OGH 2Ob173/23i

OGH2Ob173/23i19.9.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Nowotny, Hon.-Prof. PD Dr. Rassi, MMag. Sloboda und Dr. Kikinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*, vertreten durch Reif und Partner Rechtsanwälte OG in Kapfenberg, gegen die beklagte Partei I*, vertreten durch Kropiunig Kropiunig Rechtsanwalts GmbH in Leoben, und die auf der Seite der beklagten Partei beigetretenen Nebenintervenienten 1. Land Steiermark, Graz, Burgring 4, vertreten durch Mag. Leopold Zechner, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, und 2. Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, wegen 73.487,45 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 1. Juni 2023, GZ 2 R 39/23g-84, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0020OB00173.23I.0919.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Schadenersatz nach Verkehrsunfall

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Der Kläger stürzte mit einem von ihm gelenkten LKW von einem vom Beklagten gehaltenen Weg mit einer 3,5 Meter breiten, festen Schotterfahrbahn ab, weil er aufgrund eines Fahrfehlers die Fahrlinie zu weit an den Böschungsrand verlagerte. Der vom Kläger befahrene, auch mit LKW gefahrlos zu benützende Weg befand sich in einem guten bis sehr guten Erhaltungszustand, es waren an der späteren Absturzstelle weder Setzungen noch gefährliche Abbruchstellen vorhanden.

[2] Die Vorinstanzen wiesen das in erster Linie auf Wegehalterhaftung (§ 1319a ABGB) und Verletzung von Verkehrssicherungspflichten gestützte Schadenersatzbegehren des Klägers übereinstimmend ab.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die außerordentliche Revision des Klägers zeigt das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht auf:

[4] 1. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft; sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

[5] 2. Umfang und Intensität von Verkehrssicherungspflichten richten sich danach, in welchem Maß die Verkehrsteilnehmer selbst vorhandene Gefahren erkennen und ihnen begegnen können (RS0023726). Die Verpflichtung zum Schutz vor erkennbaren Gefahren findet ihre Grenze in der Zumutbarkeit ihrer Abwehr (RS0023397). Der konkrete Inhalt einer Verkehrssicherungspflicht hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab (RS0110202; RS0111380).

[6] Eine im Rahmen der Behandlung einer außerordentlichen Revision aufzugreifende krasse Fehlbeurteilung der Frage des Umfangs der Verkehrssicherungspflichten durch das Berufungsgericht liegt nicht vor. Die Straße entsprach dem Stand der Technik, war im Bereich der späteren Unfallstelle „optimal angelegt“ und wies weder Setzungen noch gefährliche Abbruchstellen auf. Da auch ohne das Einschlagen von Holzpflöcken keine Gefahr des Abrutschens, Abbrechens oder Nachgebens bestand und mehrere Personen die Unfallstelle zuvor mit LKW und Bagger vielfach und problemlos befahren hatten, ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte nicht zur Absicherung der ohnehin deutlich sichtbar befestigten geschotterten Fahrbahn durch das Einschlagen von Holzpflöcken verpflichtet gewesen sei, insgesamt nicht korrekturbedürftig.

[7] Wenn der Kläger eine besondere Gefährlichkeit des Rückwärtsfahrens releviert, ist ihm zu entgegnen, dass er unzulässiger Weise isoliert auf die Anlieferung des Schotters abstellt und dabei die erforderliche Rückfahrt ausblendet. Im Hinblick auf den gesamten Arbeitsvorgang zeigt er damit keine potenziell weniger gefahrenträchtige alternative Methode auf, mit Hilfe derer der Transport des Schotters erfolgen hätte können.

[8] Soweit er argumentiert, dass die „einschlägigen Vorschriften des Wegebaus“ nicht eingehalten worden seien, entfernt sich der Kläger vom festgestellten Sachverhalt.

[9] 3. Die in der Revision zitierten Entscheidungen 2 Ob 16/16s und 9 ObA 245/94 betreffen nicht vergleichbare Sachverhalte. Schon aus diesem Grund vermag der Kläger kein Abweichen des Berufungsgerichts von höchstgerichtlicher Rechtsprechung aufzuzeigen.

[10] 4. Insgesamt war die außerordentliche Revision damit zurückzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte