OGH 9Ob38/21k

OGH9Ob38/21k27.5.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau, Hon.‑Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner und Mag. Korn in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. K*****, vertreten durch Dr. Karl-Heinz Plankel, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Dr. W***** und 2. ***** Dr. M*****, beide vertreten durch Univ.‑Prof. Dr. Max Leitner und Dr. Mara-Sophie Häusler, LL.M., Rechtsanwälte in Wien, wegen 46.370,58 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 26. März 2021, GZ 12 R 2/21h‑31, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0090OB00038.21K.0527.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Mangel im erstinstanzlichen Verfahren, der in der Berufung zwar geltend gemacht, vom Berufungsgericht aber verneint wurde, in der Revision nicht mehr erfolgreich gerügt werden (RS0042963). Dieser Grundsatz kann auch nicht durch die Behauptung, das Berufungsverfahren sei – weil das Berufungsgericht der Mängelrüge nicht gefolgt sei – mangelhaft geblieben, umgangen werden (RS0042963 [T58]). Nur wenn das Berufungsgericht infolge unrichtiger Anwendung verfahrensrechtlicher Vorschriften eine Erledigung der Mängelrüge unterlassen oder sie mit einer durch die Aktenlage nicht gedeckten Begründung verworfen hat, liegt ein Mangel des Berufungsverfahrens selbst vor (RS0040597 [T3, T4]; RS0043086). Dies ist hier nicht der Fall.

[2] 2.  Gemäß § 9 RAO ist der Rechtsanwalt verpflichtet, die Rechte seiner Partei mit Gewissenhaftigkeit zu vertreten. Daraus ergeben sich für ihn eine Reihe von Pflichten (unter anderem Warn-, Aufklärungs-, Informations- und Verhütungspflichten), die alle Ausprägung seiner Kardinalspflicht, nämlich der Pflicht zur Interessenswahrung und zur Rechtsbetreuung seines Mandanten sind (RS0112203). Ob der Rechtsanwalt im Rahmen seiner Verpflichtung, seinen Klienten sachgemäß zu vertreten (vgl RS0038695), die gebotene Sorgfalt eingehalten hat, kann nur nach den Umständen des Einzelfalls geprüft werden und stellt regelmäßig keine Frage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar (RS0023526 [T16]; RS0112203 [T10]). Eine solche Rechtsfrage zeigt der Kläger in seiner außerordentlichen Revision mit der Behauptung, es gebiete die Rechtssicherheit, dass eindeutig und einheitlich geregelt sein müsse, wie konkret und genau ein Rechtsanwalt über die den betreffenden Fall relevante Rechtsprechung informiert sein müsse, nicht auf.

[3] 3. Der Kläger hat, vertreten durch die Beklagten, einen Anlegerprozess verloren, weil ihm der Kausalitätsbeweis für den behaupteten Vermögensschaden nicht gelungen war. Dazu hatten die Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren des Vorprozesses entsprechend der schon seinerzeit herrschenden Rechtsprechung (4 Ob 67/12z ua) vorgebracht, dass der Kläger, hätte er nicht die gegenständliche Veranlagung getätigt, das hierfür aufgewendete Geld auf ein Sparbuch zu einem üblichen Zinssatz gelegt hätte. Dieses Vorbringen hatte letztlich auch der Kläger in seiner Parteienaussage bestätigt. Dass das Berufungsgericht des Vorprozesses nach Beweiswiederholung zur Frage der Alternativveranlagung eine negative Feststellung getroffen hatte, weil es der Parteienaussage des Klägers, er hätte bei ordnungsgemäßer Aufklärung über die Veranlagung das Geld wahrscheinlich auf Sparbüchern gelassen, aus verschiedenen Gründen keinen Glauben geschenkt hatte, gründet aber auf keinen Sorgfaltsverstoß der Beklagten.

[4] Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.

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