OGH 1Ob100/23x

OGH1Ob100/23x13.7.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely‑Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin K*, vertreten durch Dr. Ernst Ortenburger, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Antragsgegner Dr. G*, Rechtsanwalt, *, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 11. April 2023, GZ 45 R 60/23s‑12, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0010OB00100.23X.0713.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Der Antragsgegner beantragte, das Aufteilungsverfahren auf die Frage der wirksamen Vertretung der Antragstellerin durch den für diese einschreitenden Rechtsanwalt einzuschränken, weil dessen Mandatierung nichtig sei.

[2] Das Erstgericht wies diesen Antrag ab.

[3] Das Rekursgericht wies den dagegen erhobenen Rekurs des Antragsgegners mit der Begründung zurück, dass ein verfahrensleitender Beschluss vorliege, der nicht abgesondert anfechtbar sei.

[4] Gegen diese Entscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragsgegners, der in erster Linie darauf abzielt, dass das Verfahren auf die Frage der unwirksamen „Vertretung und Mandatierung“ des Antragstellervertreters eingeschränkt werde.

Rechtliche Beurteilung

[5] Alle Beschlüsse, die im Rahmen des Rekursverfahrens ergehen, auch solche auf Zurückweisung eines Rekurses durch das Rekursgericht aus formalen Gründen, sind unter den Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG anfechtbar (RS0120565; RS0120974). Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG zeigt das Rechtsmittel des Antragsgegners jedoch nicht auf, weshalb es nicht zulässig ist.

[6] 1. Gemäß § 45 Satz 2 AußStrG sind verfahrensleitende Beschlüsse, soweit nicht ihre selbständige Anfechtung angeordnet ist, nur mit dem Rekurs gegen die Entscheidung über die (Haupt‑)Sache anfechtbar (RS0120910). Verfahrensleitende Beschlüsse dienen der zweckmäßigen Gestaltung des Verfahrens, insbesondere des Beweisverfahrens, und haben kein vom Verfahren losgelöstes Eigenleben; das Gericht ist jederzeit in der Lage, sie abzuändern und einer geänderten Situation anzupassen (RS0120910 [T19]). Selbständig anfechtbar sind verfahrensleitende gerichtliche Verfügungen nur dann, wenn sie mit nachteiligen Rechtsfolgen verbunden sind und damit die Rechtsstellung der Partei unmittelbar gefährdet wird (RS0006284 [insb T11]).

[7] 2. Der Rechtsmittelwerber wendet sich nicht gegen die Beurteilung des Rekursgerichts, dass das Erstgericht inhaltlich nicht über die Vertretungsbefugnis des Antragstellervertreters entschieden habe. Im Gegenteil rügt er, das Erstgericht habe „durch die rechtswidrig unterlassene Prüfung der Gültigkeit“ der Mandatierung des für die Antragstellerin einschreitenden Rechtsanwalts „auf die massivste Weise“ in seine Rechtssphäre eingegriffen.

[8] Davon ausgehend, dass das Erstgericht bloß die Einschränkung des Verfahrens auf die Frage der Vertretungsmacht des Antragstellervertreters abgelehnt hat, ist aber ein Eingriff in die Rechtsstellung des Antragsgegners in keiner Weise ersichtlich. Sämtliche Argumente des Rechtsmittelwerbers zielen auf eine inhaltliche Entscheidung über die Vertetungsmacht ab, die er jedenfalls mit dem konkret gestellten – lediglich den Verfahrensablauf betreffenden – Antrag nicht erzwingen kann, wohl aber etwa durch den Antrag auf Zurückweisung der Eingaben des Antragstellervertreters erreichen könnte. Seine Behauptung, sein Recht auf ein faires Verfahren nach Art 6 EMRK würde durch die Entscheidungen der Vorinstanzen verletzt, geht schon aus diesem Grund fehl. Daran ändert nichts, dass das Rekursgericht im Anschluss an die Zurückweisung des Rekurses aus formalen Gründen obiter („der Vollständigkeit halber“) inhaltliche Rechtsausführungen zur Dopppelvertretung getätigt hat, weil nach seiner unbekämpft gebliebenen Ansicht das Erstgericht ja gerade keine Entscheidung über die Vertretungsmacht des Antragstellervertreters getroffen hat, die meritorisch hätte überprüft werden können (vgl RS0044232).

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