OGH 23Ns3/23b

OGH23Ns3/23b8.5.2023

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 8. Mai 2023 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, die Präsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Lovrek als weitere Richterin sowie die Rechtsanwälte Mag. Dorn und Dr. Mitterlehner als Anwaltsrichter in der Disziplinarsache gegen *, Rechtsanwalt in *, AZ D 16/23 des Disziplinarrats der * Rechtsanwaltskammer, über den Antrag des Kammeranwalts auf Übertragung der Durchführung des Disziplinarverfahrens an einen anderen Disziplinarrat nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo 2019) den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0230NS00003.23B.0508.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Standes- und Disziplinarrecht der Anwälte

 

Spruch:

Die Durchführung des Disziplinarverfahrens wird dem Disziplinarrat der Salzburger Rechtsanwaltskammer übertragen.

 

Gründe:

[1] Gegen den als Kammeranwalt-Stellvertreter des Disziplinarrats der * Rechtsanwaltskammer tätigen Beschuldigten wurden Anzeigen wegen des Vorwurfs eines Disziplinarvergehens erstattet. Der zuständige Kammeranwalt beantragte „die Einleitung eines Disziplinarverfahrens“ und die Bestellung eines Untersuchungskommissärs nach § 22 Abs 3 DSt. Unter einem begehrte er die Delegierung des Verfahrens an den Disziplinarrat einer anderen Rechtsanwaltskammer wegen Befangenheit der Mitglieder des örtlich zuständigen Disziplinarrats (§ 25 Abs 1 erster Fall DSt) sowie aus anderem wichtigem Grund iSd § 25 Abs 1 zweiter Fall DSt.

Rechtliche Beurteilung

[2]  Gemäß § 25 Abs 1 erster Satz DSt kann die Durchführung des Disziplinarverfahrens wegen Befangenheit der Mitglieder des Disziplinarrats oder aus anderen wichtigen Gründen auf Antrag des Beschuldigten, des Kammeranwalts oder des Disziplinarrats selbst einem anderen Disziplinarrat übertragen werden.

[3] Wenngleich das Disziplinarverfahren erst ab der Bestellung eines Untersuchungskommissärs (§ 22 Abs 3 DSt) anhängig ist, wendet die Judikatur § 25 Abs 1 DSt auch auf das einem allfälligen Disziplinarverfahren vorgelagerte Verfahren zur dem Disziplinarrat durch seinen Präsidenten oder einen Senat obliegenden (§ 27 Abs 1, § 29 DSt) Entscheidungsfindung über einen Verfolgungsantrag des Kammeranwalts nach § 22 Abs 3 DSt an (RIS‑Justiz RS0119913 [T1 und T3]; 22 Ns 1/22z mwN).

[4] Aufgrund der aktuellen Stellung des Angezeigten als Kammeranwalt-Stellvertreter des Disziplinarrats der * Rechtsanwaltskammer liegt der Delegierungsgrund nach § 25 Abs 1 zweiter Fall DSt vor, der zur Vermeidung des Anscheins einer Parteilichkeit der Entscheidungsträger eine Übertragung des Verfahrens an einen anderen Disziplinarrat notwendig macht (vgl RIS‑Justiz RS0055477 [insb T23]).

[5] Dem Antrag war daher Folge zu geben, wobei die Sache an den Disziplinarrat der Salzburger Rechtsanwaltskammer delegiert wird.

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