OGH 5Ob35/21i

OGH5Ob35/21i25.10.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei U* AG, *, vertreten durch Dr. Günther Klepp und andere Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei H* Gesellschaft mbH, *, vertreten durch Mag. Jörg Tockner, Dr. Stefan Nenning, Rechtsanwälte in Steyr, wegen 38.668,46 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 7. Jänner 2021, GZ 6 R 152/20w‑42, mit dem das Urteil des Landesgerichts Steyr vom 12. November 2020, GZ 3 Cg 26/19b‑37, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:E133452

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 2.204,10 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 367,35 EUR Umsatzsteuer) zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Der Versicherungsnehmer der Klägerin ist Landwirt und ausgebildeter Zimmerer. In der Vergangenheit warer bei der Beklagten als Facharbeiter beschäftigt.

[2] Im Jahr 2010 begann der Versicherungsnehmer der Klägerin mit der Planung eines Stallgebäudes für seine Landwirtschaft. Er beauftragte die Beklagte zunächst mit der Erstellung der Planung, der Statik und des Holzauszugs für die Holzkonstruktion des Stallgebäudes, später zusätzlich mit dem Abbinden des von ihm beigestellten Holzes über deren Abbundanlage. Die Beklagte lieferte das auf die erforderlichen Querschnitte zugeschnittene und abgebundene Holz samt dem Eisenzeug auf die Baustelle. Für die Errichtung der Holzkonstruktion verrechnete die Beklagte einen Zimmerer-Vorarbeiter für 16,25 Stunden und einen Zimmerer für 11,25 Stunden, einen LKW mit Mann für 6 Stunden und einen LKW ohne Mann für 6,5 Stunden. Als Hilfskräfte arbeiteten mehrere fachkundige Freunde und Bekannte des Versicherungsnehmers sowiedessen Sohn, der als Zimmerer bei der Beklagten beschäftigt ist, mit.

[3] Die Arbeiten zur Verankerung der Pfetten auf den Stützen am Boden führten die Hilfskräfte des Versicherungsnehmers durch. Die Verbindung erfolgte dabei mit Zapfen und einer senkrechten Gewindeschraube durch die Pfette in die Stütze. Der Vorarbeiter der Beklagten erklärte, wie die Schrauben einzubringen sind.

[4] Am 29. 10. 2017 wurde das Stallgebäude des Versicherungsnehmers der Klägerin durch einen Sturm beschädigt. Den eingetretenen Schaden deckte die Klägerin im Rahmen der Sturmschadenversicherung.

[5] Am 29. 10. 2017 erreichten die maximalen Böen 120 km/h +/- 10 km/h. Die abhebenden Kräfte aus der Windeinwirkung waren wesentlich größer als die Eigengewichtslasten der Holzkonstruktion des Stallgebäudes. Die Sicherung gegen diese abhebenden Kräfte war nicht ausreichend, sodass die Dachkonstruktion von den Auflagern abgehoben und verschoben wurde.

[6] Konkretversagten zwei Verbindungen, nämlich die Verankerung der Pfetten auf den Stützen sowie die Verbindungen an den Aufstandspunkten der Stützen auf den unteren Balken. Diese wesentlichen Knoten der Holzkonstruktion waren konstruktiv unzureichend ausgeführt und unterdimensioniert. Es fehlten zugfeste Verbindungen an den Aufstandspunkten der Stützen. Die Befestigung der Pfetten auf den Stützen mit einer Schraube parallel zur Faserrichtung ist nicht normgemäß und war unzureichend. Diese Verbindungen hätten durch seitliche Blechlaschen verstärkt werden müssen. Alternativ wäre es möglich gewesen, die Verbindungen mit zwei Schrauben herzustellen, die diagonal schräg zur Holzfaser eingebracht hätten werden müssen. Wären die Knotenverbindungen ordnungsgemäß ausgeführt gewesen, wäre der Schaden bei Windböen von 120 km/h +/- 10 km/h nicht aufgetreten.

