OGH 2Ob105/21m

OGH2Ob105/21m27.1.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende sowie den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und MMag. Sloboda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. H*, vertreten durch Dr. Felix Graf, Rechtsanwalt in Feldkirch, gegen die beklagten Parteien 1. J* GmbH *, 2. A* K*, und 3. A* AG, *, alle drei vertreten durch Mag. Christof Brunner, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 68.339 EUR sA und Feststellung (Streitwert 15.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 14. April 2021, GZ 10 R 9/21f‑41, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0020OB00105.21M.0127.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:
Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Die Frage, ob ein Sachverständigengutachten den Feststellungen zugrunde gelegt werden kann oder wegen seiner Unvollständigkeit oder Widersprüchlichkeit ein weiteres Gutachten eingeholt werden muss, ist eine solche der Beweiswürdigung und als Tatfrage nicht revisibel (RS0043320; RS0043163). Auf die weiteren umfangreichen Ausführungen der Revision zur Frage der Anfechtbarkeit von Verfahrensmängeln in 3. Instanz ist daher nicht einzugehen.

[2] 2. Wer an einer sportlichen Veranstaltung teilnimmt, nimmt das damit verbundene in der Natur der Veranstaltung liegende Risiko, jedenfalls soweit er es kennt oder kennen muss, auf sich und handelt insoweit auf eigene Gefahr (RS0023400 [T5]). Auch für Risikosportarten hat der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt festgehalten, dass die Teilnahme daran grundsätzlich auf eigenes Risiko geschieht (6 Ob 183/15b; 2 Ob 277/05g ZVR 2006/42 [Gschöpf, 247]).

[3] 3. Den Betreiber und Veranstalter einer Risikosportart trifft aber eine entsprechende Sorgfalts‑ und Aufklärungspflicht über die Sicherheitsrisiken betreffenden Umstände, um den Teilnehmer in die Lage zu versetzen (mögliche) Gefahren bewusst und eigenverantwortlich abzuschätzen (6 Ob 87/18i; 2 Ob 277/05g; RS0131627; RS0023400 [T16]). Diese Aufklärungspflicht bezieht sich auf die typischerweise mit der Benützung der Sportanlage verbundenen (RS0131627 [T1]) Gefahren. Der Veranstalter solcher Sportarten muss nicht auf jede erdenkliche Art einer Verletzung hinweisen, die bei der Ausübung entstehen kann, weil nicht jede solche Einwirkung vorhergesehen werden kann und Aufklärungs‑ und Sorgfaltspflichten nicht überspannt werden dürfen (1 Ob 156/17y). Der Umfang der Pflicht auf Gefahren hinzuweisen insbesondere bei Spaß‑ und Trendsportarten, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (8 Ob 73/18w; 4 Ob 34/16b; RS0131627 [T3]).

[4] 4. Hier hat der Veranstalter weder eine gewisse Gefahrlosigkeit der Sportausübung signalisiert (2 Ob 277/05g) noch war es dem Kläger unmöglich zu erkennen, dass ein Tandemparagleitflug grundsätzlich (Absturz‑)Gefahren barg.

[5] Die Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach der Kläger vor dem Tandemflug nicht zusätzlich über thermische Ablösungen als mögliche Absturzursache aufgeklärt werden musste, ist – insbesondere aufgrund der Festellungen über das als leicht einzustufende Fluggebiet, das unproblematische Wetter und der mangelnden Vorhersehbarkeit der zum Unfall führenden thermischen Ablösung kurz vor der Landung – vertretbar und keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung.

[6] 5. Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO wird daher insgesamt nicht aufgeworfen.

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