OGH 5Ob95/22i

OGH5Ob95/22i22.8.2022

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers P*, vertreten durch Dr. Helmut Weber, Rechtsanwalt in Liezen, wegen Anmerkung der Rangordnung der beabsichtigten Veräußerung ob der Liegenschaft EZ 114 der KG *, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben als Rekursgericht vom 16. März 2022, AZ 1 R 45/22t, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Liezen vom 20. Jänner 2022, TZ 140/2022, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0050OB00095.22I.0822.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

 

Begründung:

[1] Der Antragsteller ist Alleineigentümer der Liegenschaft EZ 114 der KG *, auf der ein Vorkaufsrecht einverleibt ist. Im Zeitpunkt der Antragstellung war außerdem die Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung bis 19. Jänner 2022 angemerkt.

[2] Der Antragsteller begehrte die Eintragung einer Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung und verwies zur Begründung auf die seinem Antrag beigelegte Rangordnungserklärung vom 10. Jänner 2018. Diese lautet auszugsweise: „Ich (...) erteile hiermit meine ausdrückliche und unwiderrufliche Einwilligung und Ermächtigung, an den Treuhänder (...) im Eigentumsblatt der mir zur Gänze grundbücherlich zugeschriebenen Liegenschaft (...) die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung und in der Folge jährlich vor Ablauf der jeweiligen Rangordnungsanmerkung eine neue Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung des oben genannten Vertragsgegenstandes jeweils zu Handen des Treuhänders (...) zu beantragen.

[3] Das Erstgericht wies den Antrag ab.

[4] Die Bewilligung des Grundbuchsgesuchs sei nicht möglich, weil die Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung aufgrund derselben Urkunde bereits angemerkt sei und einer neuerlichen Anmerkung die Bestimmung des § 53 Abs 4 GBG entgegen stehe.

[5] Das Rekursgericht gab dem Rekurs keine Folge.

[6] Bei der Antragsprüfung gemäß § 94 Abs 1 GBG habe das Gericht den Grundbuchsstand zu beachten und bei Einlangen des Grundbuchsgesuchs zu prüfen, ob dieses im Zeitpunkt seiner Einbringung mit dem Grundbuchsstand vereinbar sei. Gemäß § 53 Abs 4 GBG dürfe zum Schutz des Eigentümers in jedem Grundbuchskörper eine Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung aufgrund einer Rangordnungserklärung nur einmal vorgenommen werden. Eine Rangordnungserklärung könne daher nur einmal ausgenutzt werden. Wenn entgegen dieser Bestimmung auf der Grundlage der vorgelegten Erklärung zuvor schon wiederholt beantragte Rangordnungsanmerkungen eingetragen worden seien, so lasse sich daraus kein Recht auf eine Bewilligung des Grundbuchsgesuchs ableiten.

[7] Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob der Liegenschaftseigentümer auf den in § 53 Abs 4 GBG vorgesehenen Schutz wirksam verzichten könne.

[8] In seinem Revisionsrekurs wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung beantragt der Antragsteller die Abänderung der Entscheidung im Sinn einer Bewilligung seines Grundbuchsgesuchs.

Rechtliche Beurteilung

[9] Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig. Er ist jedoch nicht berechtigt.

[10] 1.1 Eine Rangordnung für eine beabsichtigte Veräußerung oder Verpfändung kann gemäß § 53 Abs 4 GBG seit der Grundbuchsnovelle 2012 (GB‑Nov 2012, BGBl I Nr 30/2012) auch auf der Grundlage einer in einer vom Grundbuchsgesuch getrennten Urkunde verfassten Rangordnungserklärung angemerkt werden. Die Unterschrift auf der Rangordnungserklärung muss gerichtlich oder notariell beglaubigt sein. Die Einführung der Rangordnungserklärung nach § 53 Abs 4 GBG steht im Zusammenhang mit einer Erweiterung der Möglichkeiten der Antragstellung im ERV; ebenso wie bei der Aufsandungserklärung (§ 32 Abs 2 GBG) sollte – so die Gesetzesmaterialien – es möglich werden, auch die für eine Rangordnungsanmerkung erforderliche Erklärung des Eigentümers in eine eigene Urkunde „auszulagern“ (ErlRV 1675 der Beilagen XXIV. GP 4; dazu auch K. Binder in Kodek, Grundbuchsrecht2 § 53 Rz 29 bis 31).

