OGH 7Ob30/21v

OGH7Ob30/21v24.3.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätin und Hofräte Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Erwachsenenschutzsache T***** K*****, geboren am ***** 1955, *****, vertreten durch den gesetzlichen Erwachsenenvertreter Dr. E***** S*****, über den Revisionsrekurs des Betroffenen gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 24. September 2020, GZ 55 R 23/20s‑564, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Kitzbühel vom 2. Dezember 2019, GZ 4 P 68/16s‑431, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0070OB00030.21V.0324.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 3 AußStrG) – Ausspruch des Rekursgerichts ist der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig.

[2] 1.1 Ein Rechtsgeschäft (hier Zuwendung von je 100.000 EUR an die drei erwachsenen Kinder als Vorleistung auf die Erb‑ und/oder Pflichtteilsansprüche) darf durch das Pflegschaftsgericht nur genehmigt werden, wenn der Abschluss im Interesse des Pflegebefohlenen liegt und somit dem Wohl des Pflegebefohlenen entspricht (RS0048176). Ob die Voraussetzungen einer pflegschaftsbehördlichen Genehmigung vorliegen, kann dabei immer nur anhand des konkreten Einzelfalls beurteilt werden (RS0048176 [T2]).

[3] 1.2 Der Oberste Gerichtshof hat schon dahin Stellung genommen, dass auch die Schenkung eines Geldbetrags an einen – in Not geratenen – Angehörigen dem Wohl des Betroffenen dienlich sein kann und daher dem grundsätzlichen Erfordernis, dessen Vermögen in seinem Bestand zu erhalten und nach Möglichkeit zu mehren, vorgeht. Das „Wohl“ des Betroffenen ist dabei nicht allein von einem materiellen Gesichtspunkt aus zu beurteilen, sondern es ist auch auf die Befindlichkeit und den psychischen Zustand des Betroffenen abzustellen (3 Ob 75/02d = RS0117513).

[4] 2.1 Das Rekursgericht traf die – den Obersten Gerichtshof bindende – Negativfeststellung, dass nicht festgestellt werden könne, ob die von den Kindern gewünschten Unterstützungszahlungen dem Willen des Betroffenen entsprechen.

[5] 2.2 Der Betroffene ist aufgrund der insbesondere aus den Streitigkeiten zwischen seiner Ehefrau und seinen Kindern folgenden, erheblich angespannten familiären Verhältnissen seit Jahren einer emotional belasteten Stresssituation ausgesetzt. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung, dass nicht feststeht, dass die Geldzuwendungen dem Willen des Betroffenen entsprechen, ist die Nichterteilung der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung des das Vermögen des Betroffenen ausschließlich vermindernden Rechtsgeschäfts als weder von seinem Willen getragen noch seinem Interesse und seinem Wohl dienend, nicht zu beanstanden.

[6] 2.3 Dem hält der Revisionsrekurs entgegen, dass unabhängig vom Willen oder der Möglichkeit, einen solchen zu bilden, die Schenkung von Geldbeträgen an einen nahen – in Not geratenen – Angehörigen dem Wohl des Betroffenen dienlich sein könne. Allerdings lassen die lediglich pauschalen Ausführungen, die Kinder seien infolge der Tragung der Rechtsanwaltskosten zur Durchsetzung von Kontakten zu ihrem Vater in eine – nicht näher konkretisierte – finanzielle Notlage geraten, schon keine Situation erkennen, in der eine Geldzuwendung in einer derartigen Höhe an erwachsene Kinder den Bedürfnissen des Betroffenen als „liebevoller Vater“, dem Anstand oder einer sittlichen Pflicht entspricht. Somit stellt sich auch nicht die Frage nach einer allfälligen Bestellung eines Kollisionskurators infolge Uneinigkeit zwischen dem Erwachsenenvertreter und dem Betroffenen.

[7] 3. Dieser Beschluss bedarf keiner weiteren Begründung (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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