OGH 15Os125/21b

OGH15Os125/21b9.3.2022

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. März 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in der Strafsache gegen * J* wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Geschworenengericht vom 25. Juni 2021, GZ 37 Hv 16/21k‑59, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den gleichzeitig gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO gefassten Beschluss nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo 2019) den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0150OS00125.21B.0309.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde * J* des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 18. Oktober 2020 in L* * S* zu töten versucht, indem er ihr zumindest acht Messerstiche versetzte, wodurch sie zumindest vier Stichverletzungen im Halsbereich teils mit Eröffnung der Luftröhre, ein „Horner‑Syndrom“ rechtsseitig (verengte Pupille, Lidhebeschwäche, zurückgesunkener Augapfel), zumindest drei Stichverletzungen im Nackenbereich, Haut- und Weichteilemphysem betont rechtsseitig bis in den Mittelfellraum reichend (Lufteinlagerungen unter der Haut und in oberen Anteilen der Brustkorborgane) mit Einblutung in die Halsweichteile, zumindest eine Stichverletzung im Gesäßbereich linksseitig sowie Schnittwunden an beiden Händen, also eine lebensgefährliche Verletzung erlitt.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 8 und 10a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

[4] Zum Einwand der Instruktionsrüge (Z 8), den Geschworenen sei auf deren Verlangen während der Beratung vom Schwurgerichtshof eine ergänzende Rechtsbelehrung erteilt worden, ohne dass der Inhalt der Belehrung im Protokoll festgehalten worden sei, ist auf das Ergebnis der vom Obersten Gerichtshof aufgetragenen Aufklärung (§ 285 f StPO) zu verweisen. Demnach hatte diese Instruktion die neuerliche Erläuterung der Voraussetzungen eines Rücktritts vom Versuch nach § 16 Abs 1 StGB zum Inhalt, ohne dabei „qualitativ oder quantitativ den Inhalt der vorliegenden schriftlichen Rechtsbelehrung zu überschreiten“ (ON 67).

[5] Die Tatsachenrüge (Z 10a) zielt auf den Strafaufhebungsgrund des Rücktritts vom Versuch nach § 16 Abs 1 StGB ab. Mit den Hinweisen auf die Aussage des Opfers, wonach es nach der Beendigung der Angriffe des Angeklagten keine Kraft mehr gehabt hätte, aufzustehen und schnell zu gehen, sodass es ausgereicht hatte, dass dieser es immer wieder auf die Couch zurück schubste sowie dass es nicht mehr richtig reden und schon gar nicht schreien konnte, weil es „geblubbert hatte“, werden beim Obersten Gerichtshof keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen geweckt. Das gilt auch für die Bezugnahme auf die Angaben des Sachverständigen Univ.‑Prof. Dr. * M*, wonach dem Opfer ein Schreien bei der gegenständlichen Verletzung tatsächlich nicht möglich war, und die Behauptung, der Angeklagte hätte daran mitgewirkt, dass die Verletzte möglichst rasch in ärztliche Behandlung kommt (vgl zum Anfechtungsrahmen des Nichtigkeitsgrundes RIS‑Justiz RS0118780).

[6] Soweit die Tatsachenrüge auf die Niederschrift der Geschworenen (§ 331 Abs 3 StPO) Bezug nimmt, ist ihr zu entgegnen, dass diese nicht Anknüpfungspunkt einer Tatsachenrüge sein kann (RIS‑Justiz RS0115549).

[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO, § 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO, § 344 StPO).

[8] Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.

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