OGH 12Os135/21a

OGH12Os135/21a13.12.2021

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Dezember 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Oshidari und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski in Gegenwart der Schriftführerin Kontr. Fleischhacker in der Strafsache gegen ***** J***** wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 29 Hv 36/21z des Landesgerichts Krems an der Donau, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil dieses Gerichts als Schöffengericht vom 27. Juli 2021, GZ 29 Hv 36/21z‑30, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Stani, des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Cudlin zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0120OS00135.21A.1213.000

 

Spruch:

 

Das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau als Schöffengericht vom 27. Juli 2021, GZ 29 Hv 36/21z‑30, verletzt das Gesetz im Unterlassen der Bildung einer Subsumtionseinheit hinsichtlich der den Punkten IV./ und VII./ des Schuldspruchs zugrunde liegenden Taten als ein Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB in § 29 StGB.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

 

Gründe:

[1] Mit (auch rechtskräftige Freisprüche enthaltendem) Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau als Schöffengericht vom 27. Juli 2021, GZ 29 Hv 36/21z‑30, wurde – soweit hier von Bedeutung – ***** J***** des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (I./), des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB (II./), des Vergehens der Unterschlagung nach § 134 Abs 1 StGB (III./), „zweier“ Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (IV./ und VII./), des Vergehens des Betrugs nach § 146 StGB (V./A./ und VI./) und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (V./B./) schuldig erkannt.

[2] Soweit vorliegend von Bedeutung, hat er danach

III./ fremde Güter, nämlich einen Universalschlüssel sowie einen Schlüsselbund mit drei Zylinderschlüsseln der ÖBB, die auf nicht mehr feststellbare Weise in seinen Gewahrsam gelangt waren, sich mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz zugeeignet;

IV./ in K***** am 1. Jänner 2020 eine fremde Sache, nämlich den Pkw der ***** H*****, beschädigt, indem er einen Böller auf dieses Fahrzeug warf und

VII./ in K***** am 24. März 2021 eine fremde Sache beschädigt, indem er einen Feuerlöscher der Stadt K***** versprühte.

[3] Über die gegen dieses Urteil vom Angeklagten ausgeführte Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe hat das Oberlandesgericht noch nicht entschieden.

Rechtliche Beurteilung

[4] 1./ Wie die Generalprokuratur zunächst zutreffend ausführt, steht dieses Urteil mit dem Gesetz insoweit nicht im Einklang, als die dem Angeklagten zu IV./ und VII./ angelasteten Sachbeschädigungen gemäß § 29 StGB zu einer Subsumtionseinheit zusammengefasst hätten werden müssen (vgl RIS‑Justiz RS0114927). Die Aburteilung zweier Vergehen nach § 125 StGB war daher verfehlt.

[5] 2./ Im Übrigen schlägt die Nichtigkeitsbeschwerde jedoch fehl.

[6] Zum Schuldspruch III./ gaben die Tatrichter nicht bekannt, zu welchem Zeitpunkt sich der Angeklagte die dort genannten Tatobjekte zugeeignet hat. Mangels Feststellungen zum Tatzeitpunkt kann aber die Auffassung der Generalprokuratur, dass die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts, die Strafbarkeit der in Rede stehenden Unterschlagung sei nicht verjährt, unschlüssig sei, nicht geteilt werden. Denn ein Rechtsfehler läge nur dann vor, wenn der Ausnahmesatz (Eintritt der Verjährung) in tatsächlicher Hinsicht (bei gleichzeitigem Fehlen von Feststellungen zu verjährungshemmenden Umständen) konstatiert worden wäre (vgl RIS‑Justiz RS0122332 [T1, T6, T11]). Da dies nach dem Vorgesagten nicht der Fall ist, käme insoweit nur ein Feststellungsmangel in Betracht. Ein solcher wäre allerdings nur bei Vorliegen von (in der Hauptverhandlung vorgekommenen) Beweisergebnissen zu bejahen, welche die Annahme einer bereits verjährten Tat indizieren würden (vgl RIS‑Justiz RS0118580; Hinterhofer/Oshidari, Strafverfahren Rz 9.190 f). Derartige Verfahrensergebnisse zeigt aber die Generalprokuratur, die (zu Recht) nur auf die „die Tatzeit nicht thematisierende Befragung des Angeklagten in der Hauptverhandlung“ (ON 29 S 12 f) verweist, nicht auf. Somit vermag der Oberste Gerichtshof die in der Beschwerde gerügte Verletzung des § 57 Abs 2 StGB nicht festzustellen.

[7] Der zu 1./ dargestellte Subsumtionsfehler blieb ohne Nachteil für den Angeklagten, weil das Erstgericht die mehrfache Begehung von Sachbeschädigungen nicht gesondert als erschwerend wertete (vgl US 17). Bloße Feststellung der Gesetzesverletzung ist die Folge (§ 292 vorletzter Satz StPO). Insofern besteht bei der Strafbemessung im Berufungsverfahren keine Bindung an den verfehlten Schuldspruch (RIS‑Justiz RS0118870; vgl auch 12 Os 92/19z).

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