OGH 2Nc21/22v

OGH2Nc21/22v11.5.2022

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende und den Senatspräsidenten Dr. Musger sowie die Hofräte Dr. Nowotny, MMag. Sloboda und Dr. Kikinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I*, vertreten durch Sacha Katzensteiner Blauensteiner Rechtsanwälte GmbH in Krems an der Donau, gegen die beklagten Parteien 1. B* und 2. L*, beide vertreten durch Dr. Florian Knaipp, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung sowie Löschung, aufgrund der Befangenheitsanzeige der Hofrätin des Obersten Gerichtshofs * vom 24. April 2022 im Revisionsverfahren AZ * den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0020NC00021.22V.0511.000

 

Spruch:

Die von der Hofrätin des Obersten Gerichtshofs * im Verfahren AZ * angezeigten Gründe sind nicht geeignet, die Besorgnis ihrer Befangenheit zu begründen.

 

Begründung:

[1] Der Kläger macht gegen die von Dr. Florian Knaipp vertretenen Beklagten Ansprüche nach dem DSG und der DSGVO geltend. Für das Revisionsverfahren ist nach der Geschäftsverteilung des Obersten Gerichtshofs der * Senat zuständig. Die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs * ist Mitglied dieses Senats.

[2] Sie zeigt an, als eine von mehr als fünfhundert Wohnungseigentümern im Zusammenhang mit Schäden einer Wohnhausanlage eine rechtliche Prüfung allfälliger Ansprüche anzustreben. Ein anderer Wohnungseigentümer habe die Initiative bei der Koordinierung übernommen und in diesem Zusammenhang auch ein Erstgespräch mit einem externen Anwalt, dem Beklagtenvertreter, geführt. Sie habe sich an dieser Vorgangsweise durch Zahlung von 20 EUR an den Wohnungseigentümer mit der Bereitschaft beteiligt, für den Fall, dass die Hausverwaltung nicht die Beauftragung durchführt, weitere 150 EUR bei Beauftragung durch eine Gruppe von Wohnungseigentümern zu leisten. Der Beklagtenvertreter sei ihr persönlich unbekannt. Ein Kontakt mit ihm habe bisher nicht stattgefunden. Ihr sei bloß seine Stellungnahme übermittelt worden. Kontakt bestehe ausschließlich zu anderen Wohnungseigentümern. Zwar würden gemeinsame Schritte überlegt, derzeit stehe aber nicht fest, ob überhaupt und mit welchen Schritten Dr. Knaipp allenfalls beauftragt werde. Ein Mandat, sie zu vertreten oder für sie Schritte zu setzen, habe sie derzeit nicht erteilt und auch noch nicht entschieden, ob sie ein solches allenfalls erteilen werde. Sie könne aber nicht ausschließen, sollte eine entsprechende Bündelung der Interessen und Finanzkraft vieler Wohnungseigentümer gelingen, den Beklagtenvertreter mitzubeauftragen. Sie fühle sich in ihrer Entscheidungsfreiheit nicht beeinträchtigt, allerdings könne angesichts der aufgezeigten Umstände auch der Standpunkt eingenommen werden, bei ihrer Mitwirkung in dieser Rechtssache sei der Anschein der Befangenheit gegeben.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die Befangenheitsanzeige ist nicht begründet.

[4] 1. Ein Richter ist nach § 19 Z 2 JN befangen, wenn bei objektiver Betrachtung ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Dafür genügen Tatsachen, die den Anschein einer Voreingenommenheit hervorrufen können (RS0046052 [T2]). Andererseits spricht die Vermutung aber für die Unparteilichkeit des Richters, solange nicht Sachverhalte dargetan werden, die das Gegenteil annehmen lassen (RS0046129 [T1, T2]). Als Befangenheitsgründe kommen in erster Linie private persönliche Beziehungen zu einer Prozesspartei oder ihren Vertretern in Betracht, die ein Naheverhältnis begründen, das bei objektiver Betrachtung zumindest geeignet ist, den Anschein einer Voreingenommenheit zu begründen (RS0045935).

[5] 2. Ein derartiges Naheverhältnis besteht hier nicht. Der Beklagtenvertreter ist der Richterin persönlich unbekannt. Weder besteht ein Mandatsverhältnis noch ist derzeit absehbar, ob ein solches zukünftig überhaupt zustande kommen wird. Die bloße Konsultation durch einen anderen – bloß geringfügig finanziell von der Richterin unterstützten – Wohnungseigentümer im Zusammenhang mit Schäden einer Wohnhausanlage mehrerer hundert Wohnungseigentümer ist noch nicht geeignet, den Anschein der Voreingenommenheit zu begründen. Es war daher auszusprechen, dass die angezeigten Gründe nicht geeignet sind, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen (§ 22 Abs 3 GOG iVm § 19 Abs 2 JN).

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