OGH 10ObS157/21t

OGH10ObS157/21t22.2.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, den Hofrat Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin Dr. Faber, sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Antonia Oberwalder (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Gerald Fida (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei M*, vertreten durch Korn & Gärtner Rechtsanwälte OG in Salzburg, gegen die beklagte Partei Österreichische Gesundheitskasse, 1030 Wien, Haidingergasse 1, vertreten durch Ebner Aichinger Guggenberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen Familienzeitbonus, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. Juni 2021, GZ 11 Rs 53/21 z‑11, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 8. April 2021, GZ 32 Cgs 6/21z‑6, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:010OBS00157.21T.0222.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 418,78 EUR (darin enthalten 69,80 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Frage, ob die Anspruchsvoraussetzung der Unterbrechung der Erwerbstätigkeit iSd § 2 Abs 4 FamZeitbG erfüllt ist, wenn der Vater seine Erwerbstätigkeit im Anschluss an den Antragszeitraum nicht sofort wieder aufnimmt, sondern – im vorliegenden Fall mit einem Abstand von wenigen Tagen, während derer er seine Erwerbstätigkeit tatsächlich nicht ausübte – eine Väterkarenz nach dem VKG in Anspruch nimmt.

[2] Der Sohn M* des Klägers wurde am 5. 7. 2020 geboren. Der Kläger teilte seinem Arbeitgeber mit Schreiben vom 12. 7. 2020 mit, er nehme anlässlich der Geburt eine Freistellung („Papamonat“) von 1. 8. 2020 bis 30. 8. 2020 in Anspruch. Für diesen Zeitraum beantragte er den Familienzeitbonus. Mit Schreiben vom 13. 8. 2020 teilte er seinem Arbeitgeber mit, von 31. 8. 2020 bis 4. 7. 2022 Karenz in Anspruch zu nehmen.

[3] Der Kläger war von seinem Arbeitgeber im Zeitraum von 31. 8. 2020 bis einschließlich 3. 9. 2020 nicht zur Sozialversicherung gemeldet und übte auch keine Erwerbstätigkeit aus. Ab dem 4. 9. 2020 bezog er Kinderbetreuungsgeld.

[4] Mit dem angefochtenen Bescheid vom 22. 12. 2020 wies die beklagte Österreichische Gesundheitskasse den Antrag des Klägers auf Familienzeitbonus für den Zeitraum von 1. 8. 2020 bis 30. 8. 2020 mit der Begründung ab, der Kläger habe im Anschluss an den Antragszeitraum eine Väterkarenz angetreten und dazwischen nicht gearbeitet.

[5] Der Kläger begehrt in seiner Klage den Familienzeitbonus für den Zeitraum von 1. 8. 2020 bis 30. 8. 2020.

[6] Er brachte vor, er befinde sich in einem karenzierten Dienstverhältnis und werde seine Arbeit nach Ablauf der Karenz am 5. 7. 2022 wieder antreten. Die Inanspruchnahme einer Väterkarenz führe nicht zum Verlust des Anspruchs auf Familienzeitbonus.

[7] Die Beklagte bestritt das Klagebegehren. Sie brachte vor, aus der Anrechnungsbestimmung des § 2 Abs 7 KBGG ergebe sich, dass der Gesetzgeber einen Bezug von Familienzeitbonus und anschließenden Bezug von Kinderbetreuungsgeld nicht fördern habe wollen. Dem Anspruch auf Familienzeitbonus stehe entgegen, dass der Kläger von 31. 8. 2020 bis 3. 9. 2020 von seinem Dienstgeber nicht wieder zur Sozialversicherung gemeldet worden sei. Zudem erfülle (auch) eine lückenlos an die Familienzeit anschließende Väterkarenz nicht die Erfordernisse der Gleichstellung (gemeint: mit der tatsächlichen Ausübung einer in Österreich kranken- und pensionsversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit). Die Beklagte weise in ihrem Informationsblatt zum Familienzeitbonus darauf hin, dass eine Karenz nicht als Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit gelte.

[8] Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren statt.

