OGH 10ObS89/21t

OGH10ObS89/21t13.9.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Fichtenau und den Hofrat Mag. Ziegelbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Helmut Purker (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Werner Pletzenauer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Dr. R*, Schweiz, vertreten durch Dr. Herwig Mayrhofer, Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, vertreten durch Dr. Anton Ehm und Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in Wien, wegen Kostenerstattung (Streitwert: 124.544 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits‑und Sozialrechtssachen vom 17. März 2021, GZ 25 Rs 6/21 z‑79, mit dem über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Arbeits‑und Sozialgericht vom 23. Juli 2020, GZ 35 Cgs 57/16y‑71, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E133151

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

 

Begründung:

[1] Die Versicherte und vormalige Klägerin (in der Folge: Versicherte) verstarb während des Verfahrens am 31. 7. 2020. Das Berufungsgericht berichtigte die Parteienbezeichnung auf den nunmehrigen Kläger als eingeantworteten Erben.

[2] Die Versicherte erlitt am 21. 1. 2015 einen Schlaganfall. Bei ihr wurden folgende Diagnosen gestellt: Arteria basilaris‑Verschluss, beidseitige occipitale Gehirninfarkte und Thalamus‑Infarkt links. Sie befand sich bis 4. 5. 2015 in stationärer Behandlung in Krankenhäusern in Vorarlberg. Zum Zeitpunkt der Entlassung betrug ihr Barthel‑Index 10 Punkte.

[3] Am 9. 4. 2015 beantragte die Versicherte bei der beklagten Pensionsversicherungsanstalt einen Rehabilitationsaufenthalt. In der ärztlichen Stellungnahme schlug der behandelnde Arzt einen Rehabilitationsaufenthalt für den „Neurologischen Formenkreis“ in V* in der Schweiz vor. Das Landeskrankenhaus R* teilte der Beklagten mit, dass der Barthel‑Index der Versicherten 30 Punkte betrage.

[4] Mit Schreiben vom 29. 4. 2015 bewilligte die Beklagte als „Heilverfahren gemäß § 307d ASVG (Gesundheitsvorsorge)“ der Versicherten „entsprechend ihrem Antrag“ für die Dauer von 29 Tagen einen Aufenthalt in der Rehabilitationsklinik M* in Österreich. Diese Rehabilitationsklinik war zum Zeitpunkt der Entlassung der Versicherten aus der stationären Behandlung für die Durchführung von Rehabilitationsmaßnahmen für sie keine geeignete Einrichtung. Die Versicherte trat den von der Beklagten dort bewilligten Aufenthalt nicht an.

[5] Sie befand sich vielmehr nach ihrer Entlassung am 4. 5. 2015 vom selben Tag an bis 14. 8. 2015 stationär zur Rehabilitation im Rehabilitationszentrum V* in der Schweiz. Für den Aufenthalt dort bezahlte die Versicherte (umgerechnet) 124.192,20 EUR, für den Transport 351,80 EUR. Die im Rehabilitationszentrum V* durchgeführten Rehabilitationsmaßnahmen waren ausreichend, zweckmäßig und notwendig.

[6] Vergleichbare neurologische Rehabilitationsmaßnahmen können auch in Österreich, beispielsweise im Landeskrankenhaus H*, erfolgen. Dieses Krankenhaus übernimmt nach Auskunft des ärztlichen Leiters aufgrund Überlastung nur Tiroler Patienten. Wenn eine unverzügliche Aufnahme der Versicherten in einer Rehabilitationseinrichtung nicht möglich gewesen wäre, hätte sie auf der Neurologischen Akutstation im Landeskrankenhaus R* stationär bleiben müssen.

[7] Die Klinik J* in P* in Deutschland hätte die Versicherte auch mit einem Barthel‑Index von 10 aufnehmen und rehabilitieren können. Für die Aufnahme derart schwer erkrankter Patienten standen im gegenständlichen Zeitraum 15 Betten zur Verfügung. Nicht festgestellt werden kann die Bettenkapazität der Klinik am 4. 5. 2015 und ob am 4. 5. 2015 eine Aufnahme der Versicherten erfolgen hätte können. Grundsätzlich bestehen in der Klinik Wartezeiten von zwei bis drei Wochen. Die Kosten für die Rehabilitation eines Patienten mit dem Krankheitsbild der Versicherten betragen 195 EUR täglich für Selbstzahler. Diese Klinik war im Jahr 2015 – anders als die Klinik in V* – Vertragspartnerin der Beklagten.

