European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0050OB00010.23S.0330.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Grundbuchsrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 126 Abs 2 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
[1] 1. Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist (nur) die Frage, ob an einem Objekt, das im Wohnungseigentumsvertrag als „Geschäft Fernwärme top 5“ bezeichnet ist, Wohnungseigentum begründet werden kann. Das Rekursgericht verneinte dies mit der Begründung, dass dieses Objekt aufgrund des erstinstanzlichen Vorbringens in Verbindung mit den vorgelegten Urkunden als (gewöhnliche) Heizungsanlage und damit als notwendig allgemeiner Teil der Liegenschaft iSd § 2 Abs 4 WEG zu qualifizieren sei. Dass es sich dabei – wie die Antragsteller in ihrem Rekurs behaupteten – um eine Fernwärmeproduktionsanlage handle, die nicht nur die in der Wohnungseigentumsanlage gelegenen Wohnungen, sondern auch mehrere in der Nachbarschaft gelegenen Häuser mit Fernwärme beliefere, ergebe sich aus dem vom Erstgericht zu beurteilenden Antrag samt den diesem beigeschlossenen Urkunden nicht.
[2] 2. Das Grundbuchgericht hat das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen und darf die Eintragung (unter anderem) nur dann bewilligen, wenn das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheint (§ 94 Abs 1 Z 3 GBG). Das Grundbuchsgesuch kann daher nur dann bewilligt werden, wenn der Urkundeninhalt nicht nur in formeller Beziehung unbedenklich erscheint, sondern auch in materiell-rechtlicher Hinsicht frei von Zweifel ist (RS0060878). Dem Grundbuchsgericht ist verwehrt, eine undeutliche und zu begründetem Zweifel Anlass gebende Urkunde auszulegen. Durch den Inhalt der Urkunde erweckte und nicht restlos beseitigte Zweifel haben vielmehr zur Abweisung des Grundbuchsgesuchs zu führen (RS0060573).
[3] Ob die dem Grundbuchsgesuch angeschlossenen Urkunden iSd § 94 Abs 1 Z 3 GBG zu Zweifeln Anlass geben, ist eine Frage des Einzelfalls, die nur dann eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG begründet, wenn dem Rekursgericht eine aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung unterlaufen ist (RS0060573 [T18]; RS0060878 [T55]).
Rechtliche Beurteilung
[4] 3. Eine solche Fehlbeurteilung zeigt der Revisionsrekurs nicht auf. Die Antragsteller gestehen ausdrücklich zu, dass eine nur die Wohnungseigentumsanlage versorgende Zentralheizung samt Heizraum ein notwendig allgemeiner Teil der Liegenschaft ist, an dem Wohnungseigentum nicht begründet werden kann (§ 3 Abs 3 WEG). Sie stehen aber auf dem Standpunkt, dass dies für eine in einer an sich wohnungseigentumstauglichen Räumlichkeit betriebene Fernwärmeproduktionsanlage, die nicht nur die in der Wohnungseigentumsanlage gelegenen Wohnungen, sondern auch Nachbarliegenschaften mit Fernwärme beliefert, nicht gelte und sich die Tatsache, dass es sich bei dem „Geschäft Fernwärme top 5“ um eine solche Fernwärmeproduktionsanlage handle, aus dem Wohnungseigentumsvertrag und dem Nutzwertgutachten samt dem diesem angeschlossenen Plan eindeutig ergebe.
[5] Das Rekursgericht wies zutreffend darauf hin, dass aus dem Wohnungseigentumsvertrag in Bezug auf das als „Geschäft Fernwärme top 5“ bezeichnete Objekt (im gegebenen Zusammenhang) lediglich noch der Umstand hervorgeht, dass diese „zentrale Fernwärmeheizungsanlage top 5“ vereinbarungsgemäß der Beheizung und Warmwasseraufbereitung der Wohnhausanlage dient. In dem diesem Wohnungseigentumsvertrag zugrunde liegenden Nutzwertgutachten findet sich in der Beschreibung des Gebäudes der Hinweis, dass es ein Kellergeschoß mit einer „eigenständigen Fernwärme-Heizanlage“ gebe, die als eigenes WE-Objekt behandelt werde. Dieses Objekt wird dann dort als „Fernwärme“ bezeichnet. Auch die Bestätigung nach § 6 WEG weist eine „Fernwärme Heizungsanlage“ als wohnungseigentumstaugliches Objekt aus. In Anbetracht dessen kann das von den Antragstellern gewünschte Ergebnis weder aus dem Wortlaut der vorgelegten Urkunden noch aus daraus abgeleiteten, unmittelbar logischen Schlussfolgerungen zweifelsfrei erzielt werden. Überlegungen zur Bedeutung des Begriffs „Fernwärme“ nach dem allgemeinen Sprachgebrauch und Rückschlüsse aus der Tatsache, dass die Vertragsparteien und der das Nutzwertgutachten erstellende Sachverständige die Anlage als wohnungseigentumstauglich beurteilt haben, können die nach dem Inhalt der Urkunden bestehenden Zweifel jedenfalls nicht restlos beseitigen. Die Bedachtnahme auf außerhalb des Urkundenbeweises liegende Tatsachen kommt nicht in Betracht (5 Ob 48/21a).
[6] 4. Da das Rekursgericht den urkundlichen Nachweis des Vorliegens einer in einer selbständigen Räumlichkeit errichteten Fernwärmeproduktionsanlage ohne korrekturbedürftige Fehlbeurteilung verneint hat, ist die Frage der Wohnungseigentumstauglichkeit einer solchen Anlage (vgl 5 Ob 74/18w) hier nur von theoretischer Bedeutung. Weitere Abweisungsgründe müssen nicht geprüft werden, weil das Grundbuchsgesuch mit den vorgelegten Urkunden nicht wiederholt werden kann (RS0060544) und die Beantwortung abstrakter Rechtsfragen nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofs ist (RS0111271 [T2]; vgl RS0088931).
[7] 5. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)