European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0020OB00054.22P.0627.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die Kläger nahmen 2008 bei der beklagten Bank einen Fremdwährungskredit in Schweizer Franken im Gegenwert von 95.000 EUR auf, um einen Liegenschaftskauf zu finanzieren. Die Kreditsumme in Schweizer Franken war im Vertrag nicht genannt. Den Klägern war bewusst, dass sie diesen Kredit in Schweizer Franken zurückzahlen mussten. Sie kannten die Risiken eines Fremdwährungskredits und nahmen sie in Kauf. Die Beklagte beschaffte am Devisenmarkt Schweizer Franken und schrieb sie dem Fremdwährungskonto der Kläger gut. Daneben wurde ein Verrechnungskonto geführt, über das die Zinsen, Gebühren und Spesen des endfälligen Kredits in der vereinbarten Fremdwährung abgerechnet wurden.
[2] Die Kläger begehren die Feststellung der Nichtigkeit des Kreditvertrags und die Verpflichtung der Beklagten, das Kreditverhältnis Zug um Zug gegen Zahlung eines bestimmten Betrags „lastenfrei“ zu stellen; hilfsweise begehren sie Schadenersatz in Höhe der Differenz zwischen der Kreditbelastung aus dem Fremdwährungskredit und jener aus einem entsprechenden Eurokredit. Konvertierungsklauseln des Vertrags verstießen gegen § 6 KSchG und § 879 Abs 3 ABGB; eine Lückenfüllung durch dispositives Recht sei nicht zulässig. Den Klägern sei nicht bewusst gewesen, dass sie einen Fremdwährungskredit geschlossen hätten; sie hätten auch nicht gewusst, dass sie den Kredit in der Fremdwährung zurückzahlen müssten. Die Kreditsumme in Schweizer Franken sei nicht bestimmt gewesen. Schadenersatz gebühre, weil der Vertrag aufgrund der schuldhaften Verwendung unzulässiger Klauseln nichtig sei.
[3] Das Erstgericht wies die Begehren ab.
[4] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ die ordentliche Revision nicht zu.
[5] Es sei ein echter Fremdwährungskredit vorgelegen. Entfielen die beanstandeten Klauseln, so bleibe es dabei, dass dieser in Fremdwährung zurückzuzahlen sei. Die Kläger müssten sich die Fremdwährung beschaffen, wobei der nicht notwendig mit der Beklagten zu schließende Geldwechselvertrag nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vom Kreditvertrag zu trennen sei. Der Kreditvertrag sei daher nicht nichtig. Damit scheitere auch das auf Nichtigkeit gegründete Eventualbegehren.
[6] Die gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revision der Kläger ist nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
[7] 1. Im vorliegenden Fall war der Wille beider Parteien auf einen Fremdwährungskredit in Schweizer Franken gerichtet. Ein solcher liegt vor, wenn der Kredit ganz oder teilweise in einer anderen Währung als in Euro gewährt wird. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Kredit in einer anderen Währung als Euro ausbezahlt wird. Maßgebend ist allein, dass die fremde Währung die Grundlage für die Rückzahlungsverpflichtung des Kreditnehmers bildet (7 Ob 48/17k [Pkt 1.1]; 1 Ob 190/16x [Pkt III 4.1]; 1 Ob 163/15z [Pkt II.1]; 4 Ob 208/21y [Rz 7]).
[8] Weiters ergibt sich aus dem Vertrag, dass auch die Rückzahlung in fremder Währung geschuldet war, also ein echter Fremdwährungskredit vorlag (vgl RS0061067; 4 Ob 208/21y [Rz 8]). Dies war den Klägern nach den Feststellungen ebenso bewusst wie das damit verbundene Risiko. Soweit die Revision anderes behauptet, geht sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus.
[9] Auf dieser Grundlage führte aber die allfällige Missbräuchlichkeit der beanstandeten Klauseln nicht zur Nichtigkeit des Vertrags. Denn sie änderte nichts daran, dass die Kläger den Kredit in – allenfalls von anderer Seite beschaffter (9 Ob 62/21i [Rz 10] mwN) – Fremdwährung zurückzahlen müssten.
[10] 2. Auf eine Nichtigkeit des Vertrags wegen (zunächst) mangelnder Bestimmtheit des Kreditbetrags (in Franken) können sich die Kläger nicht berufen.
[11] Nach herrschender Auffassung ist im Rahmen eines (vor-)vertraglichen Schuldverhältnisses unter anderem über rechtliche Hindernisse, die einem gültigen Vertragsschluss entgegenstehen, aufzuklären (Koziol/Welser, Bürgerliches Recht II4 Rz 70 mwN). Dies gilt umso mehr dann, wenn die Berufung auf die Nichtigkeit einem völlig anderen Zweck dient als die Norm, deren Absicherung die Nichtigkeitssanktion bezweckt: Das Verbot der (willkürlichen) einseitigen Festsetzung des Entgelts soll den Vertragspartner vor den damit verbundenen Gefahren schützen, ihm aber nicht ermöglichen, sich von der Tragung eines von ihm bewusst und fehlerfrei übernommenen Risikos (hier: des Wechselkursrisikos) zu lösen (4 Ob 208/21y [Rz 12]).
[12] Allfällige Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Wechselkurses bei der Zuzählung des Kredits führen daher nicht zur Ungültigkeit des gesamten Vertrags wegen mangelnder Bestimmtheit, wenn durch die zeitnahe Information des Kunden über den zugrunde gelegten Franken‑Betrag ausreichende Bestimmtheit eingetreten ist und der Kreditnehmer – wie hier – offenkundig das Vorliegen eines ausreichend bestimmten Kreditvertrags akzeptierte (4 Ob 208/21y [Rz 15]). Könnten sie sich nun auf die (ursprüngliche) Unbestimmtheit des Kreditbetrags berufen, so könnten sie das nach den Feststellungen bewusst übernommene Wechselkursrisiko nachträglich auf die Bank abwälzen. Dies wäre vom Zweck des Bestimmtheitserfordernisses nicht gedeckt.
[13] 3. Die von den Klägern genannten Gründe führen daher nicht zur (Gesamt-)Nichtigkeit des Kreditvertrags, ohne dass es dafür einer Lückenfüllung durch das dispositive Recht bedürfte. Die unionsrechtlichen Ausführungen der Kläger zu dieser – vom Obersten Gerichtshof in der Entscheidung 8 Ob 37/20d grundsätzlich bejahten – Möglichkeit können dahingestellt bleiben (vgl 4 Ob 208/21y [Rz 16]); ein Vorabentscheidungsersuchen ist nicht erforderlich. Vielmehr ist die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.
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