[9] Das Berufungsgerichtließ die Revision zu, weil zur hier maßgeblichen Frage keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

[10] Rechtlich führte es – gestützt auf die Entscheidung 10 ObS 10/19x des Obersten Gerichtshofs – aus, der Anspruch eines unselbständig erwerbstätigen Vaters auf Familienzeitbonus gehe nicht dadurch verloren, dass die mit dem Dienstgeber vereinbarte Unterbrechung der Erwerbstätigkeit wenige Tage über den Bezugszeitraum hinausgehe. Nach Erörterung der Gesetzesmaterialien sowie des Meinungsstands in der Literatur schloss es sich der Ansicht von Burger‑Ehrnhofer, Sonntag und Schrattbauer an, wonach eine an die Familienzeit anknüpfende Väterkarenz dem Anspruch auf Familienzeitbonus nicht entgegenstehe. Der Gesetzgeber strebe mit dem Familienzeitbonus die finanzielle Unterstützung von Vätern an, die sich nach der Geburt ausschließlich der Familie widmeten. Der Familienzeitbonus gebühre auch während eines Wochengeldbezugs der Mutter, wohingegen ein allfälliger Anspruch des Vaters auf Kinderbetreuungsgeld während des Wochengeldbezugs der Mutter ruhe. Zur Verwirklichung der gesetzgeberischen Ziele sei es daher geboten, Vätern vor dem Bezug von Kinderbetreuungsgeld auch den Familienzeitbonus zu gewähren. Dadurch werde weder eine vom Gesetzgeber nicht gewollte Verlängerung der Väterkarenz bewirkt noch komme es zu einem erhöhten Leistungsbezug, weil der bezogene Familienzeitbonus nach § 2 Abs 7 KBGG ohnehin auf das vom Vater bezogene Kinderbetreuungsgeld anzurechnen sei.

[11] Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie die Abänderung und Klageabweisung anstrebt.

[12] Sie vertritt zusammengefasst, der Familienzeitbonus gebühre nicht, weil der Kläger seine Erwerbstätigkeit nicht unmittelbar nach dem Bezugszeitraum wieder aufgenommen habe, sodass keine Unterbrechung der Erwerbstätigkeit iSd § 2 Abs 4 FamZeitbG vorliege.

[13] Der Kläger beantragt in der Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[14] Die Revision ist zulässig, weil der Oberste Gerichtshof zum Anspruch auf Familienzeitbonus im Fall einer an die Familienzeit anschließenden Väterkarenz ohne vorherige Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit noch nicht Stellung genommen hat. Sie ist aber nicht berechtigt.

[15] 1.1. Als Familienzeit im Sinn des § 2 Abs 4 FamZeitbG versteht man den Zeitraum zwischen 28 und 31 Tagen, in dem sich ein Vater aufgrund der kürzlich erfolgten Geburt seines Kindes ausschließlich seiner Familie widmet und dazu die Erwerbstätigkeit unterbricht, keine andere Erwerbstätigkeit ausübt, keine Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung sowie keine Entgeltfortzahlung aufgrund von oder Leistungen bei Krankheit erhält.

[16] 1.2. Wie sich dazu aus den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 1110 BlgNR 25. GP  1) ergibt, sollen erwerbstätige Väter, die sich direkt nach der Geburt ihres Kindes intensiv und ausschließlich der Familie widmen, eine finanzielle Unterstützung erhalten.

[17] 1.3. Das FamZeitbG selbst definiert den in § 2 Abs 4 FamZeitbG enthaltenen Begriff der „Unterbrechung“ der vor Bezugsbeginn tatsächlich ausgeübten Erwerbstätigkeit (§ 2 Abs 1 Z 5 FamZeitbG) nicht. Aus dem Gesetzeszweck und dem Gesamtzusammenhang lässt sich aber entnehmen, dass eine Erwerbstätigkeit während des Bezugszeitraums zur Gänze zu unterbleiben hat. Entsprechend der Definition der Familienzeit in § 2 Abs 4 FamZeitbG muss der Vater die Erwerbstätigkeit zum Beispiel durch Inanspruchnahme von Sonderurlaub unterbrechen oder sein Gewerbe ruhend melden und dem Krankenversicherungsträger die entsprechenden Nachweise vorlegen (10 ObS 10/19x SSV‑NF 33/11 = EvBl 2019/90, 606 [Burger‑Ehrnhofer]).

