OGH 12Os49/21d

OGH12Os49/21d24.6.2021

Der Oberste Gerichtshof hat 24. Juni 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Oshidari, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Pauritsch in der Strafsache gegen J***** W***** wegen des Verbrechens des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB idF BGBl 1974/60 und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft sowie die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau als Jugendschöffengericht vom 13. Jänner 2021, GZ 29 Hv 29/20v‑19, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Eisenmenger, der Angeklagten und ihres Verteidigers Mag. Friis zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0120OS00049.21D.0624.000

 

Spruch:

 

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden wird das angefochtene Urteil aufgehoben und insoweit in der Sache selbst erkannt:

J***** W***** wird gemäß § 259 Z 3 StPO vom Vorwurf freigesprochen, sie habe von 1988 bis Herbst 1992

I./ in zumindest einem Angriff mit dem am 8. Jänner 1987 geborenen G***** H*****, somit einer unmündigen Person, den außerehelichen Beischlaf unternommen, indem sie sich auf den Unmündigen setzte, ihre entblößte Vagina am entblößten Penis des Unmündigen rieb und dessen Penis in ihre Vagina einführte;

II./ unmündige Personen auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht missbraucht, indem sie ihre entblößte Vagina am entblößten Glied der Unmündigen rieb, und zwar:

A./ den am 15. November 1983 geborenen P***** H***** und

B./ in zumindest zwei Angriffen den am 8. Jänner 1987 geborenen G***** H*****, wobei die Tat eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB), nämlich eine länger als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung in Form einer Schädigung der sexuellen Gesundheit zur Folge hatte;

III./ durch die zu I./ und II./ geschilderten Tathandlungen unter Ausnützung ihrer Stellung gegenüber ihrer Aufsicht unterstehenden minderjährigen Personen diese zur Unzucht missbraucht.

Mit ihrer Berufung wird die Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde J***** W***** des Verbrechens des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB idF BGBl 1974/60 (I./), des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB idF BGBl 1974/60 (II./A./), der Verbrechen der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 und 2 erster Fall StGB idF BGBl 1974/60 (II./B./) und der Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 zweiter Fall StGB idF BGBl 1974/60 (III./) schuldig erkannt.

[2] Danach hat sie von 1988 bis Herbst 1992

I./ in zumindest einem Angriff mit dem am 8. Jänner 1987 geborenen G***** H*****, somit einer unmündigen Person, den außerehelichen Beischlaf unternommen, indem sie sich auf den Unmündigen setzte, ihre entblößte Vagina am entblößten Penis des Unmündigen rieb und dessen Penis in ihre Vagina einführte;

II./ unmündige Personen auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht missbraucht, indem sie ihre entblößte Vagina am entblößten Glied der Unmündigen rieb, und zwar:

A./ den am 15. November 1983 geborenen P***** H***** und

B./ in zumindest zwei Angriffen den am 8. Jänner 1987 geborenen G***** H*****, wobei die Tat eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB), nämlich eine länger als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung in Form einer Schädigung der sexuellen Gesundheit zur Folge hatte;

III./ durch die zu I./ und II./ geschilderten Tathandlungen unter Ausnützung ihrer Stellung gegenüber ihrer Aufsicht unterstehenden minderjährigen Personen diese zur Unzucht missbraucht.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richten sich Nichtigkeitsbeschwerden, die die Staatsanwaltschaft auf Z 9 lit b und die Angeklagte auf Z 9 lit b sowie Z 11, jeweils des § 281 Abs 1 StPO, stützen.

[4] Beide Beschwerdeführerinnen machen im Ergebnis zutreffend aus § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO geltend, dass die (vom Schöffengericht implizit vorgenommene) rechtliche Beurteilung, die Strafbarkeit des in Rede stehenden Verhaltens sei nicht verjährt, auf Basis der Urteilskonstatierungen unschlüssig ist (vgl RIS‑Justiz RS0122332).

[5] Das Erstgericht ist zunächst zu Recht von der Anwendbarkeit des Tatzeitrechts (§§ 206 Abs 1, 207 Abs 1 und 2, 212 Abs 1 StGB jeweils idF BGBl 1974/60) ausgegangen (§§ 1, 61 StGB).

[6] Im Hinblick darauf, dass die am 10. Dezember 1973 geborene Angeklagte während des gesamten festgestellten Tatzeitraums Jugendliche war (vgl die damals geltende Altersgrenze von 19 Jahren gemäß des insoweit maßgeblichen § 1 Z 2 JGG idF BGBl 1988/599), ist für die Berechnung von Verjährungsfristen von der gemäß § 5 Z 4 JGG idF BGBl 1988/599 reduzierten Höchststrafdrohung (somit fünf Jahren) auszugehen (vgl Schroll in WK 2 JGG § 5 Rz 29 mwN), womit die Verjährungsfrist fünf Jahre beträgt (vgl § 57 Abs 3 dritter Fall StGB) und demnach im Herbst 1997 endete.

[7] Dabei war zu berücksichtigen, dass Bestimmungen zur Verjährungshemmung bei minderjährigen Opfern zu den maßgeblichen Zeitpunkten noch nicht existierten (vgl die erst am 1. Oktober 1998 [erstmals] in Kraft getretene Vorschrift des § 58 Abs 3 Z 3 StGB idF BGBl I 1998/153).

[8] Da auch die Feststellung sonstiger verjährungshemmender Tatsachen in einem zweiten Rechtsgang nicht zu erwarten ist (vgl RIS‑Justiz RS0118545 [T1, T5]), ist – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – Freispruch die Folge (§ 288 Abs 2 Z 3 StPO).

[9] Damit erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere Vorbringen der Beschwerdeführerin.

[10] Sie war mit ihrer Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen.

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