[7] Zur Statik im Holzbau gehört auch eine Knotenstatik, die die Verbindungsmittel vorgeben muss. Eine ausreichende statische Berechnung, insbesondere eine Knotenstatik fehlte hier. Schon das Abbinden der Bauhölzer durch eine Abbindeanlage machte eine dreidimensionale Planung des Gebäudes notwendig, die auch die Art und Weise der Ausführung der Verbindung der Holzteile umfassen musste. Das Unterlassen einer statischen Berechnung und geeigneter Anweisungen bei der Ausführung führte dazu, dass wesentliche Verbindungselemente fehlten.

[8] Die Klägerinbegehrte von der Beklagten – gestützt auf einen Forderungsübergang nach § 67 VersVG – insgesamt 38.668,46 EUR als Ersatz für den dem Versicherungsnehmer ersetzten Zeitwertschaden, für die Kosten für Sofortmaßnahmen, Aufräum‑ und Abbrucharbeiten und für die Eigenleistungen des Versicherungsnehmers.

[9] Die Beklagte bestrittdie geltend gemachten Ansprüche dem Grunde und der Höhe nach.

[10] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

[11] Die Leistung der Beklagten sei wegen der fehlenden oder unzureichenden statischen Berechnung der Knotenverbindungen, der unzureichenden Vorgabe der Verbindungsmittel und der unzureichenden Ausführung der Knotenverbindungen mangelhaft. Der Versicherungsnehmer habe daher einen vertraglichen Schadenersatzanspruch, der die hier geltend gemachten Ansprüche umfasse und auf die Klägerin übergegangen sei.

[12] Der Versicherungsnehmer der Klägerin habe zwar selbst Hand angelegt und Hilfskräfte beigestellt, ihn treffe aber kein Mitverschulden, weildie Beklagte zumindest für den Beginn der Arbeiten einen Vorarbeiter beigestellt habe. Vor allem aber sei der Beklagten das Fehlen einer Statik, insbesondere einer Knotenstatik, anzulasten. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass diese vom Versicherungsnehmer gesondert in Auftrag hätte gegeben werden müssen. Zur Statik im Holzbau gehöre eine Knotenstatik. Zumindest habe die Beklagte insoweit eine Warnpflicht getroffen.

[13] Das Berufungsgerichtbestätigte die Entscheidung des Erstgerichts.

[14] Die Tatsachenrüge sei zum einen rechtlich nicht relevant, weil die begehrten Ersatzfeststellungen zur angeblichen Hauptverantwortung (nicht des Vorarbeiters der Beklagten, sondern) des Bauherrn zu keinem anderen Ergebnis führten. Abgesehen davon hielten die bekämpften Feststellungen angesichts der jeweiligen Beweisergebnisse auch einer inhaltlichen Prüfung stand.

[15] Die Beklagte gestehe in ihrer Berufung mit den von ihr begehrten Ersatzfeststellungen und den gleichzeitig unbekämpft gebliebenen Feststellungen zu, dass siefür die Errichtung der Holzkonstruktion einen Zimmerer beigestellt und verrechnet habe. Zudem stehe unbekämpft fest, dass wegen fehlender statischer Berechnung und fehlender Anweisungen bei der Ausführung wesentliche Verbindungselemente gefehlt hätten, nämlich zugfeste Verbindungen an den Aufstandspunkten der Stützen; auch die Befestigung der Pfetten auf den Stützen mit einer Schraube parallel zur Faserrichtung sei nicht normgemäß und unzureichend. Dazu, inwieweit die Beklagte nach dem Inhalt des Vertragsverhältnisses Anweisungen zur Herstellung sturmsicherer Verbindungen geschuldet habe, ob also der Vorarbeiter zur Erteilung entsprechender Anweisungen verpflichtet gewesen sei, habe das Erstgericht keine Feststellungen getroffen. Darauf komme es aber nicht an. Durch die Beistellung des Vorarbeiters habe die Beklagte einen entgeltlichen Beitrag zur Errichtung des Holzbauwerks geleistet. Gegenstand des Vertrags sei jedenfalls auch die Lieferung des von diesem Vorarbeiter persönlich ausgefassten Eisenzeugs gewesen und dieses habe keine seitlichen Blechlaschen oder andere Verbindungselemente enthalten. Daher wären die Verbindungen vor Ort mit zwei diagonal schräg zur Holzfaser eingebrachten Schrauben herzustellen gewesen. Die unzureichende und nicht normgemäße Befestigung der Pfetten auf den Stützen mit nur einer Schraube parallel zur Faserrichtung gehe auf die Anweisung des Vorarbeiters der Beklagten zurück. Diese Anweisung sei als unrichtig zu beurteilen. Angesichts des vom Vorarbeiter mitgelieferten Eisenzeugs, das weder seitliche Blechlaschen noch andere Verbindungselemente enthalten habe, hätte dieser Mitarbeiter der Beklagten diesen Umstand entweder mitteilen oder die Anweisung geben müssen, die Verbindungen mit zwei Schrauben diagonal schräg zur Holzfaser herzustellen. Für den unrichtigen Rat ihres Mitarbeiters hafte die Beklagte schon nach § 1300 Satz 1 ABGB. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob der Vorarbeiter im Rahmen des Vertragsverhältnisses zwischen Versicherungsnehmer und der Beklagten zur Erteilung einer Anweisung verpflichtet gewesen sei oder nicht.

