OGH 5Ob197/21p

OGH5Ob197/21p1.6.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. E*, 2. B*, vertreten durch Mag. Karl Heinz Fauland, Rechtsanwalt in Leibnitz, gegen die beklagte Partei W* AG, *, vertreten durch die DSC Doralt Seist Csoklich Rechtsanwälte GmbH, Wien, wegen 9.023,08 EUR sA, über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien als Berufungsgericht vom 2. Juni 2021, GZ 50 R 24/21t‑14, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom 22. Dezember 2020, GZ 5 C 399/20t‑10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0050OB00197.21P.0601.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 917,02 EUR (darin 152,84 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Mit Vertrag vom 6. 3./10. 3. 2020 haben die Kläger bei der Beklagten einen Kredit über 95.000 EUR aufgenommen, der ihnen von einer Vermögensberatungs‑GmbH vermittelt worden war. Für die Rückzahlung dieses Kreditbetrags war eine Laufzeit von 156 Monaten vereinbart. Die Kläger bezahlten die Kreditsumme am 10. 6. 2020 vorzeitig zurück.

[2] Sie begehren die Rückzahlung der laufzeitunabhängigen Kreditkosten im aliquoten Ausmaß. Ihnen seien bei Vertragsabschluss eine Bearbeitungsgebühr von 4.275 EUR, eine Bonitätsprüfungsgebühr von 75 EUR, Ausfertigungskosten von 25 EUR und eine Auszahlungsgebühr von 75 EUR verrechnet worden. An Vermittlergebühr sei ein Betrag von 4.750 EUR angefallen. Insgesamt hätten sie daher bei Kreditaufnahme 9.200 EUR an Einmalkosten getragen. Der aliquote Anteil davon betrage 9.023,08 EUR. Die Bestimmung des § 16 Abs 1 VKrG (Anm: alte Fassung [aF]) sei richtlinienkonform dahin auszulegen, dass nicht nur die (demonstrativ erwähnten) laufzeitabhängigen Kosten, sondern auch die laufzeitunabhängigen Kosten bei vorzeitiger Kredittilgung aliquot rückzuerstatten seien.

[3] Die Beklagte wendete ein, das nationale Recht sehe in der Bestimmung des § 16 Abs 1 VKrG (aF), die in Umsetzung der Verbraucherkredit-RL 2008/48/EG (VKrRL) ergangen sei, für den Fall der vorzeitigen Kreditrückzahlung ausschließlich eine anteilige Kürzung der laufzeitabhängigen Kosten vor. Selbst wenn § 16 Abs 1 VKrG nicht den Vorgaben der VKrRL entsprechen sollte, sei sie nicht verpflichtet, den Klägern auch laufzeitunabhängige Kosten anteilig zu refundieren.

[4] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Art 16 Abs 1 der Verbraucherkredit-RL (2008/48/EG ) sehe vor, dass der Verbraucher bei einer vorzeitigen Kreditrückzahlung das Recht auf Ermäßigung der Gesamtkosten des Kredits habe, die sich nach den Zinsen und den Kosten für die verbleibende Laufzeit des Vertrags richte. Diese Bestimmung sei in Österreich mit § 16 Abs 1 VKrG umgesetzt worden, der in der hier anwendbaren Fassung vorgesehen habe, dass sich bei vorzeitiger Kreditrückzahlung neben den Zinsen (diese entsprechend dem verminderten Außenstand, gegebenenfalls entsprechend der verkürzten Vertragsdauer) auch die laufzeitabhängigen Kosten verhältnismäßig verringern. Der Gesetzgeber sei sich bei Schaffung dieser Bestimmung darüber im Klaren gewesen, dass es neben Zinsen und (anderen) laufzeitabhängigen Kosten auch laufzeitunabhängige Kosten gebe, weswegen eine „Korrektur“ durch eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung nicht zulässig erscheine. Die österreichische Rechtslage erlaube daher keine verhältnismäßige Reduktion der laufzeitunabhängigen Kosten. Auf die Frage, ob die Beklagte für die von den Klägern begehrte anteilige Vermittlungsprovision passiv legitimiert sei, müsse damit nicht eingegangen werden.