[18] Erst mit dem gemäß § 14 Abs 19 VKG am 1. 9. 2019 in Kraft getretenen § 1a VKG wurde ein korrespondierender arbeitsrechtlicher Freistellungsanspruch für Arbeitnehmer geschaffen. Nach dieser Bestimmung ist dem Vater, der mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt lebt, unbeschadet des Anspruchs auf Karenz nach §§ 2 ff VKG für den Zeitraum von der Geburt seines Kindes bis zum Ablauf des Beschäftigungsverbots der Mutter nach der Geburt eine Freistellung in der Dauer von einem Monat zu gewähren.

[19] 1.4. Die Familienzeit (§ 2 Abs 4 FamZeitbG) muss innerhalb eines Zeitraums von 91 Tagen ab Geburt des Kindes liegen (§ 3 Abs 2 FamZeitbG).

[20] 1.5. Der Oberste Gerichtshof hat – worauf die Vorinstanzen bereits hingewiesen haben – schon zu einem Fall Stellung genommen, in dem die zwischen dem Vater und dem Arbeitgeber vereinbarte Freistellung – in casu um vier Tage – über den Zeitraum des beantragten Bezugs von Familienzeitbonus hinaus reichte (10 ObS 10/19x SSV‑NF 33/11 = EvBl 2019/90, 606 [Burger‑Ehrnhofer]). Nach dieser Entscheidung geht der Anspruch eines unselbständig erwerbstätigen Vaters auf Familienzeitbonus nicht dadurch verloren, dass der mit dem Dienstgeber vereinbarte Zeitraum der Unterbrechung der Erwerbstätigkeit wenige Tage über den Bezugszeitraum des Familienzeitbonus hinausgeht (vgl RS0132552).

[21] 2.1. Im vorliegenden Fall hatte der Kläger mit seinem Dienstgeber zunächst eine Freistellung bis 30. 8. 2020 vereinbart; er teilte ihm in der Folge mit, Karenz ab dem 31. 8. 2020 in Anspruch zu nehmen.

[22] Aus dem festgestellten Sachverhalt lassen sich die Gründe dafür, dass der Kläger nicht bereits ab dem 31. 8. 2020 Kinderbetreuungsgeld bezog, nicht entnehmen. Aufgrund der Feststellungen kann auch nicht beurteilt werden, ob er bereits ab dem 31. 8. 2020 einen Anspruch auf Karenz nach § 2 VKG hatte – was die Beklagte bestreitet – oder nicht. Darauf kommt es aber im vorliegenden Fall – wie sogleich ausgeführt – nicht an.

[23] 2.2. Selbst wenn der Kläger in den Tagen zwischen der Inanspruchnahme von Familienzeit und dem Bezug des Kinderbetreuungsgeldes keinen Anspruch auf Karenz nach dem VKG hatte (dass er einen solchen Anspruch auch ab dem 4. 9. 2020 nicht gehabt hätte, behauptet die Beklagte nicht), ergibt sich aus dem festgestellten Sachverhalt, dass zwischen ihm und seinem Arbeitgeber Einigkeit über das Unterbleiben der Arbeitsleistung (auch) vom 31. 8. 2020 bis zum 3. 9. 2020 bestand. Damit liegt ein Sachverhalt vor, der dem in der Entscheidung 10 ObS 10/19x entschiedenen Fall entsprach, in dem der Vater mit dem Arbeitgeber von vornherein eine Freistellung vereinbart hatte, die um vier Tage über die beantragte Bezugsdauer des Familienzeitbonus hinausging.

[24] 3.1. Entscheidend im vorliegenden Fall ist die Frage, ob die auf den (beantragten) Bezug des Familienzeitbonus folgende Inanspruchnahme einer Karenz nach dem VKG ohne dazwischen erfolgte Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit dem Bezug des Familienzeitbonus entgegensteht.

[25] 3.2. Dies ist, wie das Berufungsgericht bereits zutreffend (§ 510 Abs 3 ZPO) ableitete, nicht der Fall.

[26] 3.3. § 2 Abs 4 FamZeitbG verlangt die Unterbrechung der – in § 2 Abs 1 Z 5 legal definierten – Erwerbstätigkeit, ohne zu normieren, dass die Erwerbstätigkeit unverzüglich oder zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder aufgenommen werden muss.

[27] 3.4. Die Materialien führen lediglich aus, dass die Erwerbstätigkeit „im Anschluss an die Familienzeit“ weitergeführt werden müsse. Werde das Dienstverhältnis unmittelbar im Anschluss an das Bezugsende des Familienzeitbonus durch den Dienstgeber beendet und damit ein unberechtigter Bezug des Familienzeitbonus verursacht, so sei von der Rückforderung abzusehen (ErläutRV 1110 BlgNR 25. GP  2).

