OGH 8Ob157/22d

OGH8Ob157/22d25.1.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Mag. Korn und die Hofräte Dr. Stefula und Dr. Thunhart als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. S* M*, vertreten durch Dr. Sebastian Lenz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei M* GmbH, *, vertreten durch Dr. Bernd Illichmann, LL.M. und andere Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 8.007,61 EUR sA, über die ordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 14. September 2022, GZ 53 R 158/22z‑15, womit das Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 18. Juli 2022, GZ 14 C 512/21s‑11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0080OB00157.22D.0125.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 833,88 EUR (darin 138,98 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Der Kläger schloss mit der Beklagten einen Leasingvertrag über einen PKW (Neufahrzeug) der Marke * mit einer Laufzeit von 4 Jahren ab. In diesem als „Nutzenleasing (Übernahme des Restwertrisikos durch den LG unter den Voraussetzungen gemäß Punkt XIII.1 der AGB)“ bezeichneten Vertrag verpflichtete er sich zur Zahlung einer monatlichen Leasingrate von 661,22 EUR. Der Anschaffungswert des Fahrzeugs wurde mit 51.480 EUR und der „(kalkulatorische) Restwert lt. Punkt XIV [unstrittig und erkennbar gemeint: XIII; Anm] der AGB“ mit 23.645,68 EUR angegeben. Es war ein „Kilometersatz“ von 0,257 EUR vorgesehen. Als Kalkulationsbasisdauer waren 48 Monate und als Kilometerleistung pro Jahr 20.000 angeführt. Letzteres beruhte auf der Angabe des Klägers, voraussichtlich in diesem Ausmaß das Fahrzeug zu benützen. Lieferant des Fahrzeugs und Vermittler des Vertrags war die W* GmbH.

[2] Der Leasingvertrag wurde unter Zugrundelegung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Beklagten geschlossen, welche folgende – im Verfahren strittige – Bestimmungen enthalten:

XIII. Vertragsabrechnung bei Beendigung durch Zeitablauf

1. Nutzenleasing mit Kilometerabrechnung:

Ausgenommen den Fall der vorzeitigen Vertragsbeendigung oder bei deutlicher Über‑ oder Unterschreitung der vereinbarten Laufleistung am Vertragsende (mehr als 25 % oder mindestens 10.000 km bei PKW [...]), in welchen eine Abrechnung gemäß Punkt XIV.2. [unstrittig und erkennbar gemeint: XIII.2.; Anm] vorzunehmen ist, garantiert der LG bei dieser Vertragsart den vereinbarten Restwert am Vertragsende. Zur Abrechnung gelangen neben den rückständigen Zahlungen noch folgende Ansprüche:

a) Mehrlaufleistung: Die vertraglich jeweils für ein Jahr vereinbarte Kilometerleistung wird aliquot auf die Vertragslaufzeit umgelegt und den tatsächlich gefahrenen Kilometern gegenübergestellt. Für den Fall einer Laufleistungsdifferenz über die vereinbarte Toleranzgrenze hinaus – 10 %, höchstens jedoch 2.500 km bei PKW […] – wird die darüber hinausgehende Mehr‑ oder Minderleistung mit dem vereinbarten Kilometersatz multipliziert und dem LN angelastet bzw. gutgeschrieben; […]

[…]

b) Schäden: […]

2. Restwertleasing mit Restwertabrechnung und Finanzierungsleasing:

Wurde diese Vertragsart vereinbart oder sind die Voraussetzungen der Restwertgarantie gemäß Punkt XIV.1. [unstrittig und erkennbar gemeint: XIII.1.; Anm] weggefallen, übernimmt der LN das Risiko, dass der vereinbarte Restwert am Vertragsende durch den erzielten Verwertungserlös abgedeckt werden kann. Die Verwertung am Vertragsende ist wie folgt durchzuführen:

a) nach Rückstellung des LO wird der LG zunächst auf Kosten des LN ein Gutachten eines gerichtlich beeideten Sachverständigen über den Verkehrswert des LO auf Basis des Händlereinkaufswertes einholen, im Rahmen dessen auch allfällige Schäden am LO, die Reparaturkosten sowie die dadurch und durch das allfällige Überschreiten der vereinbarte[n] Laufleistung bewirkte Wertminderung festgestellt werden, und versuchen, das LO bestmöglich zu verkaufen, wobei der LG – ausgenommen für den Fall des Punktes XIV.2. lit. b) [unstrittig und erkennbar gemeint: XIII.2. lit. b; Anm] – nur zu einem Verkauf an einen Unternehmer unter Ausschluss der Gewährleistung verpflichtet ist.