[8] Mit Schreiben vom 10. 6. 2015 begehrte der Rechtsvertreter der Versicherten von der Beklagten die Kostenrückerstattung im Umfang einer Zwischenabrechnung von 41.106 CHF für den Aufenthalt im Rehabilitationszentrum V*. Mit Schreiben vom 9. 7. 2015 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten für den Aufenthalt der Versicherten im Rehabilitationszentrum V* ab. Am 29. 9. 2015 beantragte die Versicherte bei der Beklagten, „über den begehrten Kostenersatz für den Aufenthalt in der Rehaklinik in V* sowie der entsprechenden Transportkosten durch Bescheid abzusprechen“.

[9] Mit dem angefochtenen Bescheid vom 16. 11. 2015 wies die Beklagte den Antrag vom 29. 9. 2015 auf bescheidmäßige Absprache über die Kostenübernahme für die Unterbringung in einer Rehabilitationseinrichtung als Maßnahme der Gesundheitsvorsorge bzw über die angefallenen Transportkosten zurück. Die Gewährung von Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge erfolge als freiwillige Leistung nach Ermessen und zähle nicht zu den Aufgaben der Rehabilitation. Eine gesetzliche Pflicht zur Bescheiderlassung bestehe nicht.

[10] Mit der Klage begehrt die klagende Partei – soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung – die Zahlung von 124.544 EUR sA an Kostenerstattung für die in der Rehabilitationsklinik V* durchgeführte Rehabilitation samt Transportkosten. Es gehe nicht um Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge sondern der medizinischen Rehabilitation gemäß § 302 Abs 1 Z 1 ASVG einschließlich Transportkosten, die nach pflichtgemäßem Ermessen zu erbringen seien. Die Ermessensausübung sei einer gerichtlichen Kontrolle im Verfahren in Sozialrechtssachen zugänglich. Die in der Schweiz erbrachten Rehabilitationsmaßnahmen seien notwendig und zweckmäßig gewesen. Vergleichbare Einrichtungen stünden in Österreich nicht zur Verfügung, die von der Beklagten vorgeschlagene Einrichtung in Österreich sei ungeeignet gewesen. Es wäre Sache der Beklagten gewesen, das konkrete Zustandsbild der Versicherten zu ermitteln und darauf beruhend – der Barthel‑Index allein sei dafür nicht aussagekräftig – die Rehabilitation der Versicherten nach pflichtgemäßem Ermessen zu bewilligen. Bei der Versicherten habe akuter Handlungsbedarf bestanden. Eine Rehabilitation in einer der räumlich weit entfernten Vertragseinrichtungen der Beklagten wäre nicht zweckentsprechend gewesen, weil der Aufenthalt für eine Begleitperson während der letztlich 103 Tage dauernden Rehabilitation dort nicht zumutbar gewesen wäre.

[11] Die Beklagte wandte dagegen ein, dass es sich bei dem von ihr bewilligten Heilverfahren um eine Maßnahme der Gesundheitsvorsorge handle. Diese stelle eine freiwillige, nicht einklagbare Leistung dar. Daher sei der Antrag der Versicherten unzulässig, weshalb auch die Klage zurückzuweisen sei. Die Versicherte hätte eine gleichwertige Behandlung im Inland in Anspruch nehmen können. Sie habe für die Behandlung im Ausland keine Genehmigung der Beklagten eingeholt. Die Beklagte habe ihr Ermessen pflichtgemäß ausgeübt: Ausgehend von dem ihr – unrichtig – vom behandelnden Arzt der Versicherten mitgeteilten Barthel‑Index von 30 wäre die Rehabilitationsklinik M* eine geeignete Einrichtung für die Rehabilitation der Versicherten gewesen, die die Beklagte auch bewilligt habe. Die Beklagte habe bei dieser Entscheidung die bei ihr übliche Vorgangsweise eingehalten. Eine Korrektur dieser Entscheidung habe ihr die Versicherte durch ihre Entscheidung, unmittelbar nach der Entlassung aus dem stationären Aufenthalt die Rehabilitationsklinik V* aufzusuchen, nicht ermöglicht. Eine geeignete Rehabilitation der Versicherten hätte in einer der von der Beklagten im Verfahren genannten Vertragseinrichtungen – im Inland, aber auch im benachbarten Ausland – erfolgen können. Medizinische Maßnahmen der Rehabilitation habe die Beklagte nach pflichtgemäßem Ermessen zu erbringen; der Versicherten stehe kein Recht auf Inanspruchnahme einer „Wahleinrichtung“ für die Rehabilitation zu.

