OGH 1Ob173/22f

OGH1Ob173/22f12.10.2022

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely‑Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei und des Gegners der gefährdeten Partei Dr. R* H*, vertreten durch Dr. Annemarie Stipanitz‑Schreiner und Dr. Judith Kolb, Rechtsanwältinnen in Graz, gegen die beklagte und gefährdete Partei I* H*, vertreten durch die Melicharek Rechtsanwalts GmbH in Wien, wegen Ehescheidung und Erlassung einer einstweiligen Verfügung (hier: wegen Ablehnung), über den „außerordentlichen Revisionsrekurs“ der beklagten und gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 9. August 2022, GZ 7 R 28/22z‑11, mit dem der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 28. April 2022, GZ 3 Nc 26/22g‑8, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0010OB00173.22F.1012.000

 

Spruch:

Der „außerordentliche Revisionsrekurs“ wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Der zuständige Ablehnungssenat des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz wies den von der beklagten und gefährdeten Partei (kurz: Beklagte) gegen die Vorsteherin eines Bezirksgerichts erhobenen „Ablehnungsantrag“ vom 23. 2. 2022 ab.

[2] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Revisionsrekurs gemäß § 24 Abs 2 JN jedenfalls unzulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

[3] Der von der Beklagten gegen diese Entscheidung erhobene „außerordentliche Revisionsrekurs“ ist absolut unzulässig:

[4] 1. § 24 Abs 2 JN lautet seit seiner Abänderung durch die Achte Gerichtsentlastungsnovelle, BGBl 1933/346: „Gegen die Stattgebung der Ablehnung findet kein Rechtsmittel, gegen die Zurückweisung der Rekurs an das zunächst übergeordnete Gericht statt.“ In der Stammfassung des Gesetzes war nur der Rechtsmittelausschluss gegen Entscheidungen auf Stattgebung der Ablehnung enthalten, sodass nach überwiegender Ansicht die Anfechtbarkeit einer die Ablehnung zurückweisenden Entscheidung nach den im jeweiligen Anlassverfahren anzuwendenden allgemeinen Rechtsmittelbestimmungen zu beurteilen gewesen wäre. Den zweiten Halbsatz der zitierten Novellenbestimmung sieht der Oberste Gerichtshof seit der Entscheidung 1 Ob 957/35 (= SZ 18/6) in ständiger Rechtsprechung als eine abschließende Sonderregelung über die Rechtsmittelzulässigkeit im Ablehnungsverfahren in dem Sinn an, dass gegen die Zurückweisung bzw Abweisung der Ablehnung der Rekurs nur an das zunächst übergeordnete Gericht stattfindet und gegen dessen Entscheidung kein weiteres Rechtsmittel zulässig ist (1 Ob 644/90 mwN; RS0046065 [T2]; RS0074402 [T13 bis T15]; RS0098751; RS0122963). § 24 Abs 2 JN ist eine Sonderregelung über die Anfechtbarkeit von Entscheidungen über die Ablehnung von Richtern, die jede allgemeine Regel über die Anfechtbarkeit von Beschlüssen verdrängt (RS0046010).

[5] 2. Anderes würde nur dann gelten, wenn das Rekursgericht eine meritorische Behandlung des gegen die erstgerichtliche Sachentscheidung gerichteten Rekurses ablehnt und den Rekurs aus rein formellen Gründen zurückweist (RS0044509; RS0046065). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.

[6] 3. Es trifft zwar zu, dass in der vereinzelt gebliebenen, von der Beklagten zitierten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 9 ObA 135, 136/89 (= JBl 1990, 122) eine meritorische Entscheidung über die Ablehnung eines Richters erster Instanz ergangen ist. Diese Entscheidung hat sich jedoch mit der Rechtsmittelbeschränkung des § 24 Abs 2 JN nicht auseinandergesetzt und wurde in der Folge wiederholt ausdrücklich abgelehnt und nicht aufrecht erhalten (vgl RS0045995 [T1]; RS0046000).

[7] 4. Das unzulässige Rechtsmittel der Beklagten ist daher ohne inhaltliche Prüfung zurückzuweisen.

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