OGH 12Ns48/22p

OGH12Ns48/22p31.8.2022

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. August 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Oshidari und Dr. Haslwanter LL.M. in der Disziplinarsache gegen Rechtsanwalt Dr. *, AZ D 191/17 des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien, über den Antrag des Genannten auf Ablehnung des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs *, der Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs *, der Anwaltsrichter * und * sowie der Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs iR * gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo 2019 den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0120NS00048.22P.0831.000

 

Spruch:

1./ Der Ablehnungsantrag, soweit er sich auf Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshof iR * bezieht, wird zurückgewiesen.

2./ Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs *, Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs * sowie Anwaltsrichter * und * sind von der Entscheidung über die Berufung des Disziplinarbeschuldigten gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien vom 30. Jänner 2020, GZ D 191/17‑26, sowie über seinen Antrag auf Ablehnung sämtlicher Mitglieder des erkennenden Senats des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien nicht ausgeschlossen.

 

Gründe:

[1] Der Oberste Gerichtshof hat zu AZ 26 Ds 16/21h über die im Spruch genannte Berufung des Disziplinarbeschuldigten und den dort angeführten Antrag zu entscheiden.

[2] Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs *, Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs * sowie Anwaltsrichter * und * sind Mitglieder des zuständigen Senats.

[3] Hinsichtlich Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs * sowie Anwaltsrichter * und * begründet der Disziplinarbeschuldigte den Ablehnungsantrag mit deren Verantwortlichkeit für eine (angeblich) geschäftsordnungswidrige Senatsbesetzung im gegenständlichen Verfahren AZ 26 Ds 16/21h des Obersten Gerichtshofs und (von ihm jeweils gerügt) in den weiters ihn betreffenden Verfahren AZ 26 Ds 2/17v und AZ 26 Ds 7/20h je des Obersten Gerichtshofs sowie mit der aus Sicht des Disziplinarbeschuldigten verfehlten Entscheidung über seinen Ablehnungsantrag in der zu AZ 26 Ds 2/17v des Obersten Gerichtshofs stattgefundenen Berufungsverhandlung.

[4] Zu Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs * führt der Disziplinarbeschuldigte aus, dass sie im Verfahren AZ 1 Ob 89/13i des Obersten Gerichtshofs an einer „gesetzwidrigen Beschlussfassung“ mitgewirkt habe. Denn in dieser Sache habe der Oberste Gerichtshof zu Unrecht als „Erstgericht“ über einen Abänderungsantrag nach § 73 AußStrG entschieden, um die zuvor „beschlossene missbräuchliche Verpflichtung des Antragstellers zur Leistung von Kostenersatz aufrecht zu erhalten“. Das zur Hereinbringung dieser Forderung geführte Exekutionsverfahren stehe im Zusammenhang mit den hier gegenständlichen Vorwürfen gegen den Disziplinarbeschuldigten.

Zu 1./:

Rechtliche Beurteilung

[5] Da aufgrund ihres Übertritts in den dauernden Ruhestand Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs iR * nicht mehr Mitglied des zuständigen Senats ist, war der Ablehnungsantrag, soweit er sich auf sie bezieht, zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0097219, RS0097075).

Zu 2./:

[6] Gemäß § 64 DSt iVm § 43 Abs 1 Z 3 StPO ist ein Richter vom gesamten Verfahren ausgeschlossen, wenn andere Gründe vorliegen, die geeignet sind, seine volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen. Die Bestimmungen über die Ausschließung stellen auf den äußeren Anschein ab. Entscheidend ist daher auch unter dem Aspekt des § 43 Abs 1 Z 3 StPO nicht die subjektive Ansicht des betroffenen Richters oder des Ablehnenden, sondern die Frage, ob die äußeren Umstände geeignet sind, bei einem verständig würdigenden objektiven Beurteiler naheliegende Zweifel an der unvoreingenommenen und unparteilichen Dienstverrichtung zu wecken (vgl RIS‑Justiz RS0097086 [T5]; Lässig, WK‑StPO § 43 Rz 10 f mwN).

[7] Jene die Verfahren AZ 26 Ds 2/17v und AZ 1 Ob 89/13i je des Obersten Gerichtshofs betreffenden Vorgänge waren bereits Gegenstand der über Ablehnungsanträge des Disziplinarbeschuldigten ergangenen Beschlüsse AZ 12 Ns 69/17v (zur Besetzung des damals zuständigen Senats) und AZ 12 Ns 10/20x je des Obersten Gerichtshofs. Ausgehend von der bereits dort vertretenen Ansicht, dass die Fällung von abschlägigen Entscheidungen über Anträge des Disziplinarbeschuldigten nicht den Anschein der Befangenheit erweckt (vgl RIS‑Justiz RS0097054 [T1]), liegen auch hier keine Gründe iSd § 43 Abs 1 Z 3 StPO vor.

[8] Lediglich aus Gründen der Vollständigkeit sei zur Senatsbesetzung im Verfahren AZ 26 Ds 7/20h des Obersten Gerichtshofs festgehalten, dass in der im (maßgeblichen) Entscheidungszeitpunkt gültigen Geschäftsverteilung (Stand 1. Mai 2021) Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs iR * zuständiges Mitglied des Senats war. Im Verfahren AZ 26 Ds 16/21h tritt an ihre Stelle Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs * (Punkt VIII.5.1. der Geschäftsverteilung des Obersten Gerichtshofs, Stand 1. Juli 2022).

[9] Die im Spruch genannten Mitglieder des zuständigen Senats sind daher von der Entscheidung über die Berufung und den Antrag auf Ablehnung der Mitglieder des erkennenden Senats des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien nicht ausgeschlossen.

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