[5] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Zwar habe sich nach Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz die maßgebliche Rechtslage geändert. Nach der Übergangsbestimmung des § 29 Abs 12 VKrG sei § 16 VKrG in der neuen Fassung aber nur auf Kreditverträge und Kreditierungen anzuwenden, die nach dem 11. 9. 2019 geschlossen beziehungsweise gewährt werden, sofern die vorzeitige Rückzahlung nach dem 31. 12. 2020 geleistet werde. Im vorliegenden Fall komme daher § 16 VKrG aF zur Anwendung. Die von den Berufungswerbern geforderte richtlinienkonforme Interpretation dieser Bestimmung setze voraus, dass das nationale Recht dem Rechtsanwender einen Spielraum lasse. Eine eindeutige Regel dürfe nicht richtlinienkonform gegenteilig interpretiert werden. § 16 Abs 1 VKrG aF lasse in seinem Wortlaut und Sinn keinen Zweifel daran, dass im Falle einer vorzeitigen Kreditrückzahlung ausschließlich Zinsen und laufzeitabhängige Kosten aliquot zu reduzieren seien. Dem nationalen Gesetzgeber sei bei Fassung des § 16 Abs 1 VKrG aF weder ein Redaktionsversehen, noch ein Irrtum unterlaufen, sodass eine richtlinienkonforme Interpretation unzulässigerweise den normativen Gehalt der nationalen Regelung grundlegend neu bestimmen würde. Die Revision sei zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage einer richtlinienkonformen Interpretation des § 16 Abs 1 VKrG aF nach der Entscheidung des EuGH zu C‑383/18 (Lexitor) – soweit überblickbar – nicht vorliege und der Klärung dieser Rechtsfrage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.

Rechtliche Beurteilung

[6] Die von der Beklagten beantwortete Revision der Kläger ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

[7] 1.1 § 16 Abs 1 VKrG aF in der Fassung BGBl I 2010/28 (Darlehens- und Kreditrechts-Änderungsgesetz – DaKRÄG; idF § 16 VKrG aF) lautet:

„Der Kreditnehmer hat das jederzeit ausübbare Recht, den Kreditbetrag vor Ablauf der bedungenen Zeit zum Teil oder zur Gänze zurückzuzahlen. Die vorzeitige Rückzahlung des gesamten Kreditbetrags samt Zinsen gilt als Kündigung des Kreditvertrags. Die vom Kreditnehmer zu zahlenden Zinsen verringern sich bei vorzeitiger Kreditrückzahlung entsprechend dem dadurch verminderten Außenstand und gegebenenfalls entsprechend der dadurch verkürzten Vertragsdauer; laufzeitabhängige Kosten verringern sich verhältnismäßig.

 

[8] 1.2 Die ErläutRV zum DaKRÄG (650 BlgNR 24. GP  28) führten zum – hier interessierenden – letzten Satz des Abs 1 aus (Hervorhebungen im Original):

„Der dritte Satz des Abs. 1 ist der Frage gewidmet, welchen Einfluss die vorzeitige Kreditrückführung auf die Höhe der den Kreditnehmer noch treffenden Zahlungspflichten hat: Durch die vorzeitige Kreditrückzahlung ermäßigt sich die Höhe der vom Kreditnehmer zu entrichtenden Zinsen, weil auf Grund dieses Vorgangs das auf den dadurch abgeschnittenen Teil der ursprünglich vorgesehenen Vertragsdauer bzw. – bei vorzeitiger Teilrückzahlung – auf den dadurch vorzeitig getilgten Teil des Außenstandes entfallende Entgelt seine Grundlage verliert und deshalb in Abzug zu bringen ist. Gleiches gilt im Fall einer durch die vorzeitige Rückzahlung verkürzten Vertragsdauer für die vom Kreditnehmer zu zahlenden laufzeitabhängigen Kosten. Mit diesen Anordnungen soll eine gegenüber der korrespondierenden Bestimmung in der Verbraucherkreditrichtlinie (Artikel 16 Abs. 1 zweiter Satz) exaktere (nämlich auch auf die bloße Teilrückzahlung Bezug nehmende) und gegenüber den vergleichbaren Gesetzesbestimmungen zur früheren Richtlinienumsetzung (§ 12a Abs. 1 KSchG, § 33 Abs. 8 BWG) verständlichere (weil den bankrechtsspezifischen Begriff 'kontokorrentmäßige Abrechnung' vermeidende) Regelung getroffen werden.“

