OGH 3Ob183/21i

OGH3Ob183/21i25.11.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei U*gesellschaft mbH & Co KG, *, vertreten durch Dr. Paul Fuchs, Rechtsanwalt in Thalheim bei Wels, gegen die beklagte Partei A* GmbH, *, vertreten durch Dr. Anton Ullmann Mag. Manuela Reichl Rechtsanwälte GmbH in Mattighofen, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis als Berufungsgericht vom 27. August 2021, GZ 6 R 70/21t-22, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0030OB00183.21I.1125.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:
Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Fragen der Vertragsauslegung kommt in der Regel keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (vgl RS0042936). Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass das im Mietvertrag zwischen den Streitteilen zu Lasten der beklagten Bestandgeberin vereinbarte Konkurrenzverbot auch für jene Liegenschaft gegolten habe, die die Beklagte in der Folge ohne Überbindung des Konkurrenzverbots weiterveräußerte, begründet schon deshalb keine erhebliche Rechtsfrage, weil die Beklagte bei Abschluss des Kaufvertrags offensichtlich selbst von der Erstreckung des Konkurrenzverbots auf diese Liegenschaft ausging; andernfalls wäre nämlich im Kaufvertrag diesbezüglich nicht eine Schad‑ und Klagloshaltung der Käuferin durch die Beklagte festgelegt worden.

[2] 2.1. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein schadenersatzrechtliches Feststellungsbegehren zulässig, solange der Eintritt künftiger Schäden aus einem haftungsbegründenden Verhalten oder Ereignis nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann (vgl RS0038971 [T5]).

[3] 2.2. Erklärt der Schädiger gegenüber dem Geschädigten, seine Haftung für alle künftig aus der schädigenden Handlung entstehenden Schäden anzuerkennen und diese Schäden zu ersetzen, so ist dies als konstitutives Anerkenntnis anzusehen. Einem Feststellungsbegehren bezüglich dieser Schäden fehlt daher das rechtliche Interesse (vgl RS0034315).

[4] 2.3. Ein solches Anerkenntnis liegt hier aber gerade nicht vor, weil die Beklagte lediglich ihre Verpflichtung zur Befolgung des Konkurrenzverbots – und nicht auch ihre (von ihr nach wie vor bestrittene) Haftung für alle Schäden der Klägerin aus dessen kurz darauf mit dem Kaufvertragsabschluss erfolgter Verletzung – anerkannt hat.

[5] 3.1. Die Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts kann sich nach ständiger Rechtsprechung nicht nur aus seinem Inhalt, sondern auch aus dem Gesamtcharakter der Vereinbarung – im Sinne einer zusammenfassenden Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck – ergeben, weshalb es insbesondere auch auf alle Umstände ankommt, unter denen es geschlossen wurde (vgl RS0022884). Ein Vertrag ist als sittenwidrig anzusehen, wenn nach dem Gesamteindruck der Vereinbarung eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen oder bei Interessenkollision ein grobes Missverhältnis zwischen den durch die Handlung verletzten und den durch sie geförderten Interessen vorliegt (vgl RS0022884 [T13]). Die Sittenwidrigkeitsklausel ist ein restriktiv einzusetzendes Regulativ, das nur in jenen krassen Fällen, in denen dem Rechtsgefühl aller billig und gerecht Denkenden zuwider gehandelt wird, die grundsätzlich zu gewährende Vertragsfreiheit einschränkt (RS0113654). Ob Sittenwidrigkeit vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls, die nicht aufzugreifen ist, wenn das Berufungsgericht bei dieser Entscheidung die Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens nicht überschritten hat (RS0042881 [T8]).

[6] 3.2. In der Verneinung der Sittenwidrigkeit des Konkurrenzverbots durch das Berufungsgericht liegt keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung. Daran kann entgegen der Ansicht der Revisionswerberin auch der Umstand nichts ändern, dass für einen „verständigen Laien“ aufgrund der Textierung des unbefristeten Mietvertrags allenfalls der unrichtige Eindruck entstehen konnte, er könne von der Vermieterin auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes iSd § 30 MRG aufgekündigt werden.

[7] 3.3. Zu dem von ihr in diesem Zusammenhang in erster Instanz erhobenen Einwand ihrer arglistigen Irreführung durch die Klägerin führt die Beklagte in dritter Instanz inhaltlich nichts aus, sodass darauf nicht weiter einzugehen ist.

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