[16] Aufgrund der der Beklagten jedenfalls zuzurechnenden unrichtigen Anweisung iSd § 1300 Satz 1 ABGB und deren aus § 1302 ABGB resultierenden uneingeschränkten solidarischen Haftung brauche nicht weiter geprüft werden, wer die anderen Mängel, wie etwa fehlende Knotenstatik oder Verbindungen an solchen Knoten, die nicht mit Schrauben herzustellen gewesen seien, zu verantworten habe. Ob der Versicherungsnehmer bewusst auf die Knotenstatik verzichtet und dies allenfalls eine Warnpflicht der Beklagten ausgelöst hätte, brauche daher nicht geprüft werden. Auch wenn sich der Versicherungsnehmer eines auf das absolute Minimum reduzierten Auftragsumfangs, also ohne Knotenstatik, bewusst gewesen wäre, hätte er sich dennoch auf die von einem bezahlten Vorarbeiter erteilten Auskünfte beim Zusammenfügen der Holzelemente verlassen können.

[17] Die Klägerin habe schließlich auch den ihr obliegenden Kausalitätsbeweis erbracht. Es stehe fest, dass bei ordnungsgemäßer Ausführung der Knotenverbindungen der Schaden bei Windböen von 120 km/h +/- 10 km/h nicht aufgetreten wäre.

[18] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu. Die von ihm herangezogenen Rechtsprechungsgrundsätze zur Haftung nach § 1300 Satz 1 ABGB beziehe sich auf die Auskunftserteilung von Banken. Sollte deren Anwendung tatsächlich darauf beschränkt sein, fehle es an Rechtsprechung zur Haftung nach § 1300 Satz 1 ABGB für einen Rat, der zwar im Rahmen einer bezahlten Tätigkeit, aber ohne eine konkrete Verpflichtung erteilt worden sei.

[19] Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Beklagten. Als Revisionsgründe macht sie die Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend. Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass das Klagebegehren abgewiesen wird. Hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

[20] Die Klägerin bestritt in ihrer Revisionsbeantwortung die Zulässigkeitund Berechtigungder Revision.

Rechtliche Beurteilung

[21] Die Revision ist – ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruchs des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) – nicht zulässig. Sie zeigt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.

[22] 1. Die Beklagte begründet die Zulässigkeit der Revision – wie schon das Berufungsgericht – damit, dass sich jene Rechtsprechung zur Haftung nach § 1300 Satz 1 ABGB, auf die das Berufungsgericht seine rechtliche Beurteilung stütze, zu Bankgeschäften entwickelt habe. Diese Grundsätze seien auf den hier zu beurteilenden Fall, in dem es um die Abgrenzung des Leistungsumfangs auf einer Baustelle gehe, nicht anzuwenden. Die Sachverhalte seien nicht vergleichbar. Ein Sachverständigenrat im eigentlichen Sinn sei nicht erteilt worden; es seienvielmehr zusätzliche Maßnahmen (Klammern oder Schraubbleche) zur Verbindung der Konstruktionshölzer einfach unterblieben, ohne dass dies zwischen dem Versicherungsnehmer als Errichter der Konstruktion und dem von der Beklagten bloß stundenweise beigestellten Zimmerer besprochen worden wäre. Das gesamte Bauvorhaben habe der Versicherungsnehmer mit seinen Helfern selbst durchgeführt. Die Schrauben zur Befestigung der Pfetten auf den Stützen habe er dabei allerdings entsprechend der Erklärung des Vorarbeiters der Beklagten verwendet. Es stelle sich daher die Frage, inwieweit ein derartiger Rat, der zwar im Zug einer bezahlten Tätigkeit, jedoch außerhalb einer konkreten Verpflichtung abgegeben worden sei, Schadenersatzansprüche gemäß § 1300 Satz 1 ABGB begründen könne. Hiezuund zur Frage, inwieweit der fachkundige Bauherr, der einen solchen Rat entgegennehme, selbst für den dadurch entstandenen Schaden hafte, existiere keine Rechtsprechung.