b) Dem LN steht es jedoch frei, dem LG spätestens bei der Rückstellung einen konkreten Kaufinteressenten mit zweifelsfreier ausreichender Bonität zu nennen, wobei dem LG von diesem ein verbindliches schriftliches Kaufanbot – im Fall des Erwerbs durch einen Unternehmer unter Ausschluss jeglicher Haftung und Gewährleistung des LG – zu stellen und die im Fall der Annahme binnen 3 Werktagen fällige Kaufpreiszahlung fristgerecht zu leisten ist, widrigenfalls dem LG das Recht zukommt, nach Gewährung einer Nachfrist von 7 Tagen vom Kaufpreis zurückzutreten. Dem LG bleibt es jedoch unbenommen, das LO zum selben oder einem höheren als dem vom Kaufinteressenten gebotenen Kaufpreis an einen Dritten ohne weitere Verständigung zu veräußern. […]

[...].

d) Für den Fall, dass der Verwertungserlös einschließlich einer allfälligen, an den LG geflossenen Versicherungsleistung den vereinbarten Restwert nicht erreicht, gilt Folgendes: Der LN hat dem LG den gesamten Differenzbetrag (tatsächlicher Mindererlös) zu ersetzen, von welchem jedoch ein Anteil von 25 Prozent der Differenz zwischen dem vereinbarten Restwert und dem Schätzwert ohne Berücksichtigung allfälliger Schäden und Mehrlaufleistung (merkantiler Mindererlös) abzuziehen ist. Übersteigt der Verwertungserlös einschließlich einer allfälligen, an den LG geflossenen Versicherungsleistung den vereinbarten Restwert, kommt die Differenz dem LN im Umfang von 75 Prozent zugute“.

 

[3] Der Kläger stellte das Fahrzeug am 30. 6. 2021, dem letzten Tag der vierjährigen Vertragslaufzeit, mit einem Kilometerstand von 46.342 km zurück. Weil er im Sinn des Punktes XIII.1. der AGB die mit 80.000 km vereinbarte Laufleistung am Vertragsende um mehr als 25 % und mehr als 10.000 km unterschritten hatte, ließ die Beklagte im Sinn des Punktes XIII.2. der AGB das Fahrzeug schätzen. Der Schätzwert betrug 18.900 EUR. Der Beklagten gelang es dennoch, am 23. 8. 2021 das Fahrzeug um 23.645,69 EUR, sohin in Höhe des vertraglich vereinbarten Restwerts, der W* GmbH zu verkaufen, weshalb die von ihr vorgenommene Endabrechnung des Leasingvertrags eine Rechnungssumme von 0 EUR ergab. Der für das Rechtsverhältnis des Klägers mit der Beklagten vorgesehene Ausschluss der Restwertgarantie „bei deutlicher Über‑ oder Unterschreitung der vereinbarten Laufleistung am Vertragsende (mehr als 25 % oder mindestens 10.000 km bei PKW)“ galt auch zwischen der Beklagten und der das Fahrzeug zurückkaufenden W* GmbH.

[4] Der Kläger begehrt mit seiner Klage von der Beklagten 8.007,61 EUR samt Zinsen. Er vertritt den Standpunkt, dass die Worte „oder bei deutlicher Über‑ oder Unterschreitung der vereinbarten Laufleistung am Vertragsende (mehr als 25 % oder mindestens 10.000 km bei PKW [...]), in welchen eine Abrechnung gemäß Punkt XIV.2. vorzunehmen ist“ in Punkt XIII.1. Satz 1 der AGB als unwirksam zu entfallen hätten. Er habe damit nach Punkt XIII Z 1 lit a AGB einen Anspruch auf 0,257 EUR pro Kilometer, um den er die im Vertrag vorgesehene Gesamtlaufleistung von 80.000 km unterschritten habe, dies abzüglich der im Vertrag vorgesehenen Toleranz (33.658 minus 2.500 = 31.158 EUR, dies multipliziert mit 0,257 = 8.007,61 EUR).

