OGH 1Ob39/22z

OGH1Ob39/22z23.3.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely‑Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei U* AG, *, vertreten durch Dr. Bertram Grass und Mag. Christoph Dorner, Rechtsanwälte in Bregenz, sowie der auf Seiten der klagenden Partei beigetretenen Nebenintervenientin Gemeinde *, vertreten durch die Blum, Hagen & Partner Rechtsanwälte GmbH, Feldkirch, gegen die beklagten Parteien 1. R*, vertreten durch Dr. Dietmar Fritz, Rechtsanwalt in Bezau, und 2. P*, vertreten durch Dr. Günter Flatz, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen 133.200 EUR sA über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 2. Dezember 2021, GZ 1 R 153/21s‑56, mit dem das mit Beschluss vom 7. Juni 2021, GZ 9 Cg 28/19b‑48, berichtigte Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 4. Juni 2021, GZ 9 Cg 29/19b‑47, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0010OB00039.22Z.0323.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] In einem bei der Klägerin feuerversicherten Wohngebäude kam es zu einem Brand, der dadurch verursacht wurde, dass bei der Errichtung der Wanddurchführung des Abgasrohrs eines Ofens der Mindestabstand zu angrenzenden brennbaren Bauteilen nicht eingehalten wurde.

[2] Die Klägerin begehrt von den Beklagten den Ersatz der von ihr erbrachten Versicherungsleistung. Sie wirft dem Zweitbeklagten vor, den Ofen nicht fachgerecht angeschlossen zu haben, was dem Erstbeklagten als zuständigem Rauchfangkehrer, der die fachgerechte Errichtung der Feuerungsanlage nicht (mündlich) bestätigen hätte dürfen, sondern auf die Notwendigkeit der Einholung bau- und feuerpolizeilicher Bewilligungen hinzuweisen gehabt hätte, auffallen hätte müssen.

[3] Das Berufungsgericht verwarf die vom Erstbeklagten erhobene – auf § 9 Abs 5 AHG gestützte – Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs, weil die Klägerin dessen Haftung (zulässigerweise: vgl 1 Ob 224/10p; 3 Ob 110/18z; 7 Ob 64/19s) nur aus dem von ihm abgeschlossenen „Kehrvertrag“ abgeleitet habe, und wies die gegen ihn erhobene Klage ab.

[4] Der vom Erstbeklagten mit „den Hauseigentümern“ abgeschlossene „Kehrvertrag“, aus dessen Verletzung die Klägerin ihre Ansprüche ableite, habe nur ein Entzünden von Ablagerungen verhindern sollen, hingegen keine Überprüfung der Feuerungsanlage auf ihre (bauliche) Brandsicherheit bezweckt. Mit einer solchen Überprüfung sei der Erstbeklagte auch sonst nicht beauftragt worden. Aus dessen – anlässlich einer „Besichtigung“ des Kamins erfolgter – Äußerung, dass „es so passe“, könne keine Haftung des Erstbeklagten abgeleitet werden, zumal die Besichtigung unentgeltlich erfolgt sei und eine Haftung daher nur bei einer – hier mangels Erkennbarkeit des nicht fachgerechten Anschlusses des Abgasrohrs nicht anzunehmenden – wissentlich falschen Auskunft in Betracht käme. Mangels Erkennbarkeit des fehlerhaften Anschlusses sei ihm auch keine Verletzung einer (vertraglichen) Warnpflicht vorzuwerfen. Zu Nachforschungen darüber, ob für die – von ihm weder errichtete noch überprüfte – Feuerungsanlage sämtliche erforderlichen behördlichen Bewilligungen eingeholt wurden, sei er nicht verpflichtet gewesen. Der Klägerin falle im Übrigen zur Last, dass das Erstgericht dazu, ob der Erstbeklagte „die Hauseigentümer“ über die Notwendigkeit einer Anzeige der Kaminerrichtung an die Baubehörde sowie über das Erfordernis der Einholung einer Bestätigung eines Fachmannes über den fachgerechten Anschluss des Ofens sowie eines schriftlichen Kaminbefunds aufklärte, Negativfeststellungen traf.

