European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:008OBA00022.23B.0421.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Arbeitsrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] Der Zweck des § 2d AVRAG liegt darin, für den Arbeitnehmer Transparenz über die Bedingungen für den Rückersatz der Kosten seiner Ausbildung zu schaffen. Ihm soll ersichtlich sein, auf welche Verpflichtungen er sich künftig einlässt, weil er nur so die finanzielle Tragweite der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses in jenem Zeitraum ermessen kann, für den eine Kostentragungspflicht vereinbart wurde (9 ObA 124/19d; 8 ObA 92/11d; 9 ObA 97/22p ua).
[2] Die herrschende einhellige Rechtsprechung geht dabei davon aus, dass dem Gesetzeszweck entsprechend nur eine vor der Ausbildung abgeschlossene Vereinbarung dem Arbeitnehmer eine selbstbestimmte Entscheidung sichert, sich auf eine Ausbildung einzulassen, die unter bestimmten Umständen zu einem Ausbildungskostenrückersatz führen kann (9 ObA 85/21x mwN; 9 ObA 97/22p ua).
[3] Neue überzeugende Argumente, die den Senat zu einem Abgehen von der bisherigen Rechtsprechung veranlassen könnten, zeigt die außerordentliche Revision nicht auf.
[4] Im Anlassfall steht fest, dass die Klägerin mit der Beklagten vor Abschluss des Dienstvertrags und Dienstantritts keine Vereinbarung über die Verpflichtung zum Ersatz der Kosten der vorgesehenen berufsbegleitenden Ausbildung getroffen hat. Es steht auch nicht fest, dass sie vor Unterfertigung der ihr erst nach Beginn des Studiensemesters erstmals vorgelegten Vereinbarung zumindest ein Bewusstsein hatte, dass es eine Verpflichtung zum Ausbildungskostenersatz geben könnte. Sie hätte außerdem eine andere Möglichkeit gehabt, eine gleichartige Ausbildung zu absolvieren, wobei dann außer Materialkosten keine Kosten angefallen wären. Die Beklagte war bei Dienstantritt bei der Klägerin der Ansicht, dass alles hinsichtlich der Ausbildung und der Tätigkeit schon geregelt sei, und dass die Kosten durch die Bezahlung der Studiengebühren und eine beantragte AMS‑Förderung abgedeckt wären.
[5] Die Vorinstanzen haben diesen Sachverhalt ohne einen im Einzelfall aufzugreifenden Rechtsirrtum unter die vorangeführten Rechtssätze subsumiert. Die Unkenntnis einer möglichen Kostenersatzpflicht war auch geeignet, eine auf transparenter Grundlage getroffene Entscheidung der Beklagten zwischen dem Dienstverhältnis zur Klägerin und dem anderen möglichen Ausbildungsweg zu verhindern.
[6] Der Umstand, dass den Entscheidungen, in denen der maßgebliche Rechtsgrundsatz formuliert und fortgeschrieben wurde (vgl die Kette zu RS0127499) auch nicht einschlägige Sachverhalte zugrunde lagen, vermag an der grundsätzlichen, am Regelungszweck orientierten Aussage nichts zu ändern.
[7] Mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.
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