OGH 2Nc84/23k

OGH2Nc84/23k6.11.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende sowie die Hofräte Hon.-Prof. PD Dr. Rassi und Dr. Kikinger als weitere Richter in der beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien zu AZ 28 C 1192/23p anhängigen Rechtssache der klagenden Partei H*, vertreten durch Dr. Walter Pfliegler, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei G*, vertreten durch Dr. Peter Lindinger und Dr. Andreas Prammer, Rechtsanwälte (GesbR) in Linz, wegen 4.898,03 EUR sA über den Delegierungsantrag der beklagten Partei den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0020NC00084.23K.1106.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Zur Verhandlung und Entscheidung dieser Rechtssache wird anstelle des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien das Bezirksgericht Bludenz bestimmt.

Die Kosten des Delegierungsantrags sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

[1] Mit der beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien eingebrachten Mahnklage begehrt die Klägerin Schadenersatz aufgrund eines Verkehrsunfalls, der sich im Sprengel des Bezirksgerichts Bludenz ereignet hat.

[2] Die Beklagte beantragt, die Rechtssache an das Bezirksgericht Bludenz zu delegieren. Sämtliche Zeugen sowie Halter und Lenker seien in Vorarlberg wohnhaft. Eine Videoeinvernahme sei aufgrund der jedenfalls erforderlichen Zuhilfenahme einer Skizze der Unfallörtlichkeit schwierig. Auch eine Einvernahme im Rechtshilfeweg berge die Gefahr, dass für den Sachverständigen allenfalls wesentliche Punkte nicht hinterfragt würden.

[3] Die Klägerin spricht sich nicht gegen eine Delegierung aus.

Rechtliche Beurteilung

[4] Die Delegierung ist gerechtfertigt.

[5] 1. Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Nach ständiger Rechtsprechung (RS0046441) soll eine Delegierung den Ausnahmefall bilden, weil eine großzügige Anwendung zu einer unvertretbaren Lockerung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen würde (RS0046589 [T2]).

[6] Zielsetzung der Delegierung ist eine wesentliche Verkürzung und/oder Verbilligung des Verfahrens sowie eine Erleichterung des Gerichtszugangs oder der Amtstätigkeit (RS0046333 [T6]). Ein Delegierungsantrag ist daher zweckmäßig, wenn die Rechtssache von einem anderen als dem zuständigen Gericht aller Voraussicht nach rascher und mit geringerem Kostenaufwand zu Ende geführt werden kann (RS0053169). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Beweisverfahren oder ein maßgeblicher Teil davon vor dem erkennenden Gericht durchgeführt werden kann, weil die Wahrung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes bedeutsamer erscheint als die Einhaltung der örtlichen Zuständigkeitsordnung (RS0046333 [T3]). Die Zweckmäßigkeit ist daher vor allem anhand des Wohnorts bzw Sitzes der Parteien und der zu vernehmenden Zeugen zu beurteilen (RS0046540; RS0053169 [T12]).

[7] 2. Sämtliche im Verfahren zu vernehmenden Personen haben ihren Aufenthaltsort im Sprengel des Bezirksgerichts Bludenz. Auch ist die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Unfallhergang beantragt und könnte – worauf die Beklagte überdies hinweist – allenfalls auch die Durchführung eines Ortsaugenscheins erforderlich sein.

[8] 3. Insgesamt erweist sich die Delegierung daher als zweckmäßig, sodass diese trotz des Ausnahmecharakters anzuordnen ist.

[9]  4. Da die Klägerin dem Delegierungsantrag nicht entgegengetreten ist, kommt ein vom Ausgang in der Hauptsache unabhängiger Kostenersatz zu Gunsten der Beklagten mangels (echten) Zwischenstreits nicht in Betracht.

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