OGH 9ObA82/22g

OGH9ObA82/22g23.3.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als Vorsitzende, den Hofrat Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin Mag. Korn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald Fuchs (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. phil. Dr. iur. Robert Toder (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. P*, vertreten durch Gabler Ortner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei D*, vertreten durch Pelzmann Gall Größ Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses (Streitwert 240.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 28. April 2022, GZ 7 Ra 103/21z‑77, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 22. April 2021, GZ 12 Cga 17/17g‑73, nicht Folge gegeben wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:009OBA00082.22G.0323.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Arbeitsrecht

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.747,70 EUR (darin enthalten 457,95 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 Satz 4 ZPO).

[2] 2. Hat es der Revisionswerber unterlassen, darzulegen, aus welchen Gründen die rechtliche Beurteilung der Sache unrichtig erscheint, ist damit die Rechtsrüge, die sich auf die bloße und nicht weiter ausgeführte Behauptung beschränkt, das Berufungsgericht habe die Sache rechtlich unrichtig beurteilt, nicht gesetzmäßig ausgeführt (RS0043605). Eine nicht gesetzmäßige Ausführung liegt etwa dann vor, wenn sich der Rechtsmittelwerber mit den Argumenten des Berufungsgerichts gar nicht auseinandersetzt (vgl RS0043603 [T9]), allgemein die Unrichtigkeit der vorinstanzlichen rechtlichen Beurteilung behauptet, ohne dies zu konkretisieren (vgl RS0041719 [T4]) oder die Revision sich mit dem bloßen Aufstellen von Rechtsbehauptungen begnügt (vgl RS0043603 [T6]).

[3] 3. Dies trifft auf die vorliegende Revision zu. Der Kläger setzt sich nicht mit den umfangreichen rechtlichen Argumenten des Berufungsgericht auseinander, sondern sieht die erhebliche Rechtsfrage darin, dass das Ergebnis des Berufungsgerichts „äußerst unbefriedigend wäre“, dadurch „eine unhaltbare Situation vorliegen würde“, der Kläger „faktisch zwischen den Stühlen sitzen würde“, „eine konkrete Absicht zur Umgehung faktisch niemals nachweisbar sein werde“ und ein Festhalten am Territorialitätsprinzip „in der heutigen elektronisch vernetzten Welt immer weniger Sinn mache“, es sei Aufgabe der Rechtsprechung, die „rein örtliche Anbindung kritisch und differenziert“ zu sehen.

[4] 4. Das Berufungsgericht ist mit eingehender Begründung davon ausgegangen, dass aufgrund der Rechtswahl der Parteien, aber auch nach dem (unstrittig anwendbaren) Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht (EVÜ) das Dienstverhältnis nach österreichischem Recht zu beurteilen ist. Damit werde dem Kläger aber durch die Rechtswahl kein Schutz entzogen, der ihm durch die zwingenden Bestimmungen des Rechts gewährt werde, das mangels einer Rechtswahl anzuwenden wäre. Aus demselben Grund wurde eine Umgehung verneint.

[5] Ebenso hat es darauf hingewiesen, dass nicht die – gewünschten oder „befriedigend“ erscheinenden – Rechtsfolgen das anzuwendende Recht bestimmen, sondern vielmehr das nach der EVÜ anzuwendende Recht die auf das Rechtsverhältnis anwendbaren Rechtsnormen bedingt.

[6] 5. Der Kläger geht darauf nicht ein, sondern fordert eine Zurechnung zur in Deutschland gelegenen Zentrale, weil hier eine engere Nahebeziehung bestünde. Dabei übergeht er allerdings wesentliche Feststellungen. Nach diesen hatte der Kläger, der immer in Österreich lebte und hier seine Tätigkeit entfaltete, die Aufgabe, den Absatz der Beklagten im Bereich Investmentfonds zu steigern, wobei seine Arbeitskraft zu etwa 80 % auf österreichische Kunden fokussiert war. Daneben betreute er Kunden in Ungarn und Slowenien. Eine demgegenüber überwiegende Nahebeziehung zu Deutschland ist auch aus der elektronischen Vernetzung mit der hierarchisch übergeordneten Zentrale in Deutschland nicht ableitbar.

[7] Darüber hinaus lässt der Kläger aber auch völlig offen, welche Rechtsfolgen er aus der Anwendbarkeit deutschen Rechts ableiten möchte.

[8] 6. Zur Frage, ob von einem Betrieb im Sinn des ArbVG auszugehen ist, beschränken sich die Ausführungen der Revision – ebenfalls ohne Eingehen auf die Argumentation des Berufungsgerichts – darauf, dass eine andere Auffassung „unangemessen“ wäre. Auch in diesem Punkt liegt daher keine gesetzmäßige Ausführung der Revision vor.

[9] 7. Die Revision ist daher zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

[10] 8. Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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