OGH 15Os66/22b

OGH15Os66/22b29.8.2022

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. August 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in der Strafsache gegen * T* wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 28. April 2022, GZ 35 Hv 21/22s‑20, nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo 2019) zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0150OS00066.22B.0829.000

 

Spruch:

 

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Innsbruck verwiesen.

Die Berufung wegen Schuld wird zurückgewiesen.

Mit seiner Berufung wegen Strafe wird der Angeklagte auf die aufhebende Entscheidung verwiesen.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * T* des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 21. Februar 2022 in I* * K* dadurch, dass er einen Zettel mit dem Wortlaut „Überfall!!! Habe eine Waffe und bin verzweifelt, legen Sie das Geld in den Beutel“ auf den Schalter legte, somit durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, fremde bewegliche Sachen, nämlich einen Geldbetrag von 14.850 Euro mit dem Vorsatz abgenötigt, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf Z 5, 5a, 9 lit a, 10 und 10a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der Berechtigung zukommt.

[4] Denn zutreffend zeigt die Rechtsrüge (Z 9 lit a) das Fehlen von Feststellungen zum Bedeutungsinhalt der dem Angeklagten zur Last gelegten „Drohung“ auf.

[5] Das Erstgericht stellte in objektiver Hinsicht lediglich fest, dass der Angeklagte am Tattag die Bank betrat, zu der alleine im Schalterraum befindlichen Bankangestellten K* ging und einen Zettel mit dem Wortlaut „Überfall!!! Habe eine Waffe und bin verzweifelt, legen Sie das Geld in den Beutel“ auf den Schalter legte. Die Hände des Angeklagten konnte die Bankangestellte zu diesem Zeitpunkt nicht sehen (US 3).

[6] Zur subjektiven Tatseite konstatierten die Tatrichter, dass es dem Angeklagten bei der Vorlage des Zettels darauf ankam, * K* durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben Bargeld in der Höhe von 14.850 Euro abzunötigen (US 3).

[7] Durch die bloße Wiedergabe des Wortlauts der (schriftlichen) Ankündigung und die Verwendung der verba legalia (hinsichtlich des Vorsatzes) ist den Feststellungen jedoch nicht mit Bestimmtheit zu entnehmen, welches konkrete Übel der Angeklagte dem Opfer angekündigt hat. Damit kann aber nicht beurteilt werden, ob die gegenständliche Äußerung die rechtliche Annahme des Vorliegens einer den Kriterien des § 142 StGB entsprechenden Drohung trägt (11 Os 10/07s; 15 Os 93/07a; Eder‑Rieder in WK2 StGB § 142 Rz 32 ff; vgl auch 15 Os 134/20z; 15 Os 31/21d; RIS‑Justiz RS0092373 [T7]).

[8] Dieses Feststellungsdefizit (vgl RIS‑Justiz RS0092437) zwang zur Aufhebung des Urteils und zur Verweisung an das Erstgericht. Das weitere Beschwerdevorbringen kann demnach auf sich beruhen.

[9] Die – angemeldete (ON 21) – Berufung wegen Schuld war als unzulässig (vgl § 283 Abs 1 StPO) zurückzuweisen.

[10] Mit seiner Berufung wegen Strafe war der Angeklagte auf die aufhebende Entscheidung zu verweisen.

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