 

[9] 2. Der Oberste Gerichtshof judizierte vor der Entscheidung des EuGH vom 11. 9. 2019, C‑383/18 (Lexitor), aus einem Umkehrschluss aus § 16 Abs 1 VKrG ergebe sich, dass laufzeitunabhängige Entgelte bei vorzeitiger Tilgung nicht aliquot zu reduzieren sind (6 Ob 13/16d [Pkt 6.2.]; 10 Ob 31/16f [Pkt 5.6.2.a]; iglS zur Vorgängerbestimmung des § 33 Abs 8 aF BWG 5 Ob 118/21w [Rz 13]).

[10] 3. In der Rechtssache C‑383/18 , Lexitor, sprach der EuGH aus (Rn 36), Art 16 Abs 1 VKrRL sei dahin auszulegen, dass das Recht des Verbrauchers auf die Ermäßigung der Gesamtkosten des Kredits bei vorzeitiger Kreditrückzahlung sämtliche dem Verbraucher auferlegte Kosten umfasse. Der EuGH konzedierte, dass sich anhand der vergleichenden Prüfung der verschiedenen Sprachfassungen von Art 16 Abs 1 VKrRL der genaue Umfang der darin vorgesehenen Ermäßigung der Gesamtkosten des Kredits nicht bestimmen lasse (Rn 25). Das Ziel der Richtlinie sei es, einen hohen Schutz des Verbrauchers zu gewährleisten (Rn 29), wobei die Wirksamkeit des Rechts des Verbrauchers auf Ermäßigung der Gesamtkosten des Kredits beeinträchtigt wäre, wenn sich die Ermäßigung des Kredits auf die Berücksichtigung der Kosten beschränken könnte, die vom Kreditgeber als von der Vertragslaufzeit abhängig ausgewiesen wurden (Rn 31). Dies könnte die Gefahr mit sich bringen, dass dem Verbraucher zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kreditvertrags höhere einmalige Zahlungen auferlegt werden (Rn 32). Die Einbeziehung der Kosten, die nicht von der Vertragslaufzeit abhängig seien, in die Ermäßigung der Gesamtkosten beeinträchtige den Kreditgeber nicht in unangemessener Weise, weil Art 16 Abs 2 VKrRL sein Recht auf Entschädigung für gegebenenfalls unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung des Kredits zusammenhängende Kosten vorsehe (Rn 34).

[11] 4.1 Aufgrund dieser EuGH-Entscheidung entschied sich der Gesetzgeber zu einer Novellierung des § 16 Abs 1 letzter Satz VKrG, mit der – im Ergebnis – das Wort „laufzeitunabhängige“ in Satz 3 HS 2 entfiel (Art 1 Z 5 BGBl I 2021/1), um eine richtlinienkonforme Rechtslage sicherzustellen (478 BlgNR 27. GP  1).

[12] 4.2 Gemäß § 29 Abs 12 VKrG trat § 16 idF BGBl I 2021/1 mit 1. 1. 2021 in Kraft und ist auf Kreditverträge und Kreditierungen anzuwenden, die nach dem 11. 9. 2019 geschlossen beziehungsweise gewährt werden, sofern die vorzeitige Rückzahlung nach dem 31. 12. 2020 geleistet wird. Die in § 29 Abs 12 VKrG statuierte Beschränkung der Rückwirkung der neuen Fassung des § 16 Abs 1 VKrG auf bestimmte Altfälle ist nicht verfassungswidrig (VfGH G 221/2021).