[5] Dass nach den AGB die Restwertgarantie und die Gutschrift pro weniger gefahrenem Kilometer lediglich für den Fall einer Unterschreitung der vereinbarten Laufleistung im Ausmaß von maximal 25 % zustehe, sei intransparent (§ 6 Abs 3 KSchG), überraschend (§ 864a ABGB) und auch gröblich benachteiligend (§ 879 Abs 3 ABGB). Es könne nicht sein, dass ein Leasingnehmer, der das Leasingobjekt weniger nützt, im Vergleich zu einem Leasingnehmer, der das Fahrzeug mehr nützt, wirtschaftlich benachteiligt sei. Auch dass ein Leasingnehmer, der das Fahrzeug so wenig benützt habe, dass es nach Punkt XIII.2. der AGB für die Endabrechnung nicht auf die Kilometerminderleistung, sondern auf den Wert des Fahrzeugs ankomme, die Kosten der Schätzung des Fahrzeugs tragen müsse, sei gröblich benachteiligend. Obgleich Punkt XIII der AGB formal betrachtet den Fall des Unter‑ und des Überschreitens der vorgesehenen Kilometerleistung parallel regle, belaste er doch den Leasingnehmer mehr als den Leasinggeber, weil die Mindernutzung des Fahrzeugs für die Kalkulation stets weniger ins Gewicht falle als eine Mehrnutzung.

[6] Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Sie bestritt die behaupteten Gesetzesverstöße.

[7] Das Erstgericht wies die Klage ab. Es stellte im Wesentlichen den eingangs wiedergegeben Sachverhalt fest. Rechtlich nahm das Erstgericht den Standpunkt ein, dass beim hier vorliegenden Leasing mit einem Restwert kalkuliert werde. Es handle sich um einen kalkulatorischen Berechnungswert, der schon im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ermittelt und zur Vertragsgrundlage gemacht werde. Eine Regelung für den Fall zu treffen, dass die vertraglich vereinbarte Kilometerleistung nicht erreicht bzw überschritten werde, worauf ausschließlich der Leasingnehmer Einfluss habe, sei nicht überraschend. Bereits aus der Natur des Restwertleasings ergebe sich die Notwendigkeit, hier eine Grenze zu fixieren und die Folgen einer Über‑/Unterschreitung der vereinbarten, für die Kalkulation des Restwerts herangezogenen Kilometerlaufleistung festzuhalten. Diese Bestimmung wirke für beide Vertragspartner gleich. Dass der Kunde die Kosten des erforderlichen Sachverständigengutachtens zu tragen habe, sei ebensowenig gröblich benachteiligend, habe es doch allein er in seiner Macht, die vereinbarten Kilometer auch tatsächlich zu fahren. Die Klausel über die Übernahme der Sachverständigenkosten sei aufgrund ihrer Platzierung im mit Vertragsabrechnung bei Beendigung durch Zeitablauf überschriebenen Punkt XIII auch weder versteckt noch überraschend und sie sei auch leicht verständlich formuliert.

