OGH 2Nc47/23v

OGH2Nc47/23v13.6.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Nowotny, Hon.‑Prof. PD Dr. Rassi, MMag. Sloboda und Dr. Kikinger als weitere Richter in der beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz anhängigen Verfahrenshilfesache des Antragstellers K* R*, über die Ausgeschlossenheitsanzeige der * im Verfahren zu AZ * den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0020NC00047.23V.0613.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die* ist als Mitglied des * Senats im Verfahren AZ * ausgeschlossen.

 

Begründung:

[1] Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz wies einen Verfahrenshilfeantrag des Antragstellers zur Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien ab.

[2] Das Oberlandesgericht Graz legt einen im Zuge des bei ihm anhängigen Rekursverfahrens vom Antragsteller gestellten Fristsetzungsantrag dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor, für dessen Behandlung der * Senat zuständig ist.

[3] * ist Mitglied dieses Senats. Sie zeigt ihre Ausgeschlossenheit gemäß § 20 Abs 1 Z 2 JN, in eventu den äußeren Anschein ihrer Befangenheit an, weil ihr Ehemann an der Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien mitgewirkt habe.

Rechtliche Beurteilung

[4] Die Ausgeschlossenheitsanzeige ist begründet:

[5] 1. Nach § 20 Abs 1 JN sind Richter in der Ausübung des Richteramts in bürgerlichen Rechtssachen ausgeschlossen:

Z 1: in Sachen, in welchen sie selbst Partei sind, oder in Ansehung deren sie zu einer der Parteien in dem Verhältnis eines [...] Regresspflichtigen stehen;

Z 2: in Sachen ihrer Ehegatten […].

[6] 2. Im Fall einer erfolgreichen Amtshaftungsklage kann der Schadenersatz leistende Rechtsträger gemäß § 3 Abs 1 AHG vom handelnden Organ unter bestimmten Voraussetzungen Rückersatz verlangen. Dem Ehemannvon* kommt daher grundsätzlich die Stellung eines potentiell Regresspflichtigen zu.

[7] 3. Im Sinn des § 20 Abs 1 Z 1 JN wird zwischen der Stellung als Verfahrenspartei und jener als Regresspflichtiger wertungsmäßig kein Unterschied gemacht. Das Naheverhältnis eines Richters zu einem Regresspflichtigen kann daher nicht nur Befangenheit begründen (vgl 8 Nc 2/16k; 2 Nc 5/21i), sondern bei Vorliegen der in § 20 Abs 1 Z 2 JN genannten Verhältnisse auch zur Ausgeschlossenheit führen. Das Eheverhältnis von * zum potentiell Regresspflichtigen bewirkt daher ihre Ausgeschlossenheit gemäß § 20 Abs 1 Z 2 JN, weil eine Sache ihres Ehegatten vorliegt.

[8] 4. Dies gilt aufgrund des unmittelbaren Zusammenhangs zwischen Verfahrenshilfe- und Hauptverfahren auch im Verfahrenshilfestadium für die Führung eines Amtshaftungsverfahrens (vgl zur Geltendmachung des Ablehnungsrechts: RS0046078 [T1]) und eines im Zuge dessen anhängig gewordenen Fristsetzungsverfahrens.

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