OGH 8Ob79/23k

OGH8Ob79/23k29.8.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Mag. Korn sowie die Hofräte Dr. Stefula und Dr. Thunhart als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B* GmbH in liqu., *, vertreten durch Graf Isola Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei D*, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens AZ 61 C 114/12k des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 17. November 2022, GZ 39 R 189/22s‑20.3, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0080OB00079.23K.0829.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat ihre Kosten der Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen (§§ 521a iVm 508a Abs 2 ZPO).

 

Begründung:

[1] Die Klägerin begehrt die Wiederaufnahme eines Verfahrens, in dem sie nach Ablauf der vereinbarten Dauer zur Räumung einer für gewerbliche Zwecke befristet in Bestand gegebenen Liegenschaft verpflichtet wurde. Sie macht geltend, dass das Urteil im Vorprozess auf den bewusst falschen Aussagen zweier Zeugen gründe. In einem späteren Verfahren hätten die beiden in ihrer Zeugenaussage teilweise andere Angaben getätigt als im wiederaufzunehmenden Verfahren. Wäre der Inhalt ihrer späteren Aussagen damals bekannt gewesen, wäre er geeignet gewesen, eine andere Entscheidung im wiederaufzunehmenden Verfahren herbeizuführen.

[2] Das Erstgericht wies die Wiederaufnahmsklage gemäß § 538 ZPO als zur Bestimmung einer Verhandlungstagsatzung ungeeignet zurück.

[3] Das Rekursgericht gab dem Rechtsmittel der Wiederaufnahmsklägerin keine Folge und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu. Die von der Klägerin reklamierten neuen Zeugenaussagen wären für den Ausgang des wiederaufzunehmenden Verfahrens irrelevant.

Rechtliche Beurteilung

[4] Der dagegen erhobene außerordentliche Revisionsrekurs der Wiederaufnahmsklägerin ist mangels Darlegung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

[5] Gemäß § 530 Abs 1 Z 7 ZPO kann ein Verfahren, das durch eine die Sache erledigende Entscheidung abgeschlossen worden ist, auf Antrag einer Partei wieder aufgenommen werden, wenn die Partei in Kenntnis von neuen Tatsachen gelangt oder Beweismittel auffindet oder zu benützen in den Stand gesetzt wird, deren Vorbringen und Benützung im früheren Verfahren eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde.

[6] Die Wiederaufnahmsklage ist zurückzuweisen, wenn sich aus dem Klagevorbringen selbst ergibt, dass die vorgebrachten Tatsachen oder die aus den neuen Beweismitteln abzuleitenden Tatsachen sogar dann, wenn man sie als richtig unterstellt, zu keiner Änderung der (früheren) Entscheidung führen (RIS‑Justiz RS0044631; RS0044411 [T15, T22]; vgl RS0044504). Dies muss allerdings bereits aus den Klagebehauptungen ersichtlich sein (RS0044411 [T15]).

[7] Die Vorinstanzen haben die Voraussetzungen für die Zurückweisung der Wiederaufnahmsklage nach diesen Grundsätzen ohne einen vom Obersten Gerichtshof iSd § 528 Abs 1 ZPO wahrzunehmenden Rechtsirrtum bejaht. Schon nach dem Klagsvorbringen steht der Inhalt der neuen Zeugenaussagen einerseits nicht konkret mit den Feststellungen im aufzunehmenden Verfahren in Widerspruch („Fruchtgenussrecht“), andererseits ist er für die Entscheidung als solche irrelevant (behauptetermaßen unwirksame Fristerstreckung, die aber rechtlich lediglich zum früheren Ablauf der Frist geführt hätte).

[8] Mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO ist der Revisionsrekurs daher ohne weitere Begründung zurückzuweisen.

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