[8] Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Die inkriminierte Klausel sei so abgefasst, dass der typische Durchschnittskunde eines Leasingvertrags die darin enthaltenen Begünstigungen und Einschränkungen durchaus verstehen könne. Eine gröbliche Benachteiligung sei schon deshalb zu verneinen, weil der Leasingvertrag darauf aufbaue, dass die Restwertgarantie durch die Beklagte nur dann gelte, wenn eine bestimmte Kilometerleistung pro Jahr unter Berücksichtigung einer Toleranzgrenze nicht über‑ oder unterschritten wird. Dies sei sachlich gerechtfertigt, weil der kalkulatorische Restwert letztlich auf die vereinbarte Kilometerleistung abstellte. Der Interessenlage auf beiden Seiten werde dadurch ausgewogen Rechnung getragen. Es liege in der Natur der Sache, dass bei einer deutlichen Über‑ oder Unterschreitung der vereinbarten Laufleistung der vereinbarte Kilometersatz zum Ausgleich nicht mehr herangezogen werden könne. Der Kläger betone selbst, dass gerade eine Unterschreitung der vereinbarten Laufleistung sich nicht in dem Maße werterhöhend auswirke wie eine Mehrkilometerleistung bezüglich einer Wertminderung. Sein Rechtsstandpunkt führte in extremen Fällen dazu, dass der Leasingnehmer trotz des Alters des Fahrzeugs bei der Rückgabe einen deutlich über dem Wertzuwachs liegenden Betrag gutgeschrieben bekäme. Eine der Beklagten zuzubilligende Amortisation bei (deutlichen) Mehr‑ und Minderbenützungen könne nur dadurch sichergestellt werden, dass die Abrechnung hier ausgehend von einem Restwertleasing mit Restwertabrechnung erfolgt. Bei einer Minderlaufleistung werde dadurch an sich auch sichergestellt, dass der Leasingnehmer seinerseits an einem dadurch erhöhten, durch einen gerichtlich beeideten Sachverständigen zu ermittelnden Verkehrswert auf Basis des Händlereinkaufswerts oder am tatsächlich erzielten Kaufpreis für das Leasingobjekt partizipiere.

[9] Punkt XIII der AGB sei auch weder ungewöhnlich noch für den Vertragspartner überraschend, dränge sich für diesen aufgrund der Vereinbarung einer jährlichen Kilometerleistung, eines kalkulatorischen Restwerts und eines Kilometersatzes doch geradezu auf, die rechnerischen Auswirkungen bei einem Über‑ oder Unterschreiten der Kilometerleistung näher zu prüfen. Die Regelungen seien wegen ihrer Überschrift „III. Vertragsabrechnung bei Beendigung durch Zeitablauf“ auch nicht versteckt.

[10] Eine gröbliche Benachteiligung könne sich auch nicht allein daraus ergeben, dass bei einer Vertragsabrechnung ausgehend von einem Restwertleasing der Leasingnehmer die Kosten für ein Gutachten zu tragen hat. Die Kostentragungsregelung sei auch nicht ungewöhnlich oder überraschend.

[11] Die Klausel sei auch nicht intransparent. Für den Leasingnehmer sei das Vorliegen einer Toleranzgrenze, bei der es weder auf seiner Seite noch auf Seite der Leasinggeberin zu einer Vergütung für eine Über‑ oder Unterschreitung der vereinbarten Laufleistung komme, klar und deutlich. Klar seien weiters die näher umschriebenen Vergütungen bei einer Über‑ oder Unterschreitung, sowie dass diese aber bei einer deutlichen Über‑ oder Unterschreitung nicht mehr Platz griffen. Nur auf diese Art und Weise könne sichergestellt werden, dass der vereinbarte Restwert am Vertragsende durch den erzielten Verwertungserlös abgedeckt werde.

[12] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil der Oberste Gerichtshof bisher mit der Wirksamkeit einer vergleichbaren Vertragsklausel nicht befasst gewesen sei, sich vergleichbare Klauseln aber in einer Vielzahl von Leasingverträgen fänden.

[13] Gegen das Berufungsurteil richtet sich die wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision des Klägers mit einem auf Klagestattgebung gerichteten Abänderungsantrag.

[14] Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung die Zurückweisung der Revision mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

[15] Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

[16] Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen für eine Klauselkontrolle anhand der vom Kläger herangezogenen Vorschriften der §§ 879 Abs 3 und 864a ABGB sowie § 6 Abs 3 KSchG allgemein dargestellt. Zumal diese Ausführungen des Berufungsgerichts zutreffend sind und die Parteien gegen ihre Richtigkeit im Revisionsverfahren keinen Einwand erheben, kann zur Vermeidung von Wiederholungen insofern auf sie verwiesen werden (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO).

