OGH 28Ds3/21m

OGH28Ds3/21m10.11.2021

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 10. November 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden, durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler als weiteren Richter und durch die Rechtsanwälte Dr. Strauss und Dr. Wippel als Anwaltsrichterin in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Vizthum in der Disziplinarsache gegen *****, Rechtsanwalt in *****, GZ D 45/19‑11, über die Berufung des Disziplinarbeschuldigten nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0280DS00003.21M.1110.000

 

Spruch:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Dem Disziplinarbeschuldigten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde ***** der Disziplinarvergehen der Verletzung von Berufspflichten sowie der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes (§ 1 Abs 1 erster und zweiter Fall DSt) schuldig erkannt, weil er

1./ Treuhandgelder aufgrund des Kaufvertrags zwischen H***** GmbH und ***** B***** vom 29. März 2019 verspätet am 4. Juli 2019 ausbezahlt und

2./ der H***** GmbH keine Information zur Berechnung des Verspätungsschadens erteilt hat.

Rechtliche Beurteilung

[2] Dagegen richtet sich die am 15. Jänner 2021 per E‑Mail an den Disziplinarrat übermittelte Berufung des Disziplinarbeschuldigten wegen des Ausspruchs über die Strafe (ON 13; vgl insoweit das entsprechende E‑Mail‑Anschreiben [gesendet um 21:49 Uhr] samt pdf‑Anhang beinhaltend die Berufungsschrift).

[3] Die (bloß) per E‑Mail eingebrachte Berufung des Disziplinarbeschuldigten ist unzulässig.

[4] Gemäß § 77 Abs 3 DSt sind, soweit sich aus dem DSt nichts anderes ergibt und keine Unvereinbarkeit mit den Grundsätzen und Eigenheiten des Disziplinarverfahrens besteht, die Bestimmungen der Strafprozessordnung im Disziplinarverfahren sinngemäß anzuwenden.

[5] Die Berufung ist gemäß § 48 Abs 1 DSt binnen vier Wochen nach Zustellung der Entscheidung bei dem Disziplinarrat, der sie gefällt hat, schriftlich in dreifacher Ausfertigung einzubringen.

[6] Da das DSt bezüglich der Form der Eingabe – abgesehen von der eben wiedergegebenen Vorschrift – keine weitere Regelung enthält, sind (auch) insoweit die entsprechenden Bestimmungen der StPO anzuwenden (vgl Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek, RAO10 [2018] DSt § 44 Rz 1), das ist im konkreten Fall § 84 Abs 2 erster Satz StPO. Danach können Rechtsmittel, Rechtsbehelfe und alle sonstigen Eingaben schriftlich, per Telefax oder im elektronischen Rechtsverkehr (§ 89a GOG) eingebracht werden. Die Eingabe per E-Mail ist hingegen keine zulässige Eingabeform, weil diese Art der Übersendung gemäß § 5 Abs 1a ERV 2006 keine zulässige Form des elektronischen Rechtsverkehrs darstellt (RIS‑Justiz RS0127859 [insbesondere T2 = 21 Os 5/15s]; Murschetz, WK‑StPO § 84 Rz 12).

[7] Die vorliegende, bloß per E-Mail an den Disziplinarrat übermittelte Berufung wurde daher nicht prozessordnungsgemäß eingebracht und war daher gemäß § 50 Abs 1 iVm § 54 Abs 1 DSt – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der hiezu erstatteten Äußerung des Disziplinarbeschuldigten – ohne Anberaumung einer mündlichen Verhandlung mit Beschluss als unzulässig zurückzuweisen. Die mit der Äußerung nachgetragene schriftliche Ausführung der Berufung ist jedenfalls verspätet.

[8] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 54 Abs 5 DSt (vgl RIS‑Justiz RS0132219).

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