European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:008OBA00098.21A.0125.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 418,78 EUR (darin 69,80 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Begründung:
[1] Die Klägerin war ab 15. 5. 2019 als Buchhalterin bei der Beklagten beschäftigt. Die Streitteile vereinbarten zuletzt durch Unterfertigung der Sozialpartnervereinbarung/Einzelvereinbarung zur Corona-Kurzarbeit (Formularversion 7.0; Stand 1. 6. 2020) Kurzarbeit bis 30. 9. 2020 und eine Behaltefrist bis 30. 10. 2020. Die Beklagte sprach die Kündigung der Klägerin am 15. 9. 2020 aus.
[2] Revisionsgegenständlich ist allein die – von den Vorinstanzen übereinstimmend verneinte – Frage, ob die genannte Vereinbarung, indem sie vorsieht, dass Arbeitgeberkündigungen frühestens nach Ablauf der Behaltefrist ausgesprochen werden dürfen, einen besonderen (individuellen) Kündigungsschutz der klagenden Arbeitnehmerin bewirkt, in welchem Fall die Kündigung unwirksam wäre bzw die Klägerin Anspruch auf die klageweise begehrte Kündigungsentschädigung hätte. Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil der Auslegung der Sozialpartner-Einzelvereinbarung zur Corona-Kurzarbeit im Hinblick auf die Frage, ob aus dieser ein besonderer Kündigungsschutz abzuleiten sei bzw ob dem Arbeitnehmer bei Verstoß dagegen ein Anspruch auf Kündigungsentschädigung zustehe, aufgrund der Vielzahl derartiger abgeschlossener Vereinbarungen eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden gegenteiligen Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) unzulässig.
[4] Das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage ist nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel durch den Obersten Gerichtshof zu beurteilen (RIS‑Justiz RS0112769 [T9]). Eine im Zeitpunkt der Einbringung des Rechtsmittels tatsächlich erhebliche Rechtsfrage fällt somit weg, wenn sie durch eine andere Entscheidung des Obersten Gerichtshofs bereits vorher geklärt wurde (RS0112769 [T12]).
[5] Zur Frage eines besonderen Kündigungsschutzes aufgrund der Behaltefristklauseln der Sozialpartner-vereinbarung zur Covid‑Kurzarbeit liegt bereits höchstgerichtliche Rechtsprechung vor:
[6] Der Oberste Gerichtshof hat in der Rechtssache 8 ObA 48/21y mit Urteil vom 22. 10. 2021 festgehalten, dass der Zweck dieser Regelung in der Aufrechterhaltung des Beschäftigtenstandes besteht und aus ihr kein darüber hinausgehender individueller Kündigungsschutz abzuleiten ist, zumal die Möglichkeiten einer Kündigungsanfechtung nach § 105 ArbVG auch während und nach der Kurzarbeit unberührt bleiben. Aus den Bestimmungen des § 37b AMSG in Verbindung mit der Regelung des Punktes IV Abs 2 lit a bis c der Sozialpartner‑Kurzarbeitsvereinbarung ergibt sich keine Unwirksamkeit einer während der Kurzarbeit oder der anschließenden Behaltefrist ausgesprochenen Kündigung. Ebensowenig resultiert daraus eine Änderung der Kündigungsfristen und ‑termine.
[7] In der Rechtssache 8 ObA 50/21t wurde mit – zur selben Version der „Corona-Kurzarbeit Sozialpartnervereinbarung/Einzelvereinbarung“, wie sie auch hier die Streitteile abschlossen – ergangenem Urteil vom 29. 11. 2021 entschieden, dass all dies auch bei Abschluss einer „Sozialpartnervereinbarung – Einzelvereinbarung“ durch die Arbeitsvertragsparteien gilt.
[8] Diese Rechtsprechung wurde unter anderem durch die Entscheidungen 8 ObA 60/21p, 8 ObA 92/21v und 9 ObA 102/21x fortgesetzt und ist bereits als gefestigt zu betrachten. Das angefochtene Berufungsurteil befindet sich mit dieser Rechtsprechung im Einklang. In der Revision der Klägerin werden keine Gründe geltend gemacht, die für ein Abweichen von ihr Anlass geben könnten. Die Revision ist daher mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
[9] Der Ausspruch über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Nach § 23 RATG steht für die Revisionsbeantwortung nur der einfache Einheitssatz zu.
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