OGH 1Ob18/22m

OGH1Ob18/22m23.3.2022

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofrätin und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely‑Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Pflegschaftssache des F*, geboren am * 2003, und des minderjährigen J*, geboren am * 2006, beide vertreten durch Dr. Helene Klaar, Dr. Norbert Marschall, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterhalts, über den Revisionsrekurs des Vaters G*, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger, Dr. Peter Mardetschläger, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 20. Oktober 2021, GZ 43 R 314/21a‑75, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Donaustadt vom 17. Juni 2021, GZ 29 Pu 77/19a‑67, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0010OB00018.22M.0323.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Vater ist schuldig, dem Erstantragsteller die mit 418,77 EUR (darin enthalten 69,80 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Das Erstgericht verpflichtete den Vater ab 1. 6. 2021 zur Zahlung eines monatlichen Unterhalts an seine Söhne von 380 EUR bzw 340 EUR und wies ein Unterhaltsmehrbegehren ab.

[2] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ den Revisionsrekurs des Vaters über dessen Zulassungsvorstellung nachträglich mit der – dem Gesetz allerdings nicht entsprechenden – Begründung zu, dass ihm im Rechtsmittel ein Abweichen von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorgeworfen werde, weswegen eine allfällige Korrektur der Entscheidung zu ermöglichen sei.

Rechtliche Beurteilung

[3] Der Revisionsrekurs des Vaters ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig. Das ist kurz zu begründen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

[4] 1. Hat das Gericht zweiter Instanz den ordentlichen Revisionsrekurs zugelassen, macht das Rechtsmittel aber nur solche Gründe geltend, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, so ist das Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof trotz Zulässigerklärung durch das Gericht zweiter Instanz zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0102059). Der Vater wirft in seinem Revisionsrekurs keine solche Rechtsfrage auf.

[5] 2.1 Das Rekursgericht hat sich auf die Judikatur des Obersten Gerichtshofs bezogen, wonach bei mangelnder Mitwirkung des Unterhaltspflichtigen die Bestimmung der Unterhaltsbemessungsgrundlage nach dessen Lebensaufwand möglich ist (RS0117850 [T4]; vgl 3 Ob 91/20h). Dazu fehlt im Rechtsmittel des Vaters jegliche inhaltliche Auseinandersetzung.

[6] 2.2 Darüber hinaus referierte das Rekursgericht die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, nach der Zuwendungen, die von Familienangehörigen oder Lebensgefährten ohne rechtliche Verpflichtung, also freiwillig, erbracht werden und nicht dazu gedacht sind, andere Unterhaltsberechtigte mitzuversorgen, nicht zu dem für die Unterhaltsbemessung maßgeblichen Einkommen des Unterhaltspflichtigen zählen (vgl dazu RS0129468) und verwies darauf, dass daran trotz Kritik im Schrifttum (Gitschthaler, Unterhaltsrecht4 Rz 305 f; Schwimann/Kolmasch Unterhaltsrecht9 21 ff; Gitschthaler in Gitschthaler/Höllwerth, EheG² § 94 ABGB Rz 48 ff) festgehalten werde. Erkennbar auf diese Ausführungen bezieht sich der Vater, wenn er meint, das Rekursgericht sei „unter Verweis auf die Literatur“ von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen. Worin genau die Entscheidung des Rekursgerichts von den herrschenden Grundsätzen in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung abgeht, versucht er aber gar nicht näher zu begründen. Soweit er ohne Konkretisierung ausführt, finanzielle Leistungen seiner Lebensgefährtin seien nach ständiger Rechtsprechung nicht zu berücksichtigen, lässt er nicht erkennen, auf welche konkreten Tatsachen bzw auf welche Judikate er abzielt. Den Umstand, dass – wie er in erster Instanz zu Protokoll gab – die Hälfte der Wohnungskosten von seiner Lebensgefährtin getragen werden, haben die Vorinstanzen ohnedies berücksichtigt.

[7] 3. Auch im Verfahren außer Streitsachen wird verlangt, dass die Rechtsmittelausführungen aus sich heraus verständlich sind, ohne dass das Rechtsmittelgericht genötigt ist, nach allenfalls einschlägigen Passagen in früheren Schriftsätzen zu suchen. Verweise auf andere Schriftsätze sind daher regelmäßig unzulässig und unbeachtlich (RS0007029). Das gilt auch für Verweise auf Rekursausführungen im Revisionsrekurs (RS0043579 [T19]). Allein mit dem im Revisionsrekurs enthaltenen pauschalen Hinweis auf das vom Vater „im Rekurs angesprochene Problem“, das vom Rekursgericht ignoriert worden sei, kann er daher ebenfalls keine einer Behandlung durch den Obersten Gerichtshof zugängliche Rechtsfrage von der Bedeutung des § 62 Abs 1 AußStrG aufzeigen.

[8] 4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

[9] 5. Der Erstantragsteller hat nach der Entscheidung des Erstgerichts die Volljährigkeit erreicht, sodass ihm nach § 78 AußStrG der Ersatz seiner Kosten für das Revisionsrekursverfahren zusteht (9 Ob 57/14v mwN; Fucik/Kloiber, AußStrG § 101 Rz 15; Deixler‑Hübner in Rechberger/Klicka, AußStrG³ § 101 Rz 13). Er hat auch auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen. Als Bemessungsgrundlage ist von demin den Rechtsmittelverfahren strittigen Unterhaltserhöhungsbetrag auszugehen (§ 9 Abs 3 iVm Abs 2 RATG).

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