OGH 2Nc60/23f

OGH2Nc60/23f16.8.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Nowotny, Hon.‑Prof. PD Dr. Rassi, MMag. Sloboda und Dr. Kikinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*, gegen die beklagte Partei N*, wegen Aufhebung eines Schiedsspruchs, aufgrund des Ablehnungsantrags der klagenden Partei den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0020NC00060.23F.0816.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Ablehnungsantrag wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Mit Beschluss vom 20. 12. 2019 bestellte der Oberste Gerichtshof Univ.‑Prof. Dr. S* über Antrag der nunmehr Beklagten zum Schiedsrichter (18 ONc 3/19i).

[2] Die Klägerin lehnt im zwischenzeitlich eingeleiteten Verfahren über die Aufhebung des in der Folge ergangenen Schiedsspruchs (18 OCg 1/23f) drei Richter ab, die an der Beschlussfassung vom 20. 12. 2019 beteiligt waren. Diese seien nicht frei von Zweifeln an der Unbefangenheit. Da die abgelehnten Richter Univ.‑Prof. Dr. S* zum Schiedsrichter bestellt hätten, könnten sie nicht unvoreingenommen über die Aufhebungsklage entscheiden.

[3] Die abgelehnten Richter erachten sich nicht als befangen.

Rechtliche Beurteilung

[4] Die Befangenheitsanzeige ist nicht begründet.

[5] 1. Ein zureichender Grund, die Unbefangenheit eines Richters iSv § 19 Z 2 JN in Zweifel zu ziehen, liegt nach ständiger Rechtsprechung zwar schon dann vor, wenn bei objektiver Betrachtungsweise der äußere Anschein der Voreingenommenheit – also der Hemmung einer unparteiischen Entschließung durch unsachliche Motive (RS0045975) – entstehen könnte (RS0046052 [T2, T10]; RS0045949 [T2, T6]), dies auch dann, wenn der Richter tatsächlich (subjektiv) unbefangen sein sollte (RS0045949 [T5]). Dabei ist zur Wahrung des Vertrauens in die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Rechtsprechung ein strenger Maßstab anzuwenden (vgl RS0045949). Zu beachten ist jedoch, dass die Vermutung für die Unparteilichkeit des Richters spricht, solange nicht Sachverhalte dargetan werden, die das Gegenteil annehmen lassen (RS0046129 [T1, T2]).

[6] 2. Den Ablehnungsantrag begründet die Klägerin ausschließlich damit, dass die abgelehnten Richter über eine Aufhebungsklage gegen einen Schiedsspruch zu erkennen hätten, an dessen Erlassung (unter anderem) ein von ihnen bestimmter Schiedsrichter mitgewirkt habe. Diese Ausführungen begründen jedoch keine Zweifel an der Unparteilichkeit der abgelehnten Richter. Die auf eine Untätigkeit der nunmehrigen Klägerin zurückzuführende Bestellung eines Schiedsrichters durch das Gericht (hier nach § 587 Abs 2 Z 4 ZPO) führt nicht dazu, dass die an dieser Beschlussfassung beteiligten Richter nicht mehr unvoreingenommen an der Entscheidung über eine in der Folge eingebrachte, gegen den Schiedsspruch gerichtete Aufhebungsklage (§ 615 ZPO) mitwirken könnten (vgl Ballon in Fasching/Konecny I³ § 19 JN Rz 10).

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