[13] 5.1 Nach den Feststellungen haben die Kläger den Kreditvertrag mit der Beklagten im März 2020 geschlossen und den Kreditbetrag abweichend von der vereinbarten Laufzeit bereits am 10. 6. 2020 zur Gänze zurückgezahlt. Die Wirkungen der vorzeitigen Kredittilgung sind daher nach § 16 Abs 1 VKrG aF zu beurteilen. Damit ist zu klären, ob diese Bestimmung dahin ausgelegt werden kann, dass von ihr nicht nur die ausdrücklich genannten laufzeitabhängigen Kosten, sondern auch solche erfasst sind, die bei Abschluss des Kredits angefallen sind, ohne dass sie an die Laufzeit gekoppelt wären.

[14] 5.2 Aus der Novellierung von § 16 Abs 1 VKrG mit BGBl I 2021/1 ist für die Auslegung dieser Bestimmung in der bis 31. 12. 2020 geltenden Fassung nichts zu gewinnen. Eine authentische Interpretation iSd § 8 ABGB erfolgte durch die Novelle nicht. In den ErläutRV zur Novelle (478 BlgNR 27. GP  1) wurde ausdrücklich angemerkt, dass die Neuregelung auf die Auslegung der bisherigen Rechtslage keinen Einfluss nehme (P. Bydlinski, Die Auslegung des § 16 Abs 1 VKrG aF im Lichte der EuGH-Entscheidung Lexitor, ZFR 2021/87 [213]).

[15] 5.3 Eine unmittelbare Wirkung der fraglichen Richtlinienbestimmung im Anlassfall scheidet aus, weil es sich um ein horizontales Rechtsverhältnis zwischen Privaten handelt (EuGH C‑351/12 , OSA, Rn 43, 48).

[16] 6.1 Es stellt sich somit die – in der Literatur uneinheitlich beantwortete (Auflistung des Meinungsstandes bei Pendl in Schwimann/Kodek, ABGB5 IX [2022] § 16 VKrG Rz 9c FN 46) – Frage der Zulässigkeit einer richtlinienkonformen Interpretation von § 16 Abs 1 VKrG aF nach den Grundsätzen der Entscheidung Lexitor. Dazu hat der 3. Senat des Obersten Gerichtshof zu 3 Ob 216/21t jüngst Stellung genommen, in der er in einem Verbandsprozess eine Klausel in AGB einer Bank zu beurteilen hatte. Er führte in ausführlicher Auseinandersetzung mit dem Meinungsstand in der Literatur unter Bezugnahme auf die Materialien zum DaKRÄG (650 BlgNR 24. GP  36) zusammenfassend aus:

[17] „Hinsichtlich der Verpflichtung zur richtlinienkonformen Interpretation verweist der EuGH auf den Methodenkatalog des nationalen Rechts (EuGH C‑397/01 , Pfeiffer; C‑212/04 , Adeneler). Die Pflicht zur richtlinienkonformen Interpretation reicht somit grundsätzlich bis zur Grenze der äußersten Wortlautschranke, erstreckt sich aber zudem auf die nach dem innerstaatlichen interpretativen Methodenkatalog zulässige Rechtsfortbildung durch Analogie oder teleologische Reduktion im Fall einer planwidrigen Umsetzungslücke (8 ObA 47/16v [Pkt 2.3.] mwN). Eine „interprétation conforme“ der geltenden nationalen Rechtsvorschriften ist aber unzulässig, wenn diese zu einer Auslegung contra legem führen würde. Ebenso darf es nicht über diesen Umweg zu einer – sonst unzulässigen – unmittelbaren Wirkung von Richtlinienbestimmungen im horizontalen Verhältnis kommen (4 Ob 124/18s [Pkt 7.3.]; 9 ObA 11/19m [Pkt 4.]).

