OGH 2Ob225/23m

OGH2Ob225/23m14.12.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende, die Hofräte MMag. Sloboda und Dr. Kikinger sowie die Hofrätinnen Mag. Fitz und Mag. Waldstätten als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H*, vertreten durch Gheneff-Rami-Sommer Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagten Parteien 1. G*, vertreten durch Dr. Paul Wachschütz, Rechtsanwalt in Villach, und 2. J*, vertreten durch Dr. Gerd Kapeller, Rechtsanwalt in Klagenfurt am Wörthersee, und deren Nebenintervenienten F*, vertreten durch Dr. Robert Mogy, Rechtsanwalt in Klagenfurt am Wörthersee, wegen Erfüllung eines Vermächtnisses und Zustimmung zur grundbücherlichen Abschreibung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 13. September 2023, GZ 4 R 82/23w-63, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0020OB00225.23M.1214.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Erbrecht und Verlassenschaftsverfahren

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Zum nach § 662 Abs 1 erster Satz ABGB unwirksamen Vermächtnis einer fremden Sache zählt nach der Rechtsprechung auch der Fall, dass der Vermächtnisschuldner die Sache nur unter Mithilfe eines Dritten beschaffen kann (6 Ob 244/99x; 10 Ob 35/16v Punkt 3.2.). Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Vermächtnisschuldner auf eine freiwillige Mitwirkung des Dritten angewiesen ist oder dessen Mitwirkung erzwingen kann (5 Ob 425/97d; vgl auch 6 Ob 550/84 [6 Ob 551/84] und RS0108932).

[2] Das Berufungsgericht ist auf dieser Grundlage in nicht korrekturbedürftiger Weise davon ausgegangen, dass der erstbeklagte Erbe als Vermächtnisschuldner der Klägerin die ihr von der Erblasserin zugedachte Rechtsposition nur unter (freiwilliger) Mitwirkung eines „Fremden“ – hier des zweitbeklagten Mehrheitseigentümers der Liegenschaft – verschaffen könnte.

[3] 2. Die Abschreibung einzelner Bestandteile eines Grundbuchskörpers ist eine Sachverfügung iSd § 828 Abs 1 ABGB und bedarf daher der Zustimmung sämtlicher Teilhaber. § 3 Abs 1 LiegTeilG, der sich seinem Wortlaut nach auf alle Personen bezieht, für die dingliche Rechte am Grundbuchskörper bücherlich eingetragen sind, ist daher teleologisch zu reduzieren. Es ist zwischen Miteigentümern und sonstigen Buchberechtigten zu differenzieren: für Miteigentümer gilt die darin normierte, der materiell‑rechtlichen Regelung des Miteigentums widersprechende Befreiung von der Zustimmungspflicht nicht. Zur Abschreibung einzelner Bestandteile eines Grundbuchskörpers ist die Zustimmung aller Miteigentümer auch dann notwendig, wenn für das Trennstück eine neue Einlage eröffnet wird und die Eigentumsrechte der Miteigentümer in diese neue Einlage übertragen werden (RS0131185). Gründe für ein Abgehen von dieser jüngeren Judikatur des grundbuchsrechtlichen Fachsenats, die auf der die prozessgegenständliche Liegenschaft betreffenden Entscheidung 5 Ob 128/16h beruht, zeigt die Klägerin in der außerordentlichen Revision nicht auf. Die im Rechtsmittel umfassend zitierte gegenteilige ältere Rechtsprechung (vgl RS0066239) hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 5 Ob 128/16h ausdrücklich abgelehnt.

[4] 3. Nach § 828 Abs 1 Satz 2 ABGB kann kein Teilhaber in der gemeinschaftlichen Sache eine Veränderung vornehmen, wodurch über den Anteil des Anderen verfügt würde, sobald sie uneinig sind. Die fehlende Zustimmung eines Teilhabers im Fall von § 828 ABGB zu unterstellenden Veränderungen kann daher nicht durch einen richterlichen Beschluss ersetzt werden (jüngst 7 Ob 35/23g Rz 13).

[5] 4. Das Vorliegen einer Verschaffungspflicht des Erben iSd § 662 Abs 2 ABGB hat das Berufungsgericht – in der außerordentlichen Revision unbeanstandet – verneint (vgl RS0043463 [T12] zur Einzelfallbezogenheit der Auslegung einer letztwilligen Verfügung).

[6] 5. Das Berufungsgericht hat damit das ausschließlich auf Erfüllung des Vermächtnisses durch Einverleibung des Eigentumsrechts nach Abschreibung einzelner Grundstücke gerichtete Klagebegehren ohne korrekturbedürftige Fehlbeurteilung abgewiesen.

[7] Die außerordentliche Revision der Klägerin war daher zurückzuweisen.

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