[12] Das Erstgericht wies das Klagebegehren auch im zweiten Rechtsgang ab. Die Versicherte hätte in vergleichbarer Weise wie in der Schweiz in der Klinik J*, einer Vertragspartnerin der Beklagten in Deutschland, rehabilitiert werden können. Daran ändere die größere Entfernung dieser Klinik nichts. Zwar sei die Anwesenheit von Angehörigen der Versicherten förderlich für die Rehabilitation, es könne jedoch von der Beklagten nicht verlangt werden, jegliche Art von Einrichtungen der Maximalversorgung und Rehabilitation in unmittelbarer Nähe des Wohnorts eines jeden Versicherten anzubieten.

[13] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Versicherten in der Hauptsache nicht Folge. Die Beklagte habe die Agenden des Krankenversicherungsträgers an sich gezogen, weshalb im vorliegenden Fall zu prüfen sei, ob sie ihr Ermessen bei der Entscheidung über den Rehabilitationsantrag der Versicherten pflichtgemäß ausgeübt habe. Dies sei hier der Fall, weil die Beklagte den Antrag auf Basis der ihr zur Verfügung stehenden Informationen bewilligt habe und dabei nach ihrer ständigen Praxis vorgegangen sei. Die Versicherte habe der Beklagten keine Möglichkeit gegeben, diese Entscheidung zu korrigieren. Unter Zugrundelegung eines Barthel‑Index von 10 wäre eine Rehabilitation der Versicherten in einer Vertragseinrichtung der Beklagten, ua im J*, möglich gewesen. Anders als bei Inanspruchnahme eines Arztes (Wahlarzt) gebe es im Rehabilitationsrecht kein Wahlrecht des Versicherten. Dem Kläger könnten daher auch nicht die Kosten eines Aufenthalts der Versicherten im J* zuerkannt werden. Die Revision sei aufgrund der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten des Verfahrens und der unterschiedlichen Ansichten zu deren Lösung zulässig.

[14] Gegen diese Entscheidung richtet sich die von der Beklagten beantwortete Revision des Klägers, mit der er die Stattgebung seines Begehrens anstrebt.

[15] Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

[16] 1. Voranzustellen ist, dass die Zulässigkeit des Rechtswegs für das vom Kläger erhobene Begehren bereits im ersten Rechtsgang von den Vorinstanzen übereinstimmend bejaht wurde (10 ObS 14/19k SSV‑NF 33/50). An diese Entscheidung ist der Oberste Gerichtshof gemäß § 42 Abs 3 JN gebunden. Daher hat die weitere Auseinandersetzung mit der Frage, ob der beklagte Pensionsversicherungsträger im vorliegenden Fall infolge des Antrags der Versicherten zur Erlassung eines Bescheids verpflichtet war oder nicht (§ 367 ASVG), zu unterbleiben.

[17] 2.1 Das Berufungsgericht vertritt die Rechtsansicht, dass die Beklagte die vom Krankenversicherungsträger nach Maßgabe des § 154a ASVG zu erbringenden medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation im Sinne des § 302 Abs 2 Satz 2 ASVG an sich gezogen habe und damit gemäß § 302 Abs 2 Satz 3 ASVG in alle Rechte und Pflichten des Krankenversicherungsträgers eingetreten sei. Diese Rechtsansicht stellt der Revisionswerber nicht in Frage, sodass in der Folge davon auszugehen ist.

[18] 2.2 Auch nach Ansicht des Revisionswerbers ist im vorliegenden Fall entscheidungserheblich, ob die Beklagte von ihrem Ermessen bei der Entscheidung über den Rehabilitationsantrag der Versicherten pflichtgemäß Gebrauch gemacht hat. Das Berufungsgericht hat diese Frage anhand der Rechtsprechung zur Überprüfung von Ermessensentscheidungen des Krankenversicherungsträgers bei der Erbringung einer Pflichtaufgabe, die – wie die Erbringung medizinischer Maßnahmen der Rehabilitation aus der Krankenversicherung – als freiwillige Leistung ohne individuellen Rechtsanspruch ausgestaltet ist, geprüft (vgl die Entscheidungen in RS0117386 sowie 10 ObS 138/10g SSV‑NF 24/81).

