OGH 6Ob40/22h

OGH6Ob40/22h6.4.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Nowotny, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer, Dr. Faber und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*, vertreten durch MMag. Dr. Claus Casati, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei M*, vertreten durch CHG Czernich Haidlen Gast & Partner Rechtsanwälte GmbH in Innsbruck, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 13. Jänner 2022, GZ 40 R 285/21i‑31, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0060OB00040.22H.0406.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Der zwischen der Klägerin und einem näher bezeichneten Fischereiverein geschlossene (Haupt-)Bestandvertrag wurde von der Klägerin gerichtlich aufgekündigt. Der Verein erhob dagegen keine Einwendungen.

[2] Das Erstgericht gab der von der Klägerin als Eigentümerin erhobenen Räumungsklage gegenüber dem Beklagten als Afterbestandnehmer des Vereins statt.

[3] Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil.

Rechtliche Beurteilung

[4] In seiner dagegen erhobenen außerordentlichen Revision kann der Beklagte keine erhebliche Rechtsfrage aufwerfen (§ 510 Abs 3 ZPO):

[5] 1. Die Vorinstanzen legten ohne Fehlbeurteilung zugrunde, dass die erwirkte Aufkündigung des Hauptbestandvertrags auch gegenüber dem Unterbestandgeber wirksam und vollstreckbar ist, sofern dem nicht ein zwischen dem Unterbestandnehmer und dem Bestandgeber bestehendes Rechtsverhältnis entgegensteht (§ 568 ZPO; 3 Ob 278/04k; 8 Ob 60/09w; 3 Ob 163/15i).

[6] 2. Das Schwergewicht der Revision liegt in der angeblich verfehlten Beurteilung des Berufungsgerichts zu dem vom Beklagten behaupteten kollusiven Zusammenwirken von Bestandgeber (Klägerin) und Hauptbestandnehmer (Fischereiverein). Der Beklagte vermag jedoch nicht darzustellen, aus welchem Grund angesichts der bereits bestehenden Rechtsprechung dazu, wann kollusives Handeln anzunehmen ist (vgl nur 4 Ob 544/90; RS0083005; RS0061587 [T4]; RS0132027), ein Bedarf nach einer weiteren höchstgerichtlichen Entscheidung (hier in concreto zur Unterlassung von Einwendungen gegen eine gerichtliche Aufkündigung) bestehen sollte. Dies ist umso weniger zu erkennen, als er nicht darlegt, warum der Fall einer gerichtlichen Aufkündigung samt unterbliebenen Einwendungen im Hinblick auf kollusives Vorgehen wertungsmäßig anders gelagert sein sollte als der bereits entschiedene Fall des Abschlusses eines prätorischen Vergleichs (3 Ob 71/21v; vgl im Übrigen schon 1 Ob 9/04m zu einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit der der Eigentümerin verboten werden sollte, mit der Hauptmieterin einen Räumungsvergleich abzuschließen).

[7] 3. Dass das Berufungsgericht mit seiner Entscheidung von den in der Rechtsprechung des Höchstgerichts entwickelten Leitlinien zur Frage des Vorliegens kollusiven Verhaltens oder einer bewusst sittenwidrigen Schädigung (RS0083005) abgewichen wäre, vermag er – auch auf Basis der von ihm in der Berufung begehrten Ersatzfeststellungen – nicht aufzuzeigen. In der Beurteilung des Berufungsgerichts, sogar unter Zugrundelegung der Ersatzfeststellung sei aus dem Sachverhalt kein kollusives Verhalten abzuleiten, liegt keine auch im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung, zumal (auch) der Ersatzfeststellung weder eine bewusste Schädigung der Unterbestandnehmer durch die Klägerin oder den Verein (bei Unterbleiben von Einwendungen) bzw ein objektives Zusammenwirken (der Verein nahm die gerichtliche Aufkündigung bloß hin) oder eine Absprache zu diesem Verhalten zwischen den Streitteilen zu entnehmen ist. Angesichts der Rechtsunsicherheit zur Frage, ob das Bestandverhältnis überhaupt dem Mietrechtsgesetz unterläge, ist überdies nicht ersichtlich, in welcher Weise der Verein bei Hinnahme der Kündigung bewusst widerrechtlich gehandelt haben sollte.

[8] 4. Mit Ausführungen dazu, dass die Klägerin mit der Räumungsklage (nur) den Zweck verfolge, ihn durch Enteignung zu schädigen und dem neuen (ihm von der Klägerin angebotenen direkt zwischen den Streitteilen abzuschließenden) Benützungsübereinkommen zu unterwerfen, entfernt sich der Beklagte vom festgestellten Sachverhalt und führt die Rechtsrüge insofern nicht gesetzmäßig aus.

[9] 5. Seine Erwägungen dazu, dass die Klägerin einem Kontrahierungszwang unterliege, weil ihr eine Monopolstellung in Bezug auf die Ausübung der Daubelfischerei zukomme, beziehen sich auf den Abschluss eines (von der Klägerin angebotenen) neuen Vertrags direkt zwischen ihm und der Klägerin und sind damit nicht Gegenstand des Verfahrens. Auch ein Monopolist kann im Übrigen nicht gezwungen werden, jeden von einem Dritten gewünschten Vertrag abzuschließen (RS0106571; RS0016745 [T12; T20]). Ganz abgesehen davon, dass das Berufungsgericht das Vorliegen einer Monopolstellung unter Verweis auf die anderen gegebenen Möglichkeiten zur Ausübung der Daubelfischerei (nicht nur in Thaya und March, sondern auch noch in anderen vom Verein betreuten Revieren in Wien) ohne klare Fehlbeurteilung verneint hat, wäre dem Beklagten, der aus der angeblichen Monopolstellung der Klägerin ableiten will, dass die Kündigung und Räumung sittenwidrig wären, zu erwidern, dass derartige Kündigungsbeschränkungen wiederum das – inzwischen aufgelöste – Verhältnis zwischen der Klägerin und ihrem Hauptbestandnehmer beträfen.

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