[17] Der Oberste Gerichtshof erachtet auch die Begründungen des Berufungsgerichts sowie auch jene des Erstgerichts dafür, dass kein Verstoß der inkriminierten Klausel gegen die genannten Gesetzesvorschriften vorliegt, als grundsätzlich zutreffend. Den Ausführungen des Revisionswerbers ist ergänzend entgegenzuhalten:

Rechtliche Beurteilung

[18] Das Finanzierungsleasing ist eine Form der Investitionsfinanzierung, bei dem an die Stelle des Eigentumserwerbs an den Anlagegütern die bloße Gebrauchsüberlassung tritt. Typischerweise ist die Vertragsgestaltung im Interesse des Leasinggebers auf eine Amortisation des eingesetzten Kapitals zuzüglich Finanzierungskosten und angemessenem Gewinn gerichtet (RIS‑Justiz RS0120830 [T1]).

[19] Beim – den hier zu beurteilenden AGB zugrunde liegenden – Teilamortisationsleasing (Restwertleasing) ist die angestrebte volle Amortisation dadurch gewährleistet, dass neben der Summe der Leasingraten auch der erwartete oder kalkulierte Restwert des Leasingguts eine maßgebende Rolle spielt. In diesem Fall hat der Leasingnehmer grundsätzlich entweder das Leasinggut zum vereinbarten Restwert zu übernehmen („Andienungsrecht“ des Leasinggebers) oder unabhängig davon dem Leasinggeber den kalkulierten Restwert zu garantieren (RS0120830 [T5]).

[20] Der Leasingnehmer trägt das Risiko der Wertminderung. Ihm kommt dafür auch eine allfällige Wertsteigerung (Zeitwert über dem kalkulierten Restwert) zugute (RS0120830 [T6]).

[21] Der Leasinggeber kann dem Leasingnehmer das Restwertrisiko abnehmen, indem er ihm grundsätzlich einen bestimmten Restwert garantiert. Inwieweit dies der Fall ist, richtet sich nach den jeweiligen Konditionen (vgl Schopper/Skarics in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 26 VKrG Rz 8; Heinrich/Pendl in Schwimann/Kodek, ABGB5 IX [2022] § 26 VKrG Rz 4).

[22] Hier hat die Beklagte – wie aus Seite 2 des Vertrages ersichtlich – dem Kläger das Restwertrisiko (nur) „unter den Voraussetzungen gemäß Punkt XIII.1. der AGB“ abgenommen. Aufgrund der klaren Formulierung in Satz 1 der genannten Bestimmung sollte die Restwertgarantie „bei deutlicher Über‑ oder Unterschreitung der vereinbarten Laufleistung am Vertragsende (mehr als 25 % oder mindestens 10.000 km bei PKW […])“ gerade nicht gelten, hier somit weiterhin den Kläger das Wertrisiko des Fahrzeugs treffen und die Abrechnung auf Basis eines Sachverständigengutachtens (bzw eines tatsächlich erzielten höheren Verkaufserlöses) vorgenommen werden.

[23] Mehrfach wurde in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bereits festgehalten, dass abweichende Regelungen beim Ausgleich einerseits bei Mehr‑ und andererseits bei Minderlaufleistung grundsätzlich sachlich nicht gerechtfertigt sind (7 Ob 230/08m [Pkt II.3.]; 7 Ob 173/10g [Pkt 15.1.]; 2 Ob 198/10x [Pkt 13]). Gegenständlich liegt allerdings keine abweichende Regelung von Mehr‑ oder Minderkilometern vor, sondern ist die Klausel vollkommen symmetrisch formuliert. Es geht darum, dass bei ganz eklatanten Abweichungen der Kilometerleistung die Abrechnung nicht auf Basis des vereinbarten Kilometersatzes erfolgt. Der Rechtsstandpunkt des Klägers würde in extremen Fällen, etwa wenn mit dem geleasten Fahrzeug gar keine Kilometer zurück gelegt wurden, dazu führen, dass der Leasinggeber trotz des Alters des Fahrzeugs bei der Rückgabe einen sehr hohen Ausgleichsanspruch aufgrund der nicht gefahrenen Kilometer zu leisten hätte. Durch die Regelung wird solches – nachvollziehbar – ausgeschlossen.

