OGH 14Os34/22i

OGH14Os34/22i19.9.2022

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. September 2022 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Nordmeyer und Hon.‑Prof. Dr. Oshidari sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz‑Hummel LL.M. in der Strafsache gegen * D* und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten D* gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 15. Oktober 2021, GZ 53 Hv 50/21s‑187, nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo 2019) den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0140OS00034.22I.0919.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten D* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant wurde mit dem angefochtenen Urteil * D* des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB schuldig erkannt (vgl aber RIS‑Justiz RS0133142).

[2] Danach hat er am 31. Mai 2019 in W* * K* am Körper misshandelt und dadurch fahrlässig verletzt, indem er ihm zunächst zwei und danach fünf Fauststöße sowie in der Folge zwei weitere Stöße mit der Faust oder dem Handballen gegen die rechte Rückenseite im Bereich zwischen den Rippenbögen und dem Becken versetzte, wodurch der Genannte Hämatome im Bereich der unteren Rückenhälfte und der rechten Niere seitlich sowie eine leichte Prellung der rechten Niere erlitt.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 10a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten D*, der keine Berechtigung zukommt.

[4] Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung (ON 186 S 32) des in der Hauptverhandlung gestellten Antrags auf zeugenschaftliche Vernehmung des „ChefInsp * W*, Bundeseinsatztrainer“ zur Frage, ob „die Einsatztechnik, die angewendet wurde, verhältnismäßig und sachgerecht“ war (ON 182 S 55 iVm S 54 f), Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers nicht verletzt.

[5] Die Abhörung eines Zeugen kann nämlich erfolgreich nur zum Beweis sinnlicher Wahrnehmungen, nicht aber von subjektiven Meinungen, Ansichten, Wertungen, Schlussfolgerungen, rechtlichen Beurteilungen oder ähnlichen intellektuellen Vorgängen beantragt werden (RIS‑Justiz RS0097540, RS0097573).

[6] Sofern der Antrag (auch) auf von W* wahrgenommene Tatsachen gerichtet war, ließ er nicht erkennen, welches konkrete Ergebnis die beantragte Beweisaufnahme erbringen werde. Solcherart war er auf eine im Erkenntnisverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung gerichtet (RIS‑Justiz RS0118123, RS0118444; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 330 f).

[7] Das den Antrag ergänzende Beschwerdevorbringen hat mit Blick auf das aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes resultierende Neuerungsverbot auf sich zu beruhen (RIS‑Justiz RS0099618).

[8] Entgegen dem Vorwurf der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) in Bezug auf die Konstatierungen zur Tathandlung und zu deren Verletzungsfolgen (US 6)haben die Tatrichter die Angaben des Zeugen K* sehr wohl berücksichtigt (US 12 f). Zu einer Auseinandersetzung mit sämtlichen Aussagedetails waren sie mit Blick auf das Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht verhalten (RIS‑Justiz RS0098778).

[9] Soweit die Rüge mit diesem Vorbringen und jenem, das Erstgericht habe im Rahmen der Beweiswürdigung (insb US 13) eine „unzulässige Uminterpretation der klaren und eindeutigen Aussage des Opfers K* vorgenommen“, auch Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) behauptet, macht sie gerade nicht geltend, dass das Urteil den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (siehe aber RIS‑Justiz RS0099431).

[10] Dass das Gericht aus den Verfahrensergebnissen nicht die vom Angeklagten gewünschten Schlüsse zog, begründet keine Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0098400 [insb T8 bis T11]).

[11] Ebenso wenig wird durch die Berufung auf den Zweifelsgrundsatz ein aus Z 5 beachtlicher Mangel releviert (RIS‑Justiz RS0102162).

[12] Die gesetzmäßige Ausführung einer Diversionsrüge (Z 10a) erfordert eine methodisch korrekte Argumentation auf Basis der Tatsachenfeststellungen unter Beachtung der Notwendigkeit des kumulativen Vorliegens sämtlicher Diversionsvoraussetzungen (RIS‑Justiz RS0124801, RS0116823).

[13] Diesen Bezugspunkt verfehlt die Rüge schon deshalb, weil sie mit dem Vorbringen, der Angeklagte habe sich „tatsachengeständig“ verantwortet (vgl dazu US 8, 14 ff [ua „verantwortete sich ... leugnend“, „blieb … dabei, dass seine Fauststöße … verhältnismäßig und das gelindeste Mittel gewesen seien“]), das Fehlen der – für eine diversionelle Erledigung erforderlichen, entsprechendes Unrechtsbewußtsein voraussetzenden (RIS‑Justiz RS0126734, RS0116299) – Verantwortungsübernahme des Beschwerdeführers übergeht (vgl US 29).

[14] Da die Diversionsvoraussetzungen kumulativ vorliegen müssen, erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere zu diesem Nichtigkeitsgrund erstattete Vorbringen.

[15] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

[16] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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