[19] 2.3 Nach dieser – vom Berufungsgericht zutreffend dargestellten – Rechtsprechung ist bei der Prüfung der Frage, ob das Ermessen vom Krankenversicherungsträger im Sinne des Gesetzes ausgeübt wurde, zu berücksichtigen, dass auch für Pflichtleistungen ohne individuellen Rechtsanspruch gemäß § 154a Abs 1 ASVG die Grundsätze des § 133 Abs 2 ASVG gelten, sodass auch medizinische Maßnahmen der Rehabilitation ausreichend und zweckmäßig sein müssen, jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen. Bei der Überprüfung, ob das Ermessen von der beklagten Partei im Sinne des Gesetzes ausgeübt wurde, sind darüber hinaus auch die finanzielle Lage der Versicherten und die daraus zu erschließende Möglichkeit und Zumutbarkeit, sich die Leistungen aus eigenen Mitteln zu beschaffen, die finanzielle Lage des Sozialversicherungsträgers sowie die ständige Praxis gegenüber anderen Versicherten als weitere Kriterien zu beachten (10 ObS 258/02t SSV‑NF 17/17 ua; RS0117386 [T3]).

[20] 3.1 Das Wesen einer Ermessensentscheidung liegt darin, dass ihr Inhalt gesetzlich nicht vorausbestimmt ist. Es bestehen mehrere Entscheidungsmöglichkeiten und alle diese möglichen Entscheidungen sind gesetzmäßig (10 ObS 45/08b SSV‑NF 22/35 mwH). Daher muss die Entscheidung des Versicherungsträgers als „gegeben“ angesehen werden; das Gericht ist nicht befugt, im Rahmen der sukzessiven Kompetenz eine eigene Ermessensentscheidung an die Stelle einer (ebenfalls gesetzeskonformen) Ermessensentscheidung des Versicherungsträgers zu setzen. Entspricht die Entscheidung des Sozialversicherungsträgers den gesetzlichen Kriterien für eine Ermessensentscheidung, ist sie insofern zu akzeptieren, als das Gericht die gleiche Entscheidung wiederum zu treffen hat (wenn auch auf der Grundlage der Ergebnisse des gerichtlichen Verfahrens, 10 ObS 138/10g SSV‑NF 24/81; vgl zur gerichtlichen Überprüfung von Ermessensentscheidungen auch 10 ObS 7/05k SSV‑NF 19/34; RS0119969).

[21] 3.2 Wird in einem Fall wie dem vorliegenden gegen die Ermessensentscheidung des Versicherungsträgers Bescheidklage wegen gesetzwidriger Ermessensausübung erhoben, ist nur eine Rechtskontrolle, nicht auch eine Zweckmäßigkeitskontrolle durchzuführen (10 ObS 10/04z SSV‑NF 18/67): Die gerichtliche Überprüfung ist darauf beschränkt, ob vom eingeräumten Ermessen innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenzen Gebrauch gemacht wurde oder ob dies – in Form einer Ermessensüberschreitung oder eines Ermessensmissbrauchs – nicht der Fall gewesen ist (10 ObS 45/08b SSV‑NF 22/35 mH auf Art 130 Abs 2, nunmehr Abs 3 B‑VG). Kann der Sozialversicherungsträger die für seine Ermessensentscheidung maßgebenden sachlichen Kriterien in rational nachvollziehbarer Weise darlegen, ist das vom Versicherten gegen die Ermessensentscheidung erhobene Klagebegehren vom Gericht abzuweisen; wurde dagegen die Leistung nicht aus sachlichen Gründen, sondern infolge eines Ermessensmissbrauchs verweigert, ist urteilsmäßig die Verpflichtung des Sozialversicherungsträgers zur Erbringung der Leistung auszusprechen (10 ObS 258/02t SSV‑NF 17/17).

[22] 4.1 Der Revisionswerber rügt, dass die Beklagte ihr Ermessen dadurch verletzt habe, dass sie nicht der Empfehlung der behandelnden Ärzte der Versicherten gefolgt sei, diese in V* rehabilitieren zu lassen. Den Antrag habe die Versicherte gar nicht selbst verfasst. Die Beklagte habe die Versicherte lediglich formlos der tatsächlich nicht geeigneten Rehabilitationsklinik M* zugewiesen. Sie habe weder mit der Versicherten Rücksprache gehalten noch sich um deren Zustand gekümmert. Ob alternative Einrichtungen zur Verfügung gestanden wären, sei nicht relevant.

