OGH 6Nc22/23x

OGH6Nc22/23x25.10.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Dr. Faber in der Pflegschaftssache des Minderjährigen I*, geboren * 2009, AZ 164 Ps 29/23x des Bezirksgerichts Graz‑West, wegen Genehmigung der Übertragung der Zuständigkeit in Pflegschaftssachen nach § 111 Abs 2 JN, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0060NC00022.23X.1025.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Akt wird dem Bezirksgericht Graz‑West zurückgestellt.

 

Begründung:

[1] Mit Beschluss vom 12. 9. 2023 übertrug das Bezirksgericht Graz‑West die Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache dem Bezirksgericht Döbling, das die Übernahme jedoch ablehnte.

[2] Das Bezirksgericht Graz‑West nahm von einer Zustellung des Übertragungsbeschlusses Abstand und legte den Akt zur Entscheidung gemäß § 111 Abs 2 JN dem Obersten Gerichtshof vor.

[3] Die Vorlage ist verfrüht.

Rechtliche Beurteilung

[4] Nach § 111 Abs 1 JN kann das Pflegschaftsgericht seine Zuständigkeit einem anderen Gericht übertragen, wenn es im Interesse des Minderjährigen oder sonstigen Pflegebefohlenen gelegen erscheint, insbesondere wenn dadurch die wirksame Handhabung des pflegschaftsgerichtlichen Schutzes voraussichtlich gefördert wird. Lehnt das Gericht, an das die Zuständigkeit übergehen soll, die Übernahme ab, so ist zunächst der Übertragungsbeschluss den Parteien zuzustellen und dessen Rechtskraft abzuwarten (6 Nc 14/20s; 3 Nc 1/23m).

[5] Der Akt ist daher dem übertragenden Gericht zur Zustellung des Beschlusses an die Parteien zurückzustellen.

[6] Der Minderjährige lebt nun beim Vater in Wien. Die Eltern haben mittlerweile vor der Familiengerichtshilfe Graz einen vom Bezirksgericht Graz‑West bereits pflegschaftsgerichtlich genehmigten Vergleich über die alleinige Obsorge des Vaters geschlossen. Aufgrund dieser geänderten Sachlage erschiene es zweckdienlich, dem Bezirksgericht Döbling, in dessen Sprengel die Wohnung des Vaters liegt, die Übernahme erneut anzubieten.

[7] Nur wenn der Übertragungsbeschluss – allenfalls nach Überprüfung im Instanzenzug – in Rechtskraft erwachsen ist und das Bezirksgericht Döbling die Übernahme der Pflegschaftssache immer noch verweigern sollte, wird der Akt erneut zur Entscheidung nach § 111 Abs 2 JN (7 Nc 10/22p) vorzulegen sein.

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