[23] 2. Nach § 1300 Satz 1 ABGB besteht eine Haftung dann, wenn „gegen Belohnung“ aus Versehen ein nachteiliger Rat erteilt wird. Die Erteilung einer Auskunft ist der Ratserteilung gleichzuhalten (RIS‑Justiz RS0026527). Nach der Rechtsprechung ist „gegen Belohnung“ dahin zu verstehen, dass der Rat nicht selbstlos erfolgte; eine solche Haftung tritt also auch dann ein, wenn keine vertragliche Beziehung zwischen den Streitteilen besteht. Entscheidend ist nur, dass der – wenn auch bloß einmalige – Rat nicht selbstlos erfolgte (RS0044121, RS0026596, RS0026544 [T1]). Die grundlegende Wertung besteht darin, jene Auskunftgeber einer strengeren Haftung zu unterwerfen, die sich von der Preisgabe der Auskunft einen Vorteil erwarten, als jene, die lediglich aus Gefälligkeit beraten. Die von der Rechtsprechung geforderte „Sonderbeziehung“ zwischen den Beteiligten wird also auch schon dadurch begründet, dass der Rat „gegen Belohnung“ erteilt wird. Eine Vertragsbeziehung kann vorliegen, ist aber für die Haftung nach § 1300 Satz 1 ABGB nicht Voraussetzung (4 Ob 249/14t mwN).

[24] 3. Auf das Vorliegen der Haftungsvoraussetzungen des § 1300 ABGB kommt es hier allerdings nicht an. Nach dem von den Vorinstanzen festgestellten Sachverhalt haftet die Beklagte vielmehr unmittelbar aufgrund der Verletzung ihrer vertraglichen Haupt- und/oder Nebenleistungspflichten.

[25] Der Auftrag der Beklagten umfasste die Erstellung der Planung, der Statik und des Holzauszugs für die Holzkonstruktion des Stallgebäudes und das Abbinden des Holzes. Zur Statik im Holzbau gehört – nach der vom Berufungsgericht offenbar nicht in seine Überlegungen einbezogenen ausdrücklichen Feststellung des Erstgerichts – auch eine Knotenstatik, die die Verbindungsmittel vorgeben muss. Schon das Abbinden der Bauhölzer durch eine Abbindeanlage macht eine dreidimensionale Planung des Gebäudes notwendig, die auch die Art und Weise der Ausführung der Verbindung der Holzteile umfassen muss. Die demnach geschuldete statische Berechnung, insbesondere die Knotenstatik hat die Beklagte hier nicht erstellt. Die Beklagte lieferte das von ihr abgebundene Holz samt dem Eisenzeug auf die Baustelle und der von ihr beigestellte Vorarbeiter erklärte dem Versicherungsnehmer und seinen Helfern, wie die Schrauben zur Verbindung mit der Pfette in die Stütze einzubringen sind.