[23] 4.2 Diese Ausführungen übergehen, dass die Beklagte ihre Entscheidung auf die Angabe der behandelnden Ärzte stützte, dass bei der Versicherten ein Barthel‑Index von 30 vorliege. Dass bei Vorliegen eines derartigen Barthel‑Index die Rehabilitationsklinik M* für die Rehabilitation der Versicherten geeignet gewesen wäre, wie die Beklagte vorbrachte, wird vom Kläger auch nicht substantiiert bestritten. Die Beklagte informierte die Versicherte über die Einleitung von Rehabilitationsmaßnahmen mit dem Schreiben vom 29. 4. 2015 (§ 305 Satz 1 ASVG). Dem Einwand des Klägers, sie hätte sich vor Bewilligung der Rehabilitation in der Rehabilitationsklinik M* über den Zustand der Versicherten informieren und erkennen müssen, dass diese Rehabilitationsklinik nicht geeignet sei, ist zu entgegnen, dass der Beklagten keine weiteren Informationen zur Verfügung standen. Die Versicherte wurde erst nach Erhalt des Schreibens vom 29. 4. 2015, nämlich am 4. 5. 2015 aus der stationären Behandlung entlassen, trat aber den bewilligten Rehabilitationsaufenthalt in der Rehabilitationsklinik M* nicht an, sodass der Beklagten auch deshalb keine Überprüfung der bewilligten Rehabilitationsmaßnahme möglich war. Die Versicherte begab sich darüber hinaus umgehend – und ohne Vorliegen einer vorherigen Genehmigung durch die Beklagte (vgl Art 20, 27 Abs 3 VO (EG) 883/2004 ) – aus eigenem Entschluss zur Rehabilitation nach V*. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass die Beklagte vor diesem konkreten Hintergrund die für ihre Ermessensentscheidung maßgebenden sachlichen Kriterien in rational nachvollziehbarer Weise darlegen konnte und ihr weder ein Ermessensmissbrauch noch eine Ermessensüberschreitung vorwerfbar sei, ist nicht korrekturbedürftig.

[24] 5.1 Der Revisionswerber rügt als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und mit Rechtsrüge, dass die Versicherte in vergleichbarer Weise wie in V* in der Klinik J*, einer Vertragspartnerin der Beklagten in Deutschland, rehabilitiert hätte werden können. Eine solche Rehabilitationsmöglichkeit hätte es für die Versicherte in Deutschland nicht gegeben, insbesondere fehlten Feststellungen, in welchem Zeitrahmen eine Klinik wie das J* zur Verfügung gestanden wäre. Auch sei der Aufenthalt für Begleitpersonen dort wegen der großen Entfernung und der Dauer der Rehabilitation der Versicherten nicht zumutbar gewesen. Der Revisionswerber weist aber selbst zutreffend darauf hin, dass nicht relevant sei, welche „alternativen Einrichtungen fiktiv zur Verfügung gestanden hätten“. Die Beklagte hatte infolge der Entscheidung der Versicherten auf Inanspruchnahme einer Rehabilitation in V* gar keine Möglichkeit mehr zur Erbringung geeigneter Rehabilitationsmaßnahmen. Auch mit diesen Ausführungen zeigt der Revisionswerber daher keine Korrekturbedürftigkeit der Entscheidung des Berufungsgerichts auf. Den in diesem Zusammenhang behaupteten Verfahrensmängeln fehlt es an Relevanz (§ 510 Abs 3 ZPO).

[25] 5.2 Der Revisionswerber führt aus, dass die Beklagte zumindest jene Kosten zu ersetzen hätte, die der Versicherten bei einem Aufenthalt in der von der Beklagten genannten Klinik J* entstanden wären, dies seien 20.085 EUR. Dies trifft nicht zu, weil einerseits Rehabilitation als Sachleistung gewährt wird. Andererseits setzt eine Leistungsklage auf Kostenerstattung voraus, dass die Kosten vorher vom Versicherten oder Anspruchsberechtigten getragen worden sind (RS0113911), was hier in Bezug auf die Klinik J* nicht der Fall war.

[26] 5.3 Der Revisionswerber begehrt die Zuerkennung der der Versicherten tatsächlich entstandenen Transportkosten von 351,80 EUR gemäß § 302 Abs 1 letzter Satz ASVG. Transportkosten werden jedoch danach (nur) nach Maßgabe der Bestimmungen der Satzung des Trägers ersetzt. Darüber hinaus könnte die Beklagte auch in diesem Zusammenhang zu einer allfälligen Kostenerstattung nur bei einer Verletzung ihres pflichtgemäßen Ermessens verpflichtet sein, an der es im vorliegenden Fall jedoch fehlt.

[27] Mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision daher zurückzuweisen.

[28] Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit wurden nicht geltend gemacht und ergeben sich auch nicht aus der Aktenlage.

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