OGH 1Ob113/21f

OGH1Ob113/21f22.6.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. C***** K*****, vertreten durch Dr. Martin Brenner, Rechtsanwalt in Baden, gegen die beklagte Partei I***** GmbH, *****, vertreten durch die HASCH & PARTNER Anwaltsgesellschaft mbH, Wien, wegen 19.600 EUR sA und Vornahme von Arbeiten, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien als Berufungsgericht vom 14. Jänner 2020, GZ 1 R 166/19m‑39, in der Fassung des Ergänzungsbeschlusses vom 20. Mai 2021, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom 28. Februar 2019, GZ 11 C 688/16f‑35, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0010OB00113.21F.0622.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Der Beurteilung, ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, kommt in der Regel keine darüber hinausgehende Bedeutung zu (RIS‑Justiz RS0042776), was auch für die ergänzende Vertragsauslegung gilt. Die einzelfallbezogene Beurteilung rechtsgeschäftlicher Erklärungen rechtfertigt eine Anrufung des Obersten Gerichtshofs nur dann, wenn aus Gründen der Rechtssicherheit die Korrektur einer unhaltbaren, durch die Missachtung fundamentaler Auslegungsregeln zustande gekommenen Entscheidung geboten ist (RS0042776 [T22]). Hingegen liegt eine erhebliche Rechtsfrage nicht etwa schon dann vor, wenn auch die vom Rechtsmittelwerber angestrebte Vertragsauslegung als vertretbar angesehen werden könnte (vgl RS0042776 [T2, T23]).

[2] 2. Die jeweils sorgfältig und ausführlich begründeten, übereinstimmenden Auffassungen beider Vorinstanzen, dass mit der zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarung ( „Alle Änderungen [Farbgebung, Materialien] an den allgemeinen Teilen des Hauses sind mit den Miteigentümern abzustimmen.“ ) der Klägerin lediglich ein Mitspracherecht, nicht jedoch ein (Zustimmungs ‑ oder) Vetorecht eingeräumt wurde, ist nicht korrekturbedürftig. Wenn nur eine „Abstimmung“ zu erfolgen hat, ist das Begriffsverständnis der Vorinstanzen, dass die Klägerin als Miteigentümerin zwar zu konsultieren und ihre Meinung zu erheben ist, sie jedoch nicht durch ihre Äußerung die Durchführung der Änderung verhindern kann, nicht zu beanstanden. Inwiefern die §§ 28 und 29 WEG 2002 bei der Auslegung der Vereinbarung eine Rolle spielen sollen, vermag die Klägerin nicht schlüssig darzulegen. Wenn die Revisionswerberin, die ihren Anspruch auf Rückgängigmachen diverser Baumaßnahmen bzw Durchführung von Sanierungsmaßnahmen auf die getroffene Vereinbarung stützt, nunmehr meint, auch einen „gesetzlichen schadenersatzrechtlichen Anspruch“ auf Beseitigung „gestützt auf die Bestimmungen des WEG (§§ 28 und 29) sowie des ABGB (§ 834 ff)“ zu haben, übersieht sie offenbar, dass sie eine solche Anspruchsgrundlage in erster Instanz ausdrücklich ausgeschlossen und betont hat, sich allein auf den Kaufvertrag und die spätere Zusatzvereinbarung zu stützen.

[3] 3. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO). Auf das Zahlungsbegehren kommt die Revisionswerberin nicht zurück.

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