Individualität der Vorlage verblasst umso eher, je stärker die Individualität des neuen Werks ist (vgl RS0123238). Hier weicht – abgesehen von der mangelnden schöpferischen Eigentümlichkeit der klägerischen Filmidee (vgl RS0076460) – die Handlung des von der Beklagten vertriebenen Films erheblich vom gegenständlichen halbseitigen Text des Klägers ab. Während nämlich im Skript des Klägers die Hauptfigur befürchtet, am 40. Geburtstag ebenso wie John Lennon ermordet zu werden, handelt die Rock´n Roll-Komödie „Yesterday“ vom Konflikt der Hauptfigur, die Plagiate für eine Starkarriere um den Preis des Bruches einer Liebesbeziehung auszunutzen.

[10] 3. Die Mängelrüge wurde geprüft; der behauptete Mangel des Berufungsverfahrens liegt allerdings nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

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