[28] 3.5. In der Literatur werden unterschiedliche Standpunkte vertreten:

[29] 3.5.1. Nach Holzmann‑Windhofer muss der Zeitraum der Unterbrechung der Erwerbstätigkeit exakt mit dem Bezugszeitraum des Familienzeitbonus übereinstimmen. Die Inanspruchnahme einer Väterkarenz nach dem VKG sei ohne Schaden erst nach erfolgter Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit möglich, wofür hypothetisch ein Tag reiche. Das folge daraus, dass eine lückenlos an die Familienzeit anschließende Väterkarenz nicht die Gleichstellungserfordernisse in den 182 Tagen davor (gemeint: gemäß § 2 Abs 7 FamZeitbG) erfülle, weshalb ihre Inanspruchnahme nicht als Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit gelte (Holzmann‑Windhofer in Holzmann‑Windhofer/Weißenböck, Kinderbetreuungsgeldgesetz [2017] 287, insb FN 17).

[30] 3.5.2. Hingegen vertreten Burger-Ehrnhofer (Glosse zu 10 ObS 10/19x, ÖJZ 2019/90, 606 [608 f]), Schrattbauer (Drei Jahre Familienzeitbonus – kritische Revision einer noch jungen Familienleistung, JAS 2020, 244 [257]) und Sonntag (in Sonntag/Schober/Konezny, KBGG³ [2020] § 2 FamZeitbG Rz 18b), eine an die Familienzeit des Vaters anschließende Inanspruchnahme einer Karenz nach dem VKG sei für den Anspruch auf Familienzeitbonus unschädlich.

[31] 3.5.3. Nach Burger‑Ehrnhofer – auf die sich Schrattbauer und Sonntag stützen – kann von einer Unterbrechung der Erwerbstätigkeit wohl nur ausgegangen werden, wenn sie nach einer Pause wieder aufgenommen werde. Das FamZeitbG regle aber nicht, dass dies unmittelbar nach dem Ende des Bezugs des Familienzeitbonus erfolgen müsse. Schließe sich an die für den Bezug von Familienzeitbonus notwendige „Arbeitspause“ eine weitere Zeit der Nichtausübung einer Erwerbstätigkeit an, so sei das für den zuvor bezogenen Familienzeitbonus nur dann relevant, wenn im Anschluss daran gar keine Erwerbstätigkeit mehr aufgenommen werde. Auch eine längere Freistellung, etwa durch Inanspruchnahme einer Väterkarenz, stehe dem Anspruch auf Familienzeitbonus nicht entgegen, weil dadurch weder der Zweck des Familienzeitbonus noch der einer Väterkarenz konterkariert werde. Mit dem FamZeitbG habe der Gesetzgeber danach getrachtet, klar zu regeln, dass der Familienzeitbonus nur jenen Vätern zukomme, die sich während des Bezugs tatsächlich um die Familie kümmerten. Dies sei durch das Erfordernis der absoluten Unterbrechung der Erwerbstätigkeit zum Ausdruck gebracht worden. Der Familienzeitbonus solle daher auch dann gebühren, wenn sich Väter noch mehr engagierten und ihre Familienzeit so legten, dass sie im Anschluss daran Väterkarenz in Anspruch nehmen könnten (Burger‑Ehrnhofer Glosse zu 10 ObS 10/19x, ÖJZ 2019, 606 [608 f]).

[32] 3.5.4. Reissner und Blasl sprechen zwar nicht die Inanspruchnahme einer Karenz nach dem VKG an. Nach Blasl soll aber auch ein „längerer“ Unterbrechungszeitraum für den Anspruch auf Familienzeitbonus irrelevant sein, solange danach die eingestellte Erwerbstätigkeit wieder aufgenommen wird (Blasl, Exakte Deckung von Karenzierung und Bezugszeitraum für Anspruch auf den Familienzeitbonus erforderlich? ASok 2019, 311 [313]). Auch nach Reissner ist nicht zu verlangen, dass die Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit nahtlos an den „Papamonat“ anschließt (Reissner, Der „Papamonat“ aus sozialrechtlicher Sicht, ASoK 2019, 402 [410]).

