OGH 1Ob89/21a

OGH1Ob89/21a18.5.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. R*, Fiakerunternehmer, *, vertreten durch die Dr. Peter Lösch Rechtsanwalt GmbH , Wien, gegen die beklagte Partei Stadt *, vertreten durch die Kleibel Kreibich Bukovc Hirsch Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Salzburg, wegen 50.940,26 EUR, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 11. Februar 2021, GZ 4 R 178/20d-21, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 25. September 2020, GZ 7 Cg 1/20p-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0010OB00089.21A.0518.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.237,22 EUR (darin 372,87 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Der Kläger begehrt von der Beklagten den Ersatz jenes Schadens, der ihm dadurch entstanden sei, dass sie ihm (für einen bestimmten Zeitraum) ohne sachliche Rechtfertigung – sohin rechtswidrig und schuldhaft – verwehrt habe, so wie auch andere Fiakerunternehmer einen öffentlichen Standplatz zu nutzen und von diesem aus sein Gewerbe auszuüben.

[2] Das Erstgericht bejahte eine Pflichtverletzung der Beklagten und sprach mit Zwischenurteil aus, dass das Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht besteht.

[3] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung, weil es die Organe der Beklagten ohne sachliche Rechtfertigung unterlassen hätten, der vom Kläger angestrebten Sondernutzung des in ihrem Eigentum stehenden öffentlichen Guts zuzustimmen. Sie habe damit gegen das von ihr einzuhaltende Gebot der Gleichbehandlung verstoßen.

Rechtliche Beurteilung

[4] Die dagegen erhobene Revision der Beklagten ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a ZPO ) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig, weil keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt wird.

[5] 1. Auf die vom Berufungsgericht als erheblich angesehene Frage, ob Fiakerstandplätze als Sondernutzungsrechte im Sinn des § 287 ABGB zu qualifizieren seien, die einer Zustimmung des Grundeigentümers bedürfen, geht die Revisionswerberin nicht ein. Sie wendet sich insbesondere nicht gegen die Rechtsansicht, dass sie ihre Zustimmung zu einer solchen (Sonder-)Nutzung des in ihrem Eigentum stehenden öffentlichen Guts nur aus sachlich gerechtfertigten Gründen und unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes verweigern hätte dürfen, sondern argumentiert nur gänzlich unkonkret, die Beschränkung der Standplätze wäre im öffentlichen Interesse gelegen und es habe eine – nicht näher ausgeführte – sachliche Rechtfertigung für ihr Vorgehen bestanden. Eine Rechtsfrage im genannten Sinn wird damit aber ebensowenig dargelegt, wie mit der – im Hinblick auf den vom Berufungsgericht angenommenen Verstoß der Beklagten gegen den auch im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung geltenden (vgl RS0038110) Gleichheitsgrundsatz nicht nachvollziehbaren – Behauptung, es habe kein öffentliches Interesse an einer „Versorgung der Bevölkerung mit Pferdefuhrwerken“ bestanden.

[6] 2. Warum ihre Haftung daran scheitern sollte, dass der Kläger eine Ausnahmegenehmigung zur Einfahrt in die Fußgängerzone erst für den Zeitraum ab 1. 4. 2018 beantragt hat, legt die Revisionswerberin (die dazu einen sekundären Feststellungsmangel moniert) nicht plausibel dar. Dass daraus abzuleiten wäre, die Beklagte habe bei der Entscheidung über die vom Kläger angestrebte Nutzung eines Teils des öffentlichen Guts als Fiakerstandplatz „ohne Verzögerung“ gehandelt, erschließt sich ebensowenig, wie dass ohne solche Ausnahmegenehmigung keine „Möglichkeit einer entsprechenden Entscheidung“ (gemeint: über die Zuteilung eines Standplatzes) bestanden hätte. Die Beklagte übergeht vielmehr die zutreffende Begründung des Berufungsgerichts, wonach es aus Sicht des Klägers – da ihm die Nutzung eines Fiakerstandplatzes zunächst ausdrücklich verweigert wurde –nicht erforderlich war, bereits früher um eine Genehmigung zur Einfahrt in die Altstadt (die – soweit hier relevant – nur in Verbindung mit einem Standplatz erteilt wird) anzusuchen.

[7] 3. Wenn die Rechtsmittelwerberin meint, der Kläger begehre im Rahmen seines Anspruchs auf Verdienstentgang nicht den Ersatz des positiven Schadens, sondern des entgangenen Gewinns, der mangels groben Verschuldens nicht ersatzfähig sei, so betrifft dies zwar den im Rechtsmittelverfahren über das Zwischenurteil zu prüfenden Anspruchsgrund (vgl 2 Ob 268/06k). Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist aber davon auszugehen, dass der Kläger, wäre ihm ein Standplatz für seinen Fiaker früher bewilligt worden, mit seinem Gewerbe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen Verdienst erzielt hätte, sodass insoweit von einem positiven Schaden auszugehen ist (vgl RS0111898 [T1, T2]; RS0081773 [T1, T2]) .Warum ein solcher (erwartbarer) Verdienst nicht erzielt worden wäre, führt die Revisionswerberin nicht aus. Die Fällung eines Zwischenurteils ist daher nicht zu beanstanden (vgl RS0040945). Die konkrete Ausmessung des Verdienstentgangs betrifft die hier nicht zu beurteilende Anspruchshöhe (vgl 4 Ob 96/20a mwN ).

[8] 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO . Da der Kläger auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat, steht ihm der Ersatz der Kosten seiner damit als zweckentsprechend anzusehenden Revisionsbeantwortung zu (RS0112296).

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