[11] 1.2 Der dritte Satz des § 53 Abs 4 GBG lautet: „Aufgrund einer Rangordnungserklärung kann in jedem der darin angeführten Grundsbuchskörper nur einmal eine Anmerkung der Rangordnung vorgenommen werden.“ Nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung kommt daher eine mehrfache Verwendung einer Rangordnungserklärung nur dann in Betracht, wenn sie sich auf mehrere Einlagen bezieht; für eine weitere, neuerliche Rangordnungsanmerkung auf derselben Einlage bedarf es hingegen einer eigenen, „neuen“ Rangordnungserklärung. Diese Regelung dient dem Schutz des Eigentümers vor einer wiederholten Verwendung der von ihm abgegebenen Rangordnungserklärung (Potyka, Die Grundbuchs-Novelle 2012, ÖJZ 2012, 533 [534]; dazu auchEdelhauser, Grundbuchs-Novelle 2012, immolex 2012, 166 [167]).

[12] 2.1 Der Antragsteller argumentiert, aufgrund der vorgelegten Rangordnungserklärung sei bereits mehrfach die Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung angemerkt worden; er habe in der beglaubigt unterfertigten Rangordnungserklärung ausdrücklich seine Einwilligung und Ermächtigung an den Treuhänder erklärt, jährlich vor Ablauf der jeweiligen Rangordnungsanmerkung eine neue zu beantragen. Mit Kaufvertrag vom 30. Oktober 2017 habe der Antragsteller wegen eines einverleibten Belastungs‑ und Veräußerungsverbots dem Vertragserrichter und Antragstellervertreter den einseitig unwiderruflichen Auftrag erteilt, diese jährlichen Anträge zu stellen. Er benötige daher keinen Schutz gemäß § 53 Abs 4 GBG.

[13] 2.2 Die gesetzliche Regelung hat einen eindeutigen Wortlaut, der uneingeschränkt jede Rangordnungserklärung erfasst. Eine Möglichkeit des Eigentümers, diese klare Anordnung durch einen Verzicht zu entkräften, sieht das Gesetz nicht vor. Damit kommt aber auch eine teleologische Reduktion dieser ausdrücklich formulierten gesetzgeberischen Absicht von vornherein nicht in Betracht (dazu etwa RIS‑Justiz RS0008880 [T23], RS0106113 [T3]).

[14] 2.3 Der Schutz des Eigentümers vor einer längerfristigen Wirksamkeit einer Rangordnungsanmerkung ergibt sich etwa auch aus § 55 GBG: Nach dieser Bestimmung verliert die Anmerkung der Rangordnung mit Ablauf eines Jahres nach ihrer Bewilligung ihre Wirksamkeit. Eine Verlängerung dieser Frist ist unzulässig (K. Binder in Kodek, Grundbuchsrecht2 § 55 Rz 1). Für die in § 57a GBG geregelte Anmerkung der Namensrangordnung sieht dessen Abs 2 eine Befristung der dafür notwendigen Rangordnungserklärung auf ein Jahr nach ihrer Ausstellung vor; dies deshalb, weil es im Rahmen der Namensrangordnung möglich ist, dass der Antrag auf Anmerkung der Rangordnung mit Einverständnis des Eigentümers, das durch eine Rangordnungserklärung abgegeben wird, auch von der Person gestellt werden kann, zu deren Gunsten die Rangordnung angemerkt werden soll (dazu Potyka in Kodek, Grundbuchsrecht2 § 57a Rz 8). All diese Bestimmungen haben das erkennbare Ziel, dass der Liegenschaftseigentümer – zu seinem eigenen Schutz – die Entscheidung, eine grundbücherliche Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung oder Verpfändung zu erwirken, nur für einen begrenzten Zeitraum wirksam treffen kann.

[15] 3. Der Revisionsrekurswerber hat zwar in der seinem Grundbuchsgesuch beigelegten Rangordnungserklärung ausdrücklich seine Entscheidung über die (neuerliche) Antragstellung für eine Anmerkung der beabsichtigten Veräußerung zeitlich unbegrenzt seinem Treuhänder übertragen. Diese Erklärung widerspricht aber – wie die Vorinstanzen zutreffend erkannten – dem eindeutigen Wortlaut des § 53 Abs 4 GBG. Ob der Antragsteller diesen Schutz „benötigt“ oder nicht, ist im Grundbuchsverfahren aufgrund seines formellen Charakters (dazu etwa RS0060878 [T4]) nicht zu prüfen oder zu hinterfragen. Auf die Anwendung der von den Gerichten zu beachtenden Bestimmung kann der Liegenschaftseigentümer durch eine Erklärung nicht „verzichten“.

[16] 4. Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass die Bewilligung des Gesuchs auf Eintragung einer Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung auf der Grundlage einer bereits einmal für eine solche Anmerkung der Rangordnung auf dem darin angeführten Grundbuchskörper verwendeten Rangordnungserklärung nicht in Betracht kommt. Die Formulierung der Erklärung als unwiderrufliche Zustimmung zur alljährlichen neuerlichen Antragstellung ist mit der Anordnung des § 53 Abs 4 dritter Satz GBG nicht vereinbar; es bedarf daher jeweils einer „neuen“, eigenen Rangordnungserklärung.

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