[33] 4.1. Der Oberste Gerichtshof hat bereits klargestellt, dass § 2 Abs 1 Z 5 FamZeitbG als Voraussetzung für den Familienzeitbonus zwar verlangt, dass der Vater in den letzten 182 Tagen „unmittelbar“ vor Bezugsbeginn durchgehend eine kranken- und pensionsversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, dass aber kein – gleichsam spiegelbildliches – Erfordernis besteht, diese Erwerbstätigkeit „unmittelbar“ (taggenau) nach Bezugsende bzw Ende der Familienzeit (wieder) auszuüben.

[34] Die Rechtsansicht Holzmann‑Windhofers, die von einer solchen quasi spiegelbildlichen Verpflichtung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit „unmittelbar“ im Anschluss an den Bezug des Familienzeitbonus ausgeht (wie sich aus der Bezugnahme auf die Gleichstellungsbestimmung des § 2 Abs 7 FamZeitbG ergibt), wurde daher vom Obersten Gerichtshof bereits abgelehnt. Ihr ist mangels gesetzlicher Grundlage auch für Fälle, in denen der Vater im Anschluss an die Familienzeit eine Karenz nach dem VKG in Anspruch nimmt, nicht zu folgen.

[35] 4.2. Auch zu den Ausführungen in den Materialien, die Erwerbstätigkeit müsse „im Anschluss an die Familienzeit“ weitergeführt werden, wurde bereits klargestellt, dass der Hinweis im Zusammenhang damit steht, dass die Beendigung der zuvor ausgeübten Erwerbstätigkeit zum Anspruchsverlust führen soll (10 ObS 10/19x SSV‑NF 33/11 = EvBl 2019/90, 606 [Burger‑Ehrnhofer]).

[36] 4.3. Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs steht die Inanspruchnahme einer Karenz nach dem VKG im Anschluss an die Familienzeit der Erfüllung der Voraussetzung der (bloßen) Unterbrechung der Erwerbstätigkeit gemäß § 2 Abs 4 FamZeitbG nicht entgegen.

[37] 4.4. Soweit sich die Beklagte auf die Hinweise im Antragsformular und im Informationsblatt zum Familienzeitbonus stützt, ist in Erinnerung zu rufen, dass Formulare den in § 2 FamZeitbG eingeräumten Anspruch auf Familienzeitbonus nicht einschränken oder aberkennen können (vgl 10 ObS 10/19x SSV‑NF 33/11 = EvBl 2019/90, 606 [Burger‑Ehrnhofer]).

[38] 4.5. Nach § 2 Abs 7 KBGG reduziert sich der Anspruch eines Elternteils auf Kinderbetreuungsgeld für ein Kind um den Anspruch dieses Elternteils auf den Familienzeitbonus und vergleichbare Leistungen nach anderen in- und ausländischen Rechtsvorschriften. Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten lässt sich aus dieser Bestimmung nicht die Wertung entnehmen, dass der Gesetzgeber eine an die Familienzeit anschließende Karenz nach dem VKG ablehnt. Die Anrechnungsbestimmung kommt unabhängig davon zur Anwendung, ob der Vater zwischen dem Bezug des Familienzeitbonus und der Inanspruchnahme einer Karenz nach dem VKG seine Erwerbstätigkeit wieder aufnimmt oder nicht.

[39] 5. Im vorliegenden Fall ist das Dienstverhältnis des Klägers nicht beendet. Es besteht zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz (§ 193 ZPO) kein Anhaltspunkt dafür, dass er seine zuvor ausgeübte Erwerbstätigkeit nach Ablauf der Karenz nach dem VKG nicht wieder aufnehmen wird. Es ist daher vom Vorliegen einer Unterbrechung seiner Erwerbstätigkeit iSd § 2 Abs 4 FamZeitbG auszugehen.

[40] Der Revision ist daher nicht Folge zu geben.

6. Ergebnis:

[41] Der Anspruch eines unselbständig erwerbstätigen Vaters auf Familienzeitbonus geht nicht dadurch verloren, dass er im unmittelbaren Anschluss an den Zeitraum des Bezugs des Familienzeitbonus oder im Anschluss an eine wenige Tage über den Bezugszeitraum des Familienzeitbonus hinausgehende, mit dem Dienstgeber vereinbarte Unterbrechung der Erwerbstätigkeit eine Karenz nach dem VKG in Anspruch nimmt.

[42] 7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a iVm Abs 2 ASGG.

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