[26] Die Verbindungen, die in der Folge versagten, waren konstruktiv unzureichend ausgeführt und unterdimensioniert. Diese mangelhafte Ausführung der Verbindungen war eine Konsequenz des Fehlens der Knotenstatik und der untauglichen Vorgaben des Vorarbeiters der Beklagten. Die Beklagte hat damit ihre vertraglichen Verpflichtungen aus dem zwischen ihr und dem Versicherungsnehmer der Klägerin bestehenden Vertragsverhältnis verletzt. Auch die Erklärung des Vorarbeiters der Beklagten, wie die Befestigung der Pfetten mit den Stützen zu erfolgen hat, wird wegen des unmittelbaren sachlichen Zusammenhangs dieser Frage mit den Ergebnissen der von der Beklagten geschuldeten statischen Berechnung zur Erfüllung der Hauptleistungspflichten zu zählen sein. Das kann letztlich aber dahingestellt bleiben, weil neben den für den Vertrag typischen Hauptleistungspflichten auch Nebenleistungspflichten treten (RS0013999, RS0017049), zu denen insbesondere auch Informations- und Aufklärungspflichten gehören (RS0013999 [T6], RS0017049 [T49]). Die schuldhafte Verletzung solcher Nebenpflichten durch Vertragspartner oder durch ihm zuzurechnende Gehilfen löst – gleich der schuldhaften Verletzung der Hauptleistungspflicht – Schadenersatzansprüche aus, wobei der seine Pflichten verletzende Vertragspartner gemäß § 1298 ABGB das Fehlen seines Verschuldens zu beweisen hätte (2 Ob 1/09z [4.10]; RS0026091, RS0028470). Die Beklagte war für die Vorbereitung und Zurverfügungstellung von Baumaterial zuständig und – angesichts der Beistellung von Mitarbeitern – zudem zur Erbringung bestimmter Arbeitsleistungen bei Errichtung der Holzkonstruktion verpflichtet. Aufgrund der sachlichen Nähe zu diesen Hauptleistungspflichten fällt die Erteilung von Ratschlägen zur Ausführung der Verbindungen zumindest in den Schutzbereich der nebenvertraglichen Schutz‑ und Aufklärungspflichten.

[27] 4. Die Haftung der Beklagten beruht demnach auf der Verletzung ihrer vertraglichen Verpflichtungen aus dem zwischen ihr und dem Versicherungsnehmer der Klägerin bestehenden Auftragsverhältnis. Die von der Beklagten und dem Berufungsgericht aufgeworfenen Fragen einer möglichen Haftung nach § 1300 Satz 1 ABGB sind für den vorliegenden Fall daher nicht präjudiziell. Fehlende Relevanz für die Entscheidung des zu beurteilenden Falls schließt aber das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aus (RS0088931 [T8]).

[28] 5. Die Revision wirft auch sonst keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.

[29] Einem Besteller, der die genügende Sachkenntnis hat, um zu erkennen, dass eine erteilte Anweisung oder die vereinbarte Arbeitsweise verfehlt ist, kann ein Mitverschulden anzulasten sein (vgl zu § 1168a ABGB RS0021766). Aber abgesehen davon, dass dies eine Frage des Einzelfalls ist, die in der Regel die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht verwirklicht, weicht die Argumentation der Beklagten in ihrer Revision vom festgestellten Sachverhalt ab (vgl RS0043312, RS0043603). Das gilt für die Annahme, der Versicherungsnehmer als gelernter Zimmerer habe auf eine Knotenstatik augenscheinlich bewusst verzichtet, ebenso wie für die Behauptung, es sei einzig und allein die Entscheidung des Versicherungsnehmers gewesen, ob über die Holzverbindung noch eine Schraubplatte oder eine Eisenklammer gesetzt werde, wohingegen eine der Beklagten zurechenbare Leistung im Zusammenhang mit der Verbindung der Holzkonstruktion mit den Stützen den Feststellungen zufolge nicht vorliege.

[30] Die Beweislast für den Kausalzusammenhang zwischen der rechtswidrigen und schuldhaften Handlung und dem Eintritt des Schadens trifft auch bei vertraglichen Schadenersatzansprüchen den Geschädigten. Die Beweislastumkehr nach § 1298 ABGB betrifft nur das Verschulden (RS0022686). Dieser Kausalitätsbeweis ist der Klägerin schon im Hinblick auf die Feststellung, dass bei ordnungsgemäßer Ausführung der Knotenverbindungen der Schaden durch die Windböen von 120 km/h +/- 10 km/h nicht eingetreten wäre, gelungen.

[31] Auch die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Die Ausführungen der Beklagten dazu sind inhaltlich der – unzulässige (RS0043371, RS0042903) – Versuch, die Beweiswürdigung der Vorinstanzen zu bekämpfen.

[32] 6. Die Revision ist somit mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig und zurückzuweisen.

[33] 7. Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen (RS0112296).

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