OGH 9ObA106/21k

OGH9ObA106/21k28.9.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden,die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenauund den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Werner Hallas (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Karl Schmid (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei D***** D*****, gegen die beklagte Partei R***** W*****, vertreten durch Dr. Kurt Kozak, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 125,97 EUR brutto sA und 414,36 EUR netto sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse: 414,36 EUR netto sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 28. Juli 2021, GZ 12 Ra 51/21p‑16, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:009OBA00106.21K.0928.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] Nach § 14 Abs 3 Satz 1 des Kollektivvertrags für Bauindustrie und Baugewerbe sind nach Lösung des Arbeitsverhältnisses Forderungen jeglicher Art spätestens binnen drei Monaten, gerechnet vom Zeitpunkt der Lösung bei sonstigem Erlöschen, beim Arbeitgeber geltend zu machen. Dazu vertritt der Oberste Gerichtshof durch teleologische Reduktion dieser Verfallsbestimmung unter Berufung auf den Zweck von Verfallsklauseln, dem Beweisnotstand zu begegnen, in welchem sich der Arbeitgeber bei verspäteter Geltendmachung befinden würde (RS0034417), die Auffassung, dass die Verfallsfrist dann mit Auflösung des Dienstverhältnisses zu laufen beginnt, wenn zu diesem Zeitpunkt bereits die objektive Möglichkeit zur Rechtsausübung besteht (9 ObA 163/97d = ZAS 1998, 129 [Madl]; RS0105995). Die Frage, wann diese objektive Möglichkeit gegeben ist, hängt regelmäßig von den Umständen des Einzelfalls ab (RS0034382 [T3]).

[2] Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Verfallsfrist für den in der Klage vom 8. 2. 2021 gemachten Anspruch auf Zahlung des vom Beklagten unzulässig einbehaltenen Lohns von 414,36 EUR habe nicht bereits mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 9. 10. 2020, sondern erst mit Kenntnis der unvollständigen Überweisung des sich aus der Lohnabrechnung für Oktober 2020 ergebenden Auszahlungsbetrags infolge Abzugs des Nettobetrags von 414,36 EUR für „nicht retournierte Arbeitskleidung“ am 16. 11. 2020 zu laufen begonnen, steht mit der Rechtsprechung in Einklang. Dass ein späterer Beginn der Verfallsfrist nur für jene Ansprüche in Frage komme, die dem Grunde nach erst nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses entstehen oder als solche erkennbar werden, hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 9 ObA 163/97d nicht ausgesprochen.

[3] Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Beklagten daher zurückzuweisen.

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