OGH 12Os93/21z

OGH12Os93/21z16.9.2021

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. September 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Oshidari, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Richteramtsanwärter Mag. Lampret in der Strafsache gegen ***** E***** wegen des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und der Privatbeteiligten ***** S***** gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 1. April 2021, GZ 13 Hv 167/20t‑21, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0120OS00093.21Z.0916.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde ***** E***** mehrerer Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (A./) und des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB (B./) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er

A./ am 16. Juli 2020 in W***** Urkunden, über die er nicht allein verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, indem er vier im Urteil näher bezeichnete vinkulierte (US 2 ff) Sparbücher des ***** B***** aus dessen Bankschließfach der Sparkasse W***** wegnahm, sowie

B./ am 17. Juli 2020 in S***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Bankangestellte der Sparkasse S***** durch Täuschung über Tatsachen, nämlich indem er die unter Punkt A./ angeführten fremden vinkulierten Sparbücher am Bankschalter unter Angabe des Losungsworts vorlegte und damit vorgab, zur Verfügung über die Spareinlagen berechtigt zu sein, zur Auszahlung beziehungsweise Überweisung der jeweiligen Einlagestände der Sparbücher verleitet, wodurch der ruhende Nachlass nach ***** B***** mitdem 5.000 Euro übersteigenden Betrag von 58.033 Euro am Vermögen geschädigt wurde.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a, 9 lit a, 9 lit b und 9 lit c StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

[4] Die Mängelrüge (Z 5) wendet sich ausgehend von der – von den Erstrichtern mit eingehender Begründung als nicht glaubwürdig verworfenen (vgl US 5 f) – Verantwortung des Angeklagten mit einer Vielzahl eigener Beweiswerterwägungen, insbesondere zu den Aussagen der Zeugen ***** v***** (die von der Beschwerde im Übrigen unvollständig und damit aktenwidrig wiedergegeben wird, vgl ON 17 S 2 ff) und ***** L***** (vgl ON 17 S 21 ff; US 7), sowie mit Spekulationen über die Bedeutung der Vorgehensweise des ***** B***** in Bezug auf die verfahrensgegenständlichen Sparbücher und über die zeitliche Abfolge des Geschehens gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung, ohne einen Begründungsmangel in der Bedeutung der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO aufzuzeigen (zu den Anfechtungskriterien der Z 5 siehe eingehend 13 Os 71/15p). Vielmehr erstattet sie bloß Vorbringen nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung.

[5] Die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 StPO sind voneinander wesensmäßig verschieden und daher gesondert auszuführen, wobei unter Beibehaltung dieser klaren Trennung deutlich und bestimmt jene Punkte zu bezeichnen sind, durch die sich der Nichtigkeitswerber für beschwert erachtet. Soweit die Tatsachenrüge (Z 5a) auf die Darlegungen im Rahmen der Mängelrüge (Z 5) verweist, entzieht sie sich somit einer inhaltlichen Erwiderung (RIS‑Justiz RS0115902).

[6] Mit dem (erneuten) pauschalen Hinweis auf die Aussage des Zeugen ***** v***** weckt die Rüge beim Obersten Gerichtshof keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen.

[7] Die Rechtsrüge (nominell auch „Z 9b“, der Sache nach nur Z 9 lit a) geht mit der Bestreitung der subjektiven Tatseite zum Schuldspruch A./ und B./ nicht von den Urteilsannahmen (US 4 f) aus und verfehlt solcherart den Bezugspunkt materiell‑rechtlicher Nichtigkeit (zur Abgrenzung vom ua geltend gemachten Rechtsirrtum vgl Höpfel in WK2 StGB § 9 Rz 7).

[8] Zum Schuldspruch A./ leitet die Beschwerde (Z 9 lit b) nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab, weshalb trotz der festgestellten Herausgabe der Sparbücher nach Erlassung einer Sicherstellungsanordnung (US 10) Freiwilligkeit im Sinn des § 229 Abs 2 StGB vorliegen sollte (vgl aber Kienapfel/Schroll in WK2 StGB § 226 Rz 7).

[9] Die weitere Rechtsrüge (Z 9 lit c) zum Schuldspruch A./ vermisst Feststellungen über das Bestehen einer Hausgemeinschaft zwischen dem Angeklagten und ***** B***** bis zu dessen Tod, ohne methodengerecht aus dem Gesetz abzuleiten, weshalb ein Betrug zum Nachteil des Nachlasses nach einem Angehörigen des Täters in den Anwendungsbereich des § 166 StGB fallen sollte (vgl aber RIS‑Justiz RS0094991, Kirchbacher in WK2 StGB § 166 Rz 22).

[10] Im Übrigen war der Angeklagte nach den tatrichterlichen Feststellungen Großneffe der ***** B***** (US 3), nicht aber des ***** B*****, sodass schon die Angehörigeneigenschaft im Sinn des § 72 Abs 1 StGB zwischen dem Angeklagten und dem Erblasser zu verneinen ist (vgl Jerabek/Ropper in WK2 StGB § 72 Rz 6 und 8, Kirchbacher in WK2 StGB § 166 Rz 13).

[11] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[12] Die Entscheidung über die Berufungen kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

[13] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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