[18] Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs darf eine richtlinienkonforme Interpretation den normativen Gehalt der nationalen Regelung nicht grundlegend neu bestimmen (RIS‑Justiz RS0114158 [T1]). Sie darf einer nach Wortlaut und Sinn eindeutigen nationalen Regelung keinen durch die nationalen Auslegungsregeln nicht erzielbaren abweichenden oder gar entgegengesetzten Sinn geben (RS0114158 [T7]; 8 ObA 63/20b [Pkt 8]). Sie kommt allein dann zur Anwendung, wenn das nationale Recht dem Rechtsanwender einen Spielraum einräumt (RS0114158 [T5]).

[19] Einen solchen Spielraum eröffnet der bloße Verweis im Allgemeinen Teil der Erläuterungen eines Umsetzungsgesetzes, dieses diene der Umsetzung einer Richtlinie (sogenannter genereller Umsetzungswille), nicht. Ansonsten wäre bei jeder irrigen Umsetzung einer Richtlinie durch den Gesetzgeber bei noch so klarem Gesetzeswortlaut und noch so klaren, für den Gesetzeswortlaut sprechenden Gesetzesmaterialien sowie noch so klarem mit der Gesetzesbestimmung verfolgten Zweck grundsätzlich immer eine richtlinienkonforme Interpretation möglich. Solches widerspräche aber der ständigen Rechtsprechung, dass es – schon aus Gründen der Rechtssicherheit – unzulässig ist, im Weg einer richtlinienkonformen Interpretation den normativen Gehalt der nationalen Regelung grundlegend neu zu bestimmen (RS0114158; jüngst 7 Ob 241/18v [Pkt 3.2.]). Die allgemein bei fehlerhafter Richtlinienumsetzung eine Lücke bereits aufgrund des generellen Umsetzungswillens bejahende und insofern bislang vereinzelt gebliebene Entscheidung 4 Ob 62/16w wird daher abgelehnt.

[20] Normativer Gehalt des § 16 Abs 1 VKrG aF war nach einhelliger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs und ganz überwiegender Literatur, dass sich laufzeitunabhängige Kosten bei vorzeitiger Kreditrückzahlung aufgrund eines Umkehrschlusses aus der Bestimmung nicht reduzieren. Diese völlig klare nationale Gesetzeslage kann nicht allein deshalb, weil – wie aus dem Allgemeinen Teil der Gesetzesmaterialien zum VKrG ersichtlich – mit dem VKrG die Richtlinie 2008/48/EG umgesetzt werden soll und nach der nunmehrigen Rechtsprechung des EuGH die Richtlinie eine Reduktion auch der laufzeitunabhängigen Kosten gebietet, als „lückenhaft“ betrachtet werden. Die Gesetzeslage (§ 16 Abs 1 VKrG aF) ist aufgrund der bewussten Entscheidung des Gesetzgebers, die laufzeitunabhängigen Kosten bei vorzeitiger Kreditrückzahlung nicht zu reduzieren, nicht lückenhaft. Folglich ist eine Rechtsfortbildung durch Analogie ausgeschlossen.“

[21] 6.2 Der erkennende Senat schließt sich der Rechtsauffassung des 3. Senats an, wonach § 16 Abs 1 VKrG aF – auch nach der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Lexitor – dahin auszulegen ist, dass laufzeitunabhängige Kosten bei vorzeitiger Kreditrückzahlung nicht zu reduzieren sind. § 16 Abs 1 VKrG aF gibt den Klägern damit keinen Anspruch auf eine aliquote Refundierung der von ihnen bei Abschluss des Kreditvertrags bezahlten laufzeitunabhängigen Kosten.

[22] 7. Der Revision ist damit ein Erfolg zu versagen.

[23] 8. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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