OGH 1Nc30/23m

OGH1Nc30/23m19.4.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie den Hofrat und die Hofrätin Mag. Wurzer und Mag. Wessely‑Kristöfel als weitere Richter in der Verfahrenshilfesache des Antragstellers K*, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0010NC00030.23M.0419.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Amtshaftungsklage wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Der Antragsteller beantragte am 7. 4. 2023 direkt beim Obersten Gerichtshof die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung von Amtshaftungsansprüchen, die er aus dem Prozessverlust in einem im Sprengel des Oberlandesgerichts Linz geführten Anlassverfahren und damit in Zusammenhang stehenden Folgeverfahren – insbesondere ein Rechtsmittelverfahren vor dem Oberlandesgericht Graz – ableitet, in denen ihm die jeweils zuständigen Gerichte Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Amtshaftungsklage in Bezug auf das Anlassverfahren nicht bewilligt haben.

Rechtliche Beurteilung

[2] Dieser Antrag ist mangels Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs zurückzuweisen.

[3] Gemäß § 65 ZPO ist die Verfahrenshilfe beim Prozessgericht erster Instanz schriftlich oder zu Protokoll zu beantragen.

[4] § 9 Abs 1 AHG ordnet an, dass zur Entscheidung über die Amtshaftungsklage des Geschädigten gegen den Rechtsträger in erster Instanz das Landesgericht ausschließlich zuständig ist, in dessen Sprengel die Rechtsverletzung begangen wurde.

[5] Ein an ein unzuständiges Gericht – auch an den Obersten Gerichtshof – gerichteter Verfahrenshilfeantrag ist grundsätzlich in sinngemäßer Anwendung des § 44 JN dem zuständigen Gericht zu übermitteln (RS0131152).

[6] Diese Vorgangsweise kommt hier aber nicht in Betracht, weil der Antragsteller die Verfahrenshilfesache ausdrücklich vor den Obersten Gerichtshof bringen will. Er verweist zu diesem Zweck auf die Entscheidung 1 Ob 164/02b, wonach der Rechtsmittelausschluss des § 528 Abs 2 Z 4 ZPO kein Hindernis dafür ist, eine Schadenersatz anstrebende Amtshaftungsklage – unter den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO – vor den Obersten Gerichtshof zu bringen, wenngleich „lediglich“ Fragen der Verfahrenshilfe zu klären sind.

[7] Diese Entscheidung schafft entgegen der Meinung des Antragstellers allerdings keine Grundlage für eine erstinstanzliche Entscheidung des Obersten Gerichtshofs über einen Verfahrenshilfeantrag zur Einbringung einer Amtshaftungsklage, sondern stellt nur klar, dass in einem Amtshaftungsverfahren bei Vorliegen der Voraussetzungen (§ 502 Abs 1 ZPO) der Oberste Gerichtshof angerufen werden kann, auch wenn das der Klage zugrunde liegende Anlassverfahren ein Verfahrenshilfeverfahren war.

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