OGH 2Ob191/22k

OGH2Ob191/22k13.12.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende, die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer sowie die Hofräte Hon.‑Prof. PD Dr. Rassi, MMag. Sloboda und Dr. Kikinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C*, vertreten durch Dr. Hans Peter Sauerzopf ua, Rechtsanwälte in Wien, sowie des Nebenintervenienten auf Seiten der klagenden Partei M*, vertreten durch KWR Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. B*, vertreten durch Probst Rechtsanwälte GmbH in Wien, 2. D*, vertreten durch Scherbaum Seebacher Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen Feststellung (Streitwert 2.050.000 EUR) und Unterlassung (Streitwert 25.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. Juli 2022, GZ 16 R 132/22g‑61, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0020OB00191.22K.1213.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Vorinstanzen haben eine „wirkliche Einlösung“ durch die vorkaufsberechtigte Erstbeklagte bejaht.

Rechtliche Beurteilung

[2] Die dagegen gerichtete außerordentliche Revision der Klägerin zeigt das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO nicht auf.

[3] 1. Für die „wirkliche Einlösung“ im Sinn des § 1075 ABGB genügt nicht die bloß fristgerechte Ausübungserklärung. Es bedarf vielmehr innerhalb der Einlösungsfrist auch der Leistung des Kaufpreises, wie ihn der Drittkäufer zu leisten hätte, oder zumindest eines möglichst realen Zahlungsangebots (2 Ob 27/13d Punkt 3. mwN). Das Erfordernis der „wirklichen Einlösung“ bezweckt den Schutz des Vorkaufsverpflichteten, der letztlich nicht ohne Käufer oder Gegenleistung dastehen soll (vgl RS0021984 [T8, T14]).

[4] Nach der Rechtsprechung stellt die Übermittlung einer Bankgarantie ebenso ein reales Zahlungsanbot dar (RS0123235) wie der treuhändige Erlag des Kaufpreises beim Rechtsanwalt des Vorkaufsberechtigten, selbst wenn die Treuhandabwicklung im Kaufvertrag nicht vorgesehen war (5 Ob 231/13a). Nicht ausreichend für ein reales Zahlungsanbot ist hingegen der bloße Abschluss eines Kreditvertrags über einen den Kaufpreis übersteigenden Betrag (6 Ob 9/20x) oder die Ausstellung einer Bescheinigung der Bank über die aktuell bestehende Zahlungsfähigkeit des Vorkaufsberechtigten (7 Ob 187/21g).

[5] Falls der Vorkaufsberechtigte die Zahlung ohne Mitwirkung des Verpflichteten nicht bewerkstelligen kann sowie bei Untunlichkeit kann in Ausnahmefällen zur „wirklichen Einlösung“ auch das verbale Angebot der Zahlung ausreichen (5 Ob 306/04t; 7 Ob 559/85 SZ 58/93). In der vom Berufungsgericht herangezogenen Entscheidung 5 Ob 306/04t betonte der Oberste Gerichtshof, dass der Vorkaufsberechtigte bei vereinbarter Treuhandabwicklung im Vertrag mit dem Drittkäufer keine andere Möglichkeit habe, als die Zahlung anzubieten und den (ihm vertraglich nicht verbundenen) Treuhänder um die Erklärung seiner Bereitschaft zur Entgegennahme des Kaufpreises durch den Vorkaufsberechtigten bzw um die Bekanntgabe einer Kontonummer zu ersuchen.

[6] 2. Die Frage, ob es zu einer „wirklichen Einlösung“ durch den Vorkaufsberechtigten im Sinn des § 1075 ABGB gekommen ist, kann regelmäßig nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls beantwortet werden (6 Ob 9/20x Punkt 1.2.).

[7] 3. Eine im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung liegt nicht vor. Das Berufungsgericht ist vielmehr im Ergebnis vertretbar davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall ausnahmsweise das fristgerechte verbale Zahlungsanbot der Erstbeklagten mit nachfolgender Überweisung des Kaufpreises auf das vom Treuhänder und Vertragsverfasser bekannt gegebene Treuhandkonto zur Annahme einer fristgerechten wirklichen Einlösung ausreichte.

[8] 4. Mit ihren Ausführungen zum Vorliegen sekundärer Feststellungsmängel versucht die Klägerin unzulässiger Weise, die Beweiswürdigung der Vorinstanzen anzugreifen.

[9] 5. Insgesamt war die außerordentliche Revision damit zurückzuweisen.

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