[24] Im Sachverhalt zu 7 Ob 173/10g (Pkt 15.1.) wurde die Vergütung der Minderkilometer mit maximal 10 % der vereinbarten Gesamtkilometerleistung abzüglich 2.500 km begrenzt, woraufhin diese Klausel vom Obersten Gerichtshof für gröblich benachteiligend befunden wurde. Die streitgegenständliche Klausel begrenzt hingegen die Vergütung der Minderkilometer nicht, sondern sieht lediglich ab einer erheblichen Abweichung der Kilometerleistung eine andere Art der Abrechnung vor, dies sowohl bei einer erheblichen Mehr‑ als auch Minderleistung. Eine solche Vertragsbestimmung ist aufgrund ihrer neutralen Formulierung unbedenklich. Die Regelung erweist sich darüber hinaus auch als sachlich gerechtfertigt, da der kalkulatorische Restwert aufgrund einer bestimmten angenommenen Kilometerleistung berechnet wurde und bei einer groben Abweichung der Laufleistung nicht mehr angenommen werden kann, dass er der ursprünglichen Berechnung entspricht.

[25] Der Kläger beharrt in seiner Revision auf dem Standpunkt, die Klausel wäre deshalb gröblich benachteiligend, weil sie einem Leasingnehmer, der das Fahrzeug weniger nützt, gegenüber einem Leasingnehmer, der das Fahrzeug mehr nützt, finanziell benachteilige. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass eine Abrechnung nach Punkt XIII.2. für den Leasingnehmer gegenüber einer Abrechnung nach Punkt XIII.1. zwingend von Nachteil sei. Dem Kläger ist aber zu entgegnen, dass bei entsprechender Entwicklung des Markts seit Abschluss des Leasingvertrags der Schätzwert des Fahrzeugs den kalkulierten – im Vertrag einvernehmlich festgehaltenen – kalkulatorischen Restwert auch übersteigen kann (etwa weil die Produktion von Neuwagen ins Stocken geraten ist und deshalb die Preise am Gebrauchtwagenmarkt angestiegen sind). Auf den tatsächlichen Wert des Fahrzeugs bei Rückgabe abzustellen, kann für den Leasingnehmer gegenüber einer Abrechnung nach Kilometerminderleistung folglich unter Umständen von Vorteil sein. Der Unterschied zwischen der einen und anderen Abrechnung liegt allein in der Pauschalierung (vgl zur pauschalen Berechnung eines Ausgleichs von Mehr- oder Minderkilometern 7 Ob 230/08m [Pkt II.3.]). In Punkt XIII.1. der AGB wird rein rechnerisch auf die Kilometermehr‑ oder ‑minderleistung abgestellt, wohingegen in Punkt XIII.2. der AGB streng auf Grundlage des tatsächlichen Werts des Fahrzeugs (sofern kein günstigeres Ergebnis beim Weiterkauf erzielt wird) abgerechnet wird. Die pauschale Abrechnung ist gegenüber der konkreten Abrechnung mit anderen Worten für den Leasingnehmer nicht zwingend von Vorteil. Angesichts dessen kann unerörtert bleiben, ob eine in AGB fußende Ungleichbehandlung sich anders verhaltender Vertragspartner überhaupt geeignet ist, eine gröbliche Benachteiligung iSd § 879 Abs 3 ABGB anzunehmen.

[26] Zur vorgesehenen Tragung der Kosten des Gutachtens durch den Leasingnehmer ist anzumerken, dass es allein an ihm liegt, wie viele Kilometer er mit dem Fahrzeug zurücklegt. Bei „deutlicher Über‑ oder Unterschreitung“ der Kilometerleistung erweist sich seine Prognose der voraussichtlichen Kilometerleistung als gravierend unrichtig. Dass die Beklagte auf die in den Vertrag aufgenommene Prognose Einfluss genommen hätte, ist aufgrund des festgestellten Sachverhalts zu verneinen. Zumal bei nicht „deutlicher Über‑ oder Unterschreitung“ der Kilometerleistung die Abrechnung rein rechnerisch und damit ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens vorgenommen werden kann, ist die Notwendigkeit seiner Einholung allein dem Leasingnehmer anzulasten.

[27] Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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