OGH 1Ob91/23y

OGH1Ob91/23y27.6.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofrätin und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely‑Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei N*, vertreten durch die Gottgeisl Leinsmer Weber Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei T* Limited, *, vertreten durch die Brandl Talos Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 33.549,74 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 16.488,86 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 12. April 2023, GZ 11 R 7/23p‑18, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0010OB00091.23Y.0627.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Beklagte verfügte jedenfalls in dem für dieses Verfahren relevanten Zeitraum über keine Konzession nach dem österreichischen Glücksspielgesetz. Dennoch bot sie auf ihrer Website auch in Österreich die Teilnahme an verschiedenen Glücksspielen an. Der Kläger nahm im Zeitraum von 7. 1. 2008 bis 5. 12. 2021 ua bei Online‑Pokerspielen teil und verlor dabei insgesamt 16.488,86 EUR.

[2] Die Vorinstanzen gaben dem vom Kläger erhobenen Begehren auf Ersatz seiner Spielverluste mit insgesamt 30.790,09 EUR sA statt.

[3] In ihrer – nur gegen den Zuspruch von 16.488,86 EUR gerichteten – außerordentlichen Revision gelingt es der Beklagten nicht, eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen:

Rechtliche Beurteilung

[4] 1. Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung 6 Ob 229/21a und zahlreichen Folgeentscheidungen (zuletzt etwa 3 Ob 27/22z mwN) die Passivlegitimation der (auch hier) Beklagten bejaht, weil sie die Empfängerin der Leistungen des Klägers war. Schon durch die Einzahlung auf ihr Konto komme es zu einer bewussten und zweckgerichteten Vermögensverschiebung zu ihren Gunsten auf Grundlage der (unwirksamen) vertraglichen Vereinbarung zwischen ihr und dem Nutzer. Die Rolle der Beklagten gehe zudem auch insofern über jene einer bloßen „Abwicklungstreuhänderin“ hinaus, als ein Nutzer, um überhaupt an den von der Beklagten angebotenen Online-Glücksspielen – nicht bloß am Poker – teilnehmen zu können, zuvor eine Einzahlung auf ein Konto der Beklagten tätigen müsse, woraufhin ihm von der Beklagten ein entsprechendes „Spielguthaben“ eingeräumt werde. Nur in dessen Umfang könne er sich mit Einsätzen an den Spielen beteiligen. Die in der Entscheidung 6 Ob 118/12i angestellten Überlegungen zur (bereicherungsrechtlichen) Passivlegitimation von Lokalbetreibern, die lediglich einen Raum für Glücksspielautomaten oder Kartenspiele zur Verfügung stellten, seien mangels Vergleichbarkeit der zugrunde liegenden Sachverhalte nicht übertragbar.

[5] 2. Diese Erwägungen sind mit den Vorinstanzen dem (wiederholten) Einwand der Revisionswerberin entgegen zu halten, sie sei gar nicht passiv legitimiert.

[6] 3. Der Ansicht der Beklagten, die Entscheidung 6 Ob 229/21a stehe im Widerspruch zur Entscheidung 3 Ob 44/22z, derzufolge der zwischen Spieler und Anbieter abgeschlossene Rahmenvertrag bei einem Betreiberwechsel von Altpartei auf Neupartei übergehe, was nach ihrer Meinung die Wirksamkeit dieses Rahmenvertrags voraussetze, liegt ein Missverständnis zugrunde. Bereits zu 2 Ob 20/22p und 9 Ob 10/22v hat der Oberste Gerichtshof erläutert, dass es in der wie zu 3 Ob 44/22z entschiedenen Konstellation nicht um die Frage geht, ob ein nichtiger Vertrag übertragen wurde oder werden konnte, sondern darum, ob die daraus resultierenden Kondiktionsansprüche der dortigen Klägerin aufgrund der abgegebenen Erklärung von der Beklagten als Schuldnerin übernommen werden sollten. Der behauptete Widerspruch besteht daher nicht. Fragen der Vertragsübernahme im Zuge eines Betreiberwechsels stellen sich hier nicht.

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