OGH 1Ob55/23d

OGH1Ob55/23d20.9.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofrätin und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely‑Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. P*, vertreten durch Mag. Michael Röhsner, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund),vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17–19, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens AZ 31 Cg 18/13i des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien (Streitwert 941.112,83 EUR sA), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 27. Februar 2023, GZ 14 R 120/22b‑20, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0010OB00055.23D.0920.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Amtshaftung inkl. StEG

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Soweit der Kläger eine vom Rekursgericht verneinte Nichtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung geltend macht, ist sein Rechtsmittel in Analogie zu § 519 Abs 1 ZPO jedenfalls unzulässig (4 Ob 160/11z mwN).

[2] 2. In der Sache ist die Zurückweisung der Wiederaufnahmeklage (§ 538 ZPO) völlig unbedenklich.

[3] Der Kläger stützt sich auf § 530 Abs 1 Z 3 ZPO. Schon das Rekursgericht hat ihn zutreffend darauf hingewiesen, dass er damit das Wesen dieses Wiederaufnahmegrundes verkennt: Er erfasst Fälle, in denen eine Entscheidung durch eine dort genannte strafbare Handlung erwirkt wurde, soll aber nicht – was der Kläger hier anstrebt – ein nachträgliches Vorbringen zu einer strafbaren Handlung ermöglichen, von der das Bestehen oder Nichtbestehen des geltend gemachten Anspruchs abhängt. Dafür steht nur der Wiederaufnahmegrund des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO zur Verfügung, auf den sich der Kläger aber nicht stützt und nach der Aktenlage auch nicht stützen kann.

[4] Die gegenteilige Auffassung des Klägers führte zum mit der Systematik der Wiederaufnahmegründe unvereinbaren Ergebnis, dass eine Wiederaufnahmeklage unabhängig von den Voraussetzungen von § 530 Abs 1 Z 7 ZPO auf neues Vorbringen zu einem Tatbestandsmerkmal des im wiederaufzunehmenden Verfahren verfolgten Anspruchs oder zu einer möglichen Einwendung gegründet werden könnte, wenn es sich dabei (zufällig) um strafbares Verhalten handelte. In einem solchen Fall wurde die Entscheidung aber nicht durch dieses Verhalten erwirkt, sondern sie beruht allenfalls auf einer unrichtigen Sachverhaltsgrundlage, was aber nur in den engen Grenzen des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO iVm § 534 Abs 2 Z 4 ZPO wahrgenommen werden kann.

[5] Bei einem – wie hier – unschlüssigen Vorbringen erübrigt sich ein Vorgehen nach § 539 ZPO (6 Ob 259/11y = RS0127681).

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