Rechtliche Beurteilung

[5] Die gegen die Abweisung der gegen den Erstbeklagten erhobenen Klage gerichtete außerordentliche Revision der Klägerin ist mangels Darlegung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

[6] 1. Die Revisionswerberin behauptet bloß pauschal, die Berufungsentscheidung stehe „in auffallendem Widerspruch“ zur höchstgerichtlichen Rechtsprechung, führt aber keine Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs an, die für ihren Rechtsstandpunkt sprächen und mit denen die angefochtene Entscheidung in Widerspruch stünde. Dies entspricht nicht den Anforderungen an die gesetzmäßige Ausführung der Zulassungsbeschwerde (vgl RS0043654 [T5]).

[7] 2. Die Rechtsmittelwerberin argumentiert primär, der Erstbeklagte wäre (neben-)vertraglich zu einer Aufklärung über das Erfordernis der Einholung „bau- und feuerpolizeilicher Bewilligungen“ verpflichtet gewesen. Das Berufungsgericht hielt dementgegen, dass nicht nachgewiesen werden konnte, dass der Erstbeklagte eine solche Aufklärung unterließ. Die Revisionswerberin übergeht diese selbständig tragfähige (vgl zur Beweislast des Geschädigten für die objektive Pflichtverletzung RS0026290 [T1]; RS0022686 [T4, T16]; RS0026338 [T1]; zur Verletzung einer Aufklärungspflicht etwa 10 Ob 84/15y; 1 Ob 113/17z, jeweils mwN) Begründung. Sie zeigt daher schon aus diesem Grund keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf (RS0118709 [T1]). Ihre Behauptung, das Erstgericht sei vom Unterbleiben einer solchen Aufklärung ausgegangen, widerspricht dieser Negativfeststellung. Auf das Argument, der Erstbeklagte hätte nicht davon ausgehen dürfen, dass die Feuerungsanlage von einem anderen Rauchfangkehrer überprüft wurde und für diese die entsprechenden Bewilligungen erteilt wurden, muss aufgrund des fehlenden Nachweises einer Aufklärungspflichtverletzung des Erstbeklagten ebensowenig eingegangen werden, wie auf den Vorwurf, er habe insoweit „Nachforschungspflichten“ verletzt. Mit ihren in diesem Zusammenhang erfolgten Verweisen auf das vom Erstgericht eingeholte Sachverständigengutachten weicht sie – soweit dieses insoweit nicht bloß unbeachtliche rechtliche Schlussfolgerungen enthält – vom festgestellten Sachverhalt ab.

[8] 3. Soweit die Revisionswerberin die Haftung des Erstbeklagten auf dessen – anlässlich einer Besichtigung des neu errichteten Kamins getätigte – Aussage, dass „es so passe“, stützt, steht nicht fest, in welchem konkreten Zusammenhang diese getätigt wurde. Davon abgesehen wies das Berufungsgericht zutreffend darauf hin, dass die Klägerin in erster Instanz nicht behauptet hatte, der Erstbeklagte sei mit der Erstellung eines „Kaminbefunds“ beauftragt worden, vielmehr brachte sie vor, er habe keinen solchen „Befund“ erstellt. Warum die Erklärung des Erstbeklagten dann zwingend dahin zu verstehen gewesen sein soll, dass er die Benutzung des Kamins „in feuerpolizeilicher Hinsicht freigegeben“ hätte (wobei es sich wohl um einen – ohne erkennbare Rechtsgrundlage erfolgten – Hoheitsakt gehandelt hätte, aus dem die persönliche Haftung des Erstbeklagten aber gerade nicht abgeleitet werden kann, vermag die Rechtsmittelwerberin nicht darzulegen. Sie wendet sich auch nicht gegen die selbständig tragfähige Begründung des Berufungsgerichts, wonach bei einer – vom Berufungsgericht unbekämpft angenommenen – unentgeltlichen bzw aus Gefälligkeit erteilten Auskunft gemäß § 1300 ABGB nur für eine (hier keinesfalls anzunehmende) wissentliche Unrichtigkeit gehaftet werde (vgl RS0026631), sodass sie auch aus diesem Grund